Europa in der Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Rückblick

Silhouette Berlins mit Bühnenvorhängen

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa hat durch das Referat für Angelegenheiten der EU (Berlin) und das Büro des Landes Berlin bei der EU (Brüssel) die europapolitischen Entwicklungen der letzten Monate aktiv begleitet und durch eigene Initiativen die Positionen des Berliner Senats eingebracht, und zwar sowohl

in den unterschiedlichen nationalen Gremien wie
  • Europaministerkonferenz der Länder,
  • Bundesrat
als auch in den europäischen Institutionen
  • Europäische Kommission,
  • Europäisches Parlament,
  • Rat der EU,
  • Ausschuss der Regionen
und verschiedenen Netzwerken wie zum Beispiel
  • dem europäischen Städtenetzwerk EUROCITIES dem Netzwerk der Hauptstädte und Hauptstadtregionen (CCRN),
themenbezogenen Netzwerken wie zum Beispiel
  • ERRIN (European Regions Research And Innovation Network),
geographisch orientierten Netzwerken wie zum Beispiel
  • Informal Baltic Sea Group (informelles Netzwerk der Ostseeanrainer).

Thematische Schwerpunkte bildeten:

Bekämpfung der COVID-19-Pandemie

Wie schon das Vorjahr stand auch 2021 ganz unter dem Vorzeichen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer sozialen und wirtschaftlichen Folgen für die Mitgliedstaaten in der EU. Mit dem seit Ende 2020 vertriebenen Biontech-Impfstoff und den nachfolgenden Impfstoffen von AstraZeneca, Moderna und Johnson&Johnson konnte das von der Europäischen Kommission propagierte Ziel, 70% der erwachsenen EU-Bevölkerung bis zum Sommer zu impfen, in Angriff genommen werden.

Nach anfänglichen Problemen bei der Lieferung von ausreichenden Impfstoffmengen an die EU-Mitgliedstaaten verlagerte sich der Schwerpunkt der Pandemiebekämpfung auf begleitende Maßnahmen wie die Entwicklung von Therapeutika zur Behandlung von COVID-19-Erkrankungen, Schaffung von ausreichenden Testkapazitäten und Sequenzierung der Infektionen und möglicher Virusvarianten bis zur Bereitstellung von Impfstoffen für den globalen Süden mittels der COVAX-Initiative. Als wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der Freizügigkeit von Gütern, Dienstleistungen und Personen erwies sich das am 1. Juli 2021 geschaffene europäische digitale COVID-19-Impfzertifikat.

Aufbauend auf ihrem Vorschlag zur Schaffung einer Gesundheitsunion vom November 2020, deren wesentlichstes Element der Verordnungsvorschlag zur Bekämpfung von grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren war, stellte die Europäische Kommission auch ihre Pläne zur Errichtung des Krisenbewältigungsinstruments HERA vor. In Anlehnung an die US-amerikanische BARDA soll HERA künftig folgende zentrale Aufgaben wahrnehmen:
  • Koordinierung der Maßnahmen der EU, der Mitgliedstaaten, der Industrie und anderer relevanter Akteure mit Blick auf die Prävention und Abwehr von gesundheitlichen Gefahren und Krisen,
  • Entwicklung, Herstellung und Verteilung von Arzneimitteln, Impfstoffen und anderer medizinischer (Gegen-)Maßnahmen.

Mit dem neuen Förderinstrument SURE zur Finanzierung von Kurzarbeitergeld in den EU-Mitgliedstaaten und dem aus Mitteln der EU-Strukturfonds gespeisten Förderinstrument React-EU hat die EU nicht zuletzt eine wichtige finanzielle Unterstützung geleistet, um die sozioökonomischen Folgen der Pandemie zu bekämpfen.

Nationale Wiederaufbaupläne

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über das Finanzpaket (Mehrjähriger Finanzrahmen der EU 2021-2027 und Wiederaufbauinstrument Next Generation EU/NGEU) lag der Schwerpunkt der Tätigkeit der Europäischen Kommission 2021 auf der schnellen Verabschiedung der entsprechenden nationalen Wiederaufbaupläne. Im Rahmen des Finanzpakets werden insgesamt 2 Billionen Euro bis Ende 2027 bereitgestellt, davon entfallen allein 750 Mrd. Euro auf das Wiederaufbauinstrument, mit dessen Hilfe die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie abgefedert aber auch der digitale und ökologische Transformationsprozess finanziell in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden soll. Von den 750 Mrd. Euro entfallen auf Zuschüsse 337 Mrd. Euro und 385 Mrd. Euro auf Anleihen. Deutschland wird in laufenden Preisen ca. 25,6 Mrd. Euro bis Ende 2026 an Zuschüssen erhalten. Darüber hinaus wurde durch das Wiederaufbauinstrument Strukturfondsmittel zur Bekämpfung der Pandemiefolgen (REACT-EU) aufgestockt. Deutschland erhält aus REACT-EU insgesamt 2,4 Mrd. Euro. Hiervon entfallen allein 117 Mio. Euro auf Berlin.

