- Geboren: 9. Mai 1910 in Alsenz / Rheinhessen
- Verstorben: 14. März 1979
- Senator für Wirtschaft (1965 – 1975)
- SPD-Kreisvorsitzender Berlin-Schöneberg (1965 – 1968)
- Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftforschung DIW (1975 – 1979)
Ein Mann der Tat ging von uns
(Zum Tode von Senator a.D. Karl König)
Für uns alle unerwartet kam am Mittwochabend die Nachricht, dass Karl König auf dem Wege von Leipzig nach Berlin einem Herzschlag erlegen sei. In zwei Wochen wollte er sein Amt als Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung seinem Nachfolger übergeben. Dazu kommt es jetzt nicht mehr.
Gewiss, vielen, die diesen ideenreichen und dynamischen Mann kannten, konnte die Veränderungen nicht verborgen bleiben, die sich insbesondere seit dem Tode seiner Frau vor eineinhalb Jahren, aber auch seit seiner eigenen Krankheit bemerkbar machten. Er war oft still und in sich gekehrt und schien seinen Schwung verloren zu haben. Aber jeder hoffte, er werde dieses Tief schon überwinden und noch einige Jahre des wohlverdienten Ruhestandes erleben. Das Schicksal hat anders entschieden.
Karl König kam als junger Student aus seiner pfälzischen Heimat nach Berlin und geriet sehr bald in den Strudel der politischen Auseinandersetzungen zwischen Demokraten und Nazis. Für seine sozialdemokratische Überzeugung büßte er mit einer dreijährigen Zuchthausstrafe und später mit der Einberufung zum Strafbataillon 999. Erst nach fünfjähriger russischer Gefangenschaft kam er 1950 zurück nach Berlin. Er konnte daher auch erst verhältnismäßig spät seine wirtschaftswissenschaftlichen Studien beenden.
Nach einer kurzen selbständigen Tätigkeit wurde er Vorstandssekretär bei der Bewag und später Erster Geschäftsleiter der BVG. Seine Leistung als Leiter dieses großen Berliner Unternehmens bewogen den Regierenden Bürgermeister 1963, Karl König als Nachfolger des ausscheidenden Karl Schiller für das Amt des Wirtschaftssenators zu benennen.
Dieses Amt hat Karl König 10 Jahre lang ausgeübt. Er war weder ein Mann mit wissenschaftlicher Attitüde noch ein großer Rhetoriker; aber er hatte Ideenreichtum und eine große Tatkraft. Er war insoweit durchaus ein Unternehmertyp und als solcher ein geschätzter Gesprächspartner für die Wirtschaft, und zwar nicht nur in Berlin, sondern auch in Westdeutschland und im Ausland.
In diesem Jahr galt es ja – wie man das rückblickend viel klarer als damals sieht – die Isolierung, in die Berlin hineinzugeraten drohte, aufzubrechen. Was politisch mit dem Passierscheinabkommen und den späteren Vertragswerken erstrebt und erreicht wurde, musste auf wirtschaftlichem Gebiet mitvollzogen werden. Bei Beibehaltung der für die Berliner Wirtschaft lebenswichtigen Verbindungen mit der westlichen Welt – insbesondere der Bundesrepublik – musste die wirtschaftliche Verbindung mit dem Osten – insbesondere der DDR – verstärkt und ausgebaut werden.
Karl König hat sich mit großer Kraft dieser Ausweitung des Handels und der Kooperation mit unseren östlichen Nachbarn gewidmet. Vielleicht ist es sogar seine größte Leistung.
Er hat viele persönliche Kontakte mit östlichen Wirtschaftsfunktionären geknüpft und so allmählich eine Basis des Vertrauens geschaffen. Viele Berliner Firmen haben davon profitiert. Mit der Gründung der Firma Berlin-Consult und der Einschaltung dieser Firmen in das Ost-West-Geschäft hat Karl König einen Weg gewiesen, der modellhaft für das Wirken des damaligen Wirtschaftssenators auf diesem Gebiet stehen kann.
In die Amtszeit Königs fielen aber auch die ersten großen Bemühungen um die Industrieansiedlung. Das erforderte größere eigene Anstrengungen Berlins. Während bis dahin der Aus- und Aufbau der Berliner Wirtschaft überwiegend aus Bundesmitteln (ERP-Mittel und Berlin-Hilfe-Gesetz) bestritten, ging Berlin nun daran, eigene Wirtschaftsförderungsmittel zur Verfügung zu stellen. Freilich kam dann auch bald jene Problematik ins Spiel, die uns noch heute im Zusammenhang mit jeder gewerblichen Ansiedlung zu schaffen macht: Der Kampf um die Ausweisung und Nutzung gewerblicher Grundstücke.
Karl König war kein bequemer Typ. Mit seiner burschikosen, eigenwilligen, oft drastischen Art hat er es selbst seinen Freunden oft schwer gemacht. Doch hinter dieser rauen Schale entdeckte man nach einiger Zeit den ehrlichen und verlässlichen Mann, den aufrechten Sozialdemokraten.
Die Berliner Wirtschaft hat diesem Wirtschaftssenator sehr viel zu verdanken. Es hat eine gewisse symbolhafte Tragik, dass Karl König auf dem Weg von der Leipziger Messe von Tod überrascht wurde.
Günter Brunner (Nachruf aus der Berliner Stimme vom 17. März 1979)