Bericht Monitoring Soziale Stadtentwicklung Berlin 2023

Status/Dynamik-Index 2023

Status/Dynamik-Index 2023

Das Monitoring Soziale Stadtentwicklung (MSS) dient der kleinräumigen Beobachtung von Veränderungen der soziostrukturellen Entwicklung in den Teilgebieten der Stadt Berlin. Im Ergebnis des MSS werden auf räumlicher Ebene der Planungsräume Berlins Gebiete identifiziert, die im gesamtstädtischen Vergleich überdurchschnittlich stark von sozialer Benachteiligung betroffen sind und daher erhöhter stadtentwicklungspolitischer Aufmerksamkeit bedürfen. Dem MSS kommt im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik Berlins eine Hinweis- und Frühwarnfunktion zu. In regelmäßigen Abständen wird das MSS auf methodische und fachliche Zielgenauigkeit überprüft und bei Bedarf modifiziert.

Die hier vorgelegte Fortschreibung des Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2023 (MSS 2023) umfasst den Beobachtungszeitraum der Jahre 2021 und 2022 (Datenstand: 31.12.2020 bis 31.12.2022). Gegenüber dem bisherigen Monitoringverfahren gibt es geringfügige Anpassungen. Wichtigste Änderung stellt die Nutzung der neuen Grenzen der Lebensweltlich orientierten Räume (LOR) ab 01.01.2021 dar. Diese LOR-Modifikationen umfassen Teilungen, Zusammenlegungen, Namensänderungen und ID-Änderungen sowie zum Teil Neuzuschneidungen von Planungsräumen. Für die Index-Indikatoren zur Arbeitslosigkeit und zum Transferbezug wird nun die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze nach § 7a SGB II von bisher 65 auf perspektivisch 67 Jahre berücksichtigt. Die Berechnungen zum MSS 2023 erfolgen nach wie vor anhand eines gestuften Indexverfahrens. Neu als Index-Indikator werden die Kinder und Jugendlichen in alleinerziehenden Haushalten berücksichtigt. Alleinerziehende Haushalten weisen das größte Armutsrisiko aller Haushaltsformen auf und diese spezifischen Herausforderungen an wohnortnahe Versorgung waren bisher im MSS noch kaum adressiert. Basierend auf den vier Index-Indikatoren, die jeweils als Status und als Dynamik (Veränderung Status über 2 Jahre) dargestellt werden, erfolgt die Berechnung eines Status- und eines Dynamik-Index:

  • Arbeitslosigkeit (nach SGB II),
  • Kinder und Jugendliche in alleinerziehenden Haushalten
  • Transferbezug (existenzsichernde Leistungen für Nicht-Arbeitslose nach SGB II und XII)
  • Kinderarmut (Transferbezug SGB II der unter 15-Jährigen).

Aus der Überlagerung der gebildeten vier Klassen des Status-Index (hoch, mittel, niedrig, sehr niedrig) und der drei Klassen des Dynamik-Index (positiv, stabil, negativ) wird im Ergebnis des MSS 2023 der Gesamtindex Soziale Ungleichheit in insgesamt 12 Ausprägungen ermittelt, denen die betrachteten 542 Planungsräume* zugeordnet werden. Diese Zuordnung ermöglicht für jeden der betrachteten Planungsräume eine Aussage über dessen aktuelle soziale Situation sowie dessen Entwicklung in den Jahren 2021 und 2022.

*) Um Verzerrungen durch Zufallsfehler weitgehend auszuschließen und Datenschutzprobleme zu vermeiden, finden sechs Planungsräume mit weniger als 300 Einwohnerinnen und Einwohnern (im Betrachtungszeitraum 2021 – 2022) im MSS 2023 bei der Indexberechnung keine Berücksichtigung.

Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2023

Soziale Benachteiligungen nach Corona-Pandemie wieder rückläufig – leichte Verschiebung durch Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen in alleinerziehenden Haushalten erkennbar

Die Entwicklung im Untersuchungszeitraum (31.12.2020 bis 31.12.2022) ist durch die Erholungseffekte nach der Corona-Pandemie und erste Auswirkungen des Angriffskriegs auf die Ukraine gekennzeichnet. Die bisherigen drei Index-Indikatoren zeigen gesamtstädtisch eine leichte Verbesserung. Der Anteil der Arbeitslosen nach SGB II ist bis 2022 nach dem Anstieg während der Corona-Pandemie wieder von 5,3 Prozent auf 4,6 Prozent gesunken. Ähnlich verlief auch die Entwicklung des Anteils der nicht arbeitslosen Bezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen. Er sank von 11,8 Prozent im Jahr 2020 auf 11,3 Prozent im Jahr 2022. Darüber hinaus ist der Index-Indikator Kinderarmut zwischen 2020 und 2022 stark von 26,9 Prozent auf 24,5 Prozent gesunken, womit sich der rückläufige Trend der Kinderarmut fortsetzt.

Der neue Index-Indikator Anteil Kinder und Jugendliche in alleinerziehenden Haushalten zeigt eine etwas andere räumliche Verteilung mit einer starken Konzentration überdurchschnittlich betroffener Gebiete in der äußeren Stadt (v.a. in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg). Zwischen 2020 und 2022 sinkt der Anteil von 27,0 Prozent auf 26,4 Prozent. Insgesamt lebt damit etwas mehr als jedes vierte Kind in einem alleinerziehenden Haushalt.