Bis Ende 2021 wurden 22 nationale Wiederaufbaupläne von der Europäischen Kommission genehmigt und vom ECOFIN-Rat angenommen. 2021 flossen bereits Mittel in Höhe von ca. 50 Mrd. Euro als Vorauszahlungen ab (11% Vorfinanzierungsquote). Damit die Mittel aus dem Wiederaufbauinstrument NGEU fließen konnten, musste zudem der neue Eigenmittelbeschluss in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden (Beschluss (EU, Euratom) 2020/2053 des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom). Sowohl Bundestag als auch Bundesrat stimmten in diesem Zuge dem Eigenmittel-Ratifizierungsgesetz zu. Der Eigenmittelbeschluss, der nach zügiger Ratifikation in allen Mitgliedstaaten am 1. Juni 2021 in Kraft getreten ist, verschafft der EU die notwendige finanzielle Grundlage für die Umsetzung des mehrjährigen Finanzrahmens und des temporären Wiederaufbauinstruments NGEU. Der neue Eigenmittelbeschluss vollzog einen Paradigmenwechsel in der europäischen Fiskalpolitik, indem dieser die Europäische Kommission ermächtigt, in großem Umfang Anleihen am Kapitalmarkt aufzunehmen. Zusammen mit der ebenfalls im neuen Eigenmittelbeschluss vorgesehen Einführung eines neuen Eigenmittels, der sogenannten Plastikabgabe, kann dies als ein großer Schritt im europäischen Integrationsprozess bewertet werden.
Neben dem Eigenmittelbeschluss befassten sich die Länder in besonderem Maße auch mit der Erstellung des deutschen Wiederaufbauplans (Deutscher Aufbau- und Resilienzplan/ DARP). Obwohl auf europäischer Ebene die Einbeziehung regionaler Gebietskörperschaften in die Erstellung der Wiederaufbaupläne vorgesehen ist, erfolgte aus Sicht der Länder die Einbeziehung der regionalen Ebene nur unzureichend. Zur Wahrung ihrer Mitwirkungsrechte forderten die Länder, einschließlich Berlin, in einer Stellungnahme des Bundesrates und auch auf anderen Ebenen eine frühzeitigere Einbindung (siehe insbesondere BR-Drs. 106/21 Beschluss).

Entsprechend der interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 legte die Europäische Kommission am 22. Dezember 2021 ihre Vorschläge zur Schaffung weiterer neuer Eigenmittel für den EU-Haushalt vor. Mittels dieses Eigenmittelpakets (CO2-Grenzabgabe, Ausweitung des bestehenden Emissionshandels auf Gebäude und Straßenverkehr und Besteuerung von multinationalen Unternehmen) sollen die im Rahmen des Wiederaufbauinstruments aufgenommenen EU-Anleihen ab 2028 bis 2058 jährlich in Höhe von 15 Mrd. Euro zurückgezahlt werden. Die Verhandlungen über das Eigenmittelpaket werden sich über das Jahr 2022 hinziehen.

Mit Blick auf die im Oktober 2021 von der Europäischen Kommission wiedereröffnete Debatte und Konsultation über die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beabsichtigt die Europäische Kommission, bis zum Auslaufen der Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts Anfang 2023 Vorschläge für eine mögliche Reform des Regelwerks für die wirtschaftspolitische Steuerung zu unterbreiten. Ein Aspekt der Reform wird sein, wie Investitionen in den Green Deal und in die Digitalisierung der EU-Mitgliedstaaten erleichtert werden können. Hierbei wird die Frage nach der künftigen Ausgestaltung der Verschuldungsregel eine zentrale Rolle spielen. Zugleich wird sie Vorschläge vorlegen, wie das seit 2011 bestehende Europäische Semester, das als wirtschaftspolitisches Koordinierungsinstrument erhalten bleiben soll, mit dem durch die Verabschiedung der nationalen Wiederaufbaupläne eingeschlagenen Prozess besser verbunden werden kann.

