Aktuelle Sprache: Deutsch

Kiez: Kleine Heimat in der großen Stadt

Demokratiefest Gethsemanekiez

Kiez ist Kult. Jeder Berliner wohnt in seinem und kommt - so das Klischee - auch nie wieder aus ihm heraus. Das macht ihn gleichzeitig kleiner und größer als jeden Bezirk.

Jeder Berliner wohnt natürlich in Berlin, in einem bestimmten Verwaltungsbezirk und in einem Stadtteil. Was wirklich zählt, ist jedoch der Kiez. Er stiftet Identität und gibt seinen Bewohnern das Gefühl von Zughörigkeit und Heimat in der Weite und Anonymität der großen Stadt. Manche Kieze haben keinen Namen, andere haben es in die Berlin-Reiseführer dieser Welt geschafft. Aber warum sagen wir überhaupt Kiez?

Straßenzüge und berühmte Kieze

Der Begriff Kiez bezeichnet laut Wikipedia ein inselartiges Gebilde mit einem überschaubaren Wohnbereich. Berlin bestätigt das: Obwohl es bekannte und historisch gewachsene Kieze wie den Simon-Dach-Kiez in Friedrichshain, den Richardkiez in Neukölln oder den Wrangelkiez in Kreuzberg gibt, hat letztendlich jeder Berliner seinen eigenen. Und jeder kann selbst bestimmen, wo er anfängt und wo er aufhört.

Im Gegensatz zu heute wollten vor 600 Jahren die wenigsten im Kiez wohnen. Im Mittelalter waren "Kietze" meist slawisch bewohnte Fischersiedlungen im Nordosten Deutschlands. Das Wort kommt wahrscheinlich von dem slawischen "chyza" und bedeutet Hütte oder Haus. Etwa dreihundert Jahre später wurden Viertel "Kieze" genannt, in denen besonders viel Prostitution angeboten wurde. So geht man in Hamburg heute noch "auf den Kiez", wenn man die Reeperbahn besucht. Im Berlin der 30er Jahre wurden vor allem kommunistische Viertel als Kieze bezeichnet.

Der Kiez als Statussymbol

Heute ist Berlin nicht nur eine Mischung aus all dem, sondern noch viel mehr: Jeder Straßenzug ist für alles offen. Vielleicht ist das der Grund, dass jetzt jedes Viertel Berlins Kiez sein kann. Forscherinnen der HU haben allerdings herausgefunden, dass besonders die Immobilien- und die Tourismusbranche nach der Wende den Kiezbegriff geprägt haben. Touristen möchten die Szenekieze einer Stadt kennenlernen. Und Immobilienmakler stellen Neu-Berlinern zahlreiche Gebiete als ursprüngliche Kieze vor.

Die Zugezogenen fühlen sich angesprochen und kaufen oder mieten den Kiez als Statussymbol. So hätten Immobilienmakler manche Orte als Kieze überhaupt erst etabliert. So wird der Kiez von der Fischersiedlung im Nordosten Deutschlands zu Marketingwerkzeug und Gentrifizierungshilfe in Berlin. Für die meisten bedeutet er in erster Linie aber doch: Heimat.

Das könnte Sie auch interessieren

Spielstraße Böckhstraße (3)

Berliner Kieze

Wo ist eigentlich der Kaskelkiez? Warum ist der Graefekiez so beliebt? Welche Kieze sind toll für Familien? Die wichtigsten Kieze in Berlin im Kurzportrait.  mehr

Zero Waste Future Festival

Zero Waste Future Festival - Sei dabei & mach mit!

Am 16. November von 13 bis 18 Uhr lädt die Berliner Stadtreinigung in ihr Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall ein. Mitmachangebote zum Reparieren, Lebensmittel retten und Upcycling zeigen euch wie Abfallvermeidung im Alltag umsetzbar ist.  mehr

Panorama Berlin (1)

Neu in Berlin

Informationen, Tipps und Links für alle, die neu nach Berlin gezogen sind oder einen Umzug in die Hauptstadt planen.  mehr

Quelle: BerlinOnline/Hanne Bohmhammel/Wikipedia

Aktualisierung: 20. Juni 2023