Die räumliche Verteilung der Gebiete mit sozial benachteiligten Einwohnenden in Berlin zeigt weiterhin eine Konstanz. Die Gebiete, in denen sich soziale Benachteiligungen besonders konzentrieren, befinden sich überwiegend in den Ortsteilen Gesundbrunnen, Kreuzberg, Wilhelmstadt/Staaken, Neukölln, Hellersdorf und dem Märkischen Viertel. Der Großteil dieser Gebiete erfährt bereits besondere Aufmerksamkeit durch das Förderprogramm Sozialer Zusammenhalt (Quartiersmanagementgebiete) und/oder die Ressortübergreifende Gemeinschaftsinitiative zur Stärkung sozial benachteiligter Quartiere (GI-Handlungsräume).

Innere Stadt mit überdurchschnittlich starker positiver Entwicklung

Rückläufige Entwicklungen sozialer Benachteiligungen sind sowohl in der Inneren und Äußeren Stadt vorzufinden. Die stärksten Konzentrationen positiver Dynamiken finden sich vor allem in Planungsräumen in den Bezirken Mitte (v.a. Ortsteile Gesundbrunnen und Wedding) und Neukölln (v.a. Ortsteil Neukölln) sowie im Ortsteil Kreuzberg. In der Äußeren Stadt handelt es sich vorwiegend um Planungsräume in Marzahn-Hellersdorf und Spandau. Negative Dynamiken sind sehr breit über die Bezirke verteilt mit Schwerpunkt auf der Äußeren Stadt. Eine Konzentration gibt es in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick. Die Bezirke Spandau und Marzahn-Hellersdorf weisen zahlreiche Planungsräume sowohl mit einer positiven als auch einer negativen Dynamik auf. Bei rund 75 % der Planungsräume ist stabil die Dynamik.

Gebiete mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf im Fokus

Gebiete, in denen sich soziale Benachteiligungen überdurchschnittlich stark konzentrieren, bedürfen eines besonderen stadtentwicklungspolitischen Fokus und werden im MSS als “Gebiete mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf”(GmbA) identifiziert. Sie sind als Gebiete mit sehr niedrigem sozialen Status oder niedrigem sozialen Status bei gleichzeitig negativer Dynamik definiert. Insgesamt umfasst diese Gruppe 50 der 536 betrachteten Planungsräume (9 Prozent).

Gegenüber dem MSS 2021 sind 14 Planungsräume im MSS 2023 neu als Gebiete mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf ausgewiesen worden. Germersheimer Platz, Freiheit, Magistratsweg (Spandau), Marzahn West, Rosenbecker Straße, Golliner Straße, Zossener Straße, Böhlener Straße, Boulevard Kastanienallee, Neue Grottkauer Straße (Marzahn Hellersdorf), Falkenberg Ost, Zingster Straße West, Hohenschönhausener Straße und Fennpfuhlpark (Lichtenberg). Im Gegenzug waren 20 Planungsräume im MSS 2021 als Gebiete mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf klassifiziert und sind es im MSS 2023 nicht mehr. Dies betrifft Planungsräume in Mitte und Neukölln (jeweils fünf PLR), Friedrichshain-Kreuzberg (vier PLR) sowie Spandau und Tempelhof-Schöneberg (jeweils drei PLR). Der Einfluss des neuen Index-Indikatoren auf die Veränderungen der GmbA ist klar erkennbar. In der inneren Stadt kommen positive Dynamiken insb. bei der Arbeitslosigkeit und der Kinderarmut hinzu.

Erläuterungen zu den Indikatoren und Indizes zum MSS 2023 (Fortschreibung der Indikatorenblätter)

Mit der Fortschreibung des Monitoring Soziale Stadtentwicklung Berlin 2023 (MSS 2023) wird auch die 4. Fortschreibung der “Indikatorenblätter” vorgelegt.

In Ergänzung zu den Berichten zum Monitoring Soziale Stadtentwicklung (MSS) ab 2013 wurde zur Erläuterung der im MSS 2023 verwendeten Indikatoren und berechneten Indizes

  • vier Status-Indikatoren,
  • vier Dynamik-Indikatoren,
  • Status-Index,
  • Dynamik-Index,
  • Gesamtindex Soziale Ungleichheit (Status/Dynamik-Index)

jeweils ein sogenanntes “Indikatorenblatt” erarbeitet. Diese Erläuterungen zu den Indikatoren und Indizes sollen all jenen, die auf der fachlichen, politischen oder wissenschaftlichen Ebene mit dem Monitoring Soziale Stadtentwicklung arbeiten, den Zugang und die vergleichende Interpretation im Umgang mit den Indikatoren erleichtern.

In den Indikatorenblättern wird die Kernaussage des jeweiligen Indikators bzw. Index, die Berechnungsformel und die Datenbasis sowie seine Verfügbarkeit in der Zeitreihe dargestellt. In einem Kommentar wird auf methodische, inhaltliche und sozialräumliche Aspekte seiner Aussagekraft im Kontext der sozialen Stadtentwicklung eingegangen.

Downloads

  • Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2023 Berlin – Kurzfassung

    Hinweis: Das Dokument ist nicht barrierefrei.

    PDF-Dokument (4.3 MB)

  • Indikatorenblätter MSS 2023 – Kurzfassung

    Erläuterungen zu den Indikatoren und Indizes des Monitoring Soziale Stadt­entwick­lung Berlin (ab MSS 2023) “Indika­toren­blätter”

    PDF-Dokument (2.4 MB) - Stand: 24.04.2024