Kohäsionspolitik

Rechtzeitig zum Beginn der neuen Förderperiode 2021-2027 ist es auf EU-Ebene gelungen, die einschlägigen Verordnungen für die EU-Strukturfonds zu verabschieden. Insgesamt kann man mit den Ergebnissen für die neue Förderperiode zufrieden sein. Nun gilt es, nach Genehmigung der deutschen Partnerschaftsvereinbarung und der Operationellen Programme (voraussichtlich vor der Sommerpause 2022) in die Umsetzung zu gehen. Grundlage dafür sind die Verordnungen der EU-Strukturfonds (die Dach-Verordnung, die EFRE-Verordnung, ESF+-Verordnung, die INTERREG-Verordnung, die Verordnung für den Just Transition Fund (JTF) sowie die ReactEU-Verordnung vom Juni 2021).

Green Deal

Am 14.07.2021 hat die Europäische Kommission den 2020 angekündigten Green Deal mit diversen Vorschlägen untersetzt und das „Fit-for-55“-Paket veröffentlicht. Hiermit soll das im Europäischen Klimagesetz rechtlich verankerte Ziel der Klimaneutralität bis 2050 einschließlich einer signifikanten Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 (um 55 % gegenüber 1990) erreicht werden. Das „Fit for 55“-Paket enthält 14 Dossiers:
  • Stärkung und Ausweitung des Emissionshandelssystems (ETS)
  • Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM)
  • Zuweisung strengerer Emissionssenkungsziele für Mitgliedstaaten über die Lastenteilungs-VO (ESR)
  • Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien auf 40 % bis 2030 (RED)
  • Änderung der Energieeffizienz-Richtlinie zur Anpassung an das neue Klimaziel für 2030 (EED)
  • Erhöhung des Nettosenkziels für 2030 auf 310 Millionen Tonnen CO2 (LULUCF)
  • Reduzierung der Methanemissionen im Energiesektor
  • Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie (ETD)
  • Überarbeitung der Vorschriften für den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID)
  • Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für einen nachhaltigen Luftverkehr
  • Nutzung erneuerbarer und kohlenstoffarmer Kraftstoffe im Seeverkehr
  • Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für neue PKW und für neue leichte Nutzfahrzeuge
  • Einführung eines Klima-Sozialfonds zur Entlastung sozial benachteiligter Haushalte
  • Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD)
Darüber hinaus hat die Europäische Kommission drei Dossiers auf den Weg gebracht, die zur Biodiversität und zur Schadstoffreduzierung beitragen:
  • Aktionsplan zur Förderung der ökologischen / biologischen Produktion
  • Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die in Verbindung mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen
  • EU-Aktionsplan: „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“
Vier weitere Maßnahmen sollen eine nachhaltige Mobilität befördern:
  • Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern
  • Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes
  • Aktionsplan zur Förderung des Schienenpersonenverkehrs auf Fern- und grenzüberschreitenden Strecken
  • Europäischer Rahmen für die urbane Mobilität

Der für den Green Deal zuständige Kommissar und Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, spricht vom „größten legislativen Paket, das in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg bewegt wird“. Die anstehenden Beratungen im Rat und im Parlament werden komplex und kontrovers sein, da viele Lebensbereiche angesprochen und erheblichen Änderungen unterzogen werden müssen, um das Klimaabkommen von Paris (die Erderwärmung soll im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter zwei Grad Celsius, idealerweise auf 1,5 Grad begrenzt werden) einhalten zu können.

Die Europäische Kommission spricht von einer „Neuausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft in der EU“. Besonders umstritten sind die geplante Neueinführung eines Emissionshandelssystems für die Bereiche Verkehr und Gebäude in Zusammenhang mit den ohnehin schon steigenden Energiepreisen und absehbaren sozialen Härten für die sozial schwachen Bevölkerungskreise. Der für die Abfederung dieser Problematik vorgesehene Klima-Sozialfonds würde sich aus den Einnahmen des neuen Emissionshandelssystems speisen, so dass beides nur zusammen gedacht werden kann. Auch andere Vorschläge beeinflussen sich gegenseitig, so dass die verschiedenen Verordnungs- und Richtlinienvorschläge nicht ohne Grund als Paket verstanden werden müssen. Werden an einer Stelle mehr Kompromisse gemacht, sind die Ziele an anderer Stelle ggf. zu verschärfen.

Die verschiedenen Vorschläge, von denen einige erst im Dezember 2021 veröffentlicht wurden, bedürfen daher sicherlich noch intensiver und langwieriger Auseinandersetzung in den Gremien der EU. Die französische Ratspräsidentschaft hat angekündigt, dass sie die Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) möglichst innerhalb ihrer Präsidentschaftszeit bis Sommer 2022 verhandeln und ihre baldige In-Kraft-Setzung vorbereiten möchte. Hiervon werden hohe Emissionsminderungserfolge erwartet, da der größte Teil des Energieverbrauchs in der EU auf Gebäude zurückzuführen ist.

Soziales Europa

Die Europäische Kommission hat im März 2021 den lang angekündigten Aktionsplan für die Umsetzung der Säule der sozialen Rechte vorgelegt. Der Aktionsplan ist eine Art Referenzrahmen für die politischen und legislativen Initiativen und Maßnahmen der EU-Institutionen, aber auch für die Mitgliedstaaten im Sozial- und Beschäftigungsbereich. Der Referenzrahmen soll sicherstellen, dass nicht nur der von der EU beschlossene Übergangsprozess zu einem klimaneutralen Kontinent, sondern auch der bereits stattfindende digitale und demografische Wandel in der EU sozial abgefedert wird. Zur Umsetzung des Aktionsplans legte die Europäische Kommission im Laufe des Jahres 2021 eine Reihe von Legislativvorschlägen vor, so u. a. einen Rahmen für Mindestlohn, für Plattform-Beschäftigte, zur Durchsetzung der Entgelttransparenz sowie eine europäische Behindertenstrategie. Im Rahmen der Befassung des Bundesrates mit diesen Vorlagen der Europäischen Kommission brachte Berlin mehrere Anträge in den Bundesrat ein, um die europäischen Vorhaben zu unterstützen und sich für eine starke und ambitionierte europäische Sozialpolitik einzusetzen. Mit der Verabschiedung der Erklärung von Porto im Mai 2021 wurden darüber hinaus die in der EU-2020 Strategie festgelegten Zielmarken fortgeschrieben: bis 2030 1. Beschäftigungsquote bei 78 %, 2. Weiterbildungsquote bei Erwachsenen von 60 % und 3. Reduzierung der Armut um 15 Millionen Menschen. Die Umsetzung der in Porto verankerten Zielmarken erfolgt im Rahmen des Europäischen Semesters.

Städteagenda für die EU („Ljubljana Agreement“)

Im Rahmen der 2016 auf Initiative der Niederlande gestarteten Urbanen Agenda für die EU (UAEU) wurden bislang wurden 14 thematische Partnerschaften errichtet, die über einen Zeitraum von drei Jahren Vorschläge erarbeitet haben, um rahmengebende EU-Politiken so auszurichten, dass diese eine gute Stadtentwicklung unterstützen können. Die meisten Partnerschaften sind bereits ausgelaufen, jedoch sind die zwei Partnerschaften mit Berliner Beteiligung nach wie vor aktiv (Integration; Baukultur s. u.).

Als Abschluss der Trio-Ratspräsidentschaft Deutschlands, Portugals und Sloweniens wurde ein informelles Ministertreffen für Stadtentwicklung unter der slowenischen EU-Ratspräsidentschaft am 26. November 2021 online durchgeführt. Mit dem dort verabschiedeten „Abkommen von Ljubljana“ wurde gemeinsam von den EU-Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen beschlossen, den Prozess der Urbanen Agenda für die kommenden Jahre weiterzuführen. Das Abkommen umfasst neben einer grundlegenden Verständigung zu den Arbeits- und Governance-Strukturen der Urbanen Agenda auch ein Arbeitsprogramm für die Jahre 2022–2026. Wichtigste Ergebnisse darin:
  • Das Abkommen von Ljubljana führt weiterhin grundlegende Bausteine des bisherigen Modells der Urbanen Agenda, nämlich der Dreiteilung Better Regulation, Better Finance und Better Knowledge fort. Das Prinzip der Partnerschaften als Multi-Level-Governance-Konstrukt bestehend aus EU, nationalen, regionalen und subregionalen Akteuren bleibt ebenfalls erhalten und die 14 Themen der bisherigen Partnerschaften werden zunächst weitergeführt.
  • Die unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft beschlossene „Neue Leipzig Charta“ wird nun der UAEU als richtungsweisender Kompass zu Prinzipien der integrierten Stadtentwicklung dienen. Der Ablauf der thematischen Partnerschaften wird dynamischer. Neben mehrjährigen Konsortien können auch kurze Ad-hoc-Partnerschaften initiiert werden. Der Kleinstadtfokus ist wesentlich präsenter als bislang; auch die Verknüpfung zur Raumordnung wurde hervorgehoben.
  • Vier neue Themen wurden vorgeschlagen: „Cities of Equality“, „Food“, „Greening Cities” und “Sustainable Tourism”.
  • Dem Governance-Modell ist ein Arbeitsplan vorgelegt; es wird ein Sekretariat eingerichtet und für jeden Mitgliedsstaat ein „Nationaler Kontaktpunkt“ etabliert. Letztere werden von den Mitgliedstaaten selbst benannt.

Frankreich kündigte bereits an, 2022 zwei der vier neuen Themenpartnerschaften zu lancieren. Einen wesentlichen Beitrag leistet die in der neuen EFRE-Verordnung eingeführte EU-Stadtinitiative der Europäischen Kommission auch in finanzieller Hinsicht.

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa hat sich seit 2018 aktiv in die Partnerschaft „Kultur und kulturelles Erbe“ eingebracht und ist mit einer Aktion zur Verdeutlichung der Potentiale Öffentlicher Bibliotheken für Bildung, sozialen Zusammenhalt, die Bekämpfung von Falschinformationen oder die Resilienz der Stadtgesellschaft auf der europäischen Ebene vertreten. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa leitet seit 2020 die Arbeitsgruppe zur Aktion und hat federführend in Kooperation mit u. a. der Stadt Espoo, dem Deutschen Bibliotheksverband und dem europäischen Bibliotheksverband EBLIDA sowie weiteren Stakeholdern verschiedene Aktivitäten zur Sichtbarmachung von Öffentlichen Bibliotheken umgesetzt.

Konferenz zur Zukunft Europas

Zudem bildete die am 9. Mai 2021 von der Europäischen Kommission gestartete „Konferenz zur Zukunft Europas“ einen Schwerpunkt im Jahr 2021. Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ ist ein in der Geschichte der EU bisher einmaliger, mehrstufiger Prozess, um sich als Bürgerin und Bürger an der Gestaltung der Zukunft in Europa zu beteiligen und hierbei über eine zentrale, mehrsprachige Plattform mit anderen über Ideen und Vorschläge zu diskutieren. Neben der Möglichkeit der Diskussion über die zentrale, digitale EU-Plattform fanden 2021 europaweit auf nationaler Ebene Bürgerforen und Veranstaltungen statt, um Zukunftsideen zu entwickeln, Missstände aufzuzeigen und Wünsche und Forderungen zu formulieren. Das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission haben sich verpflichtet, die EU-Bürgerinnen und -Bürger anzuhören und im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Empfehlungen auf Umsetzbarkeit zu prüfen. Die Konferenz soll bis zum 9. Mai 2022 laufen.
Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa hat sich aktiv in den Diskussionsprozess zur Zukunft Europas eingebracht, u.a. durch digitale Diskussionsformate im Oktober 2021 zu den Klimaschutzbestrebungen des Landes Berlin und zu den Perspektiven für das Soziale Europa sowie durch die Entwicklung eines Europa-Podcast “Hör mal, Europa!”, der ab April 2022 zu hören ist.
Unter www.berlin.de/zukunftskonferenz wurde eine zentrale Webseite erstellt, auf der über alle Veranstaltungen, die im Rahmen der Zukunftskonferenz in Berlin stattfinden, informiert wird sowie alle relevanten Dokumente und Verlinkungen z.B. auf die Plattform der Kommission zusammengebracht werden.
Am 13. November 2021 und am 10. Dezember 2021 fand der Berliner Bürgerdialog zum Sozialen Europa in Kooperation mit dem Berliner Abgeordnetenhaus, der Initiative Offene Gesellschaft e.V. und dem Progressiven Zentrum aufgrund der Pandemielage in digitalem Format statt. Rund 100 Berlinerinnen und Berliner, die die Vielfalt der Stadtgesellschaft abbilden, haben über ihre Forderungen und Wünsche für ein sozialeres und gerechteres Europa diskutiert. Die Ergebnisse des Berliner Bürgerdialogs wurden auf der digitalen Plattform eingestellt und können mit anderen Europäerinnen und Europäern diskutiert werden.
Mehr Informationen über den Ablauf des Bürgerdialogs und alle Ergebnisse unter www.berlin.de/zukunftskonferenz.

Des Weiteren hat die Senatsverwaltung für Kultur und Europa über eine Projektförderung an die Europäische Akademie Berlin das Projekt „Hier. Jetzt. Europa“ mit den Berliner Bezirken unterstützt. In sechs unterschiedlichen und innovativen Formaten wurden Berlinerinnen und Berliner in ihren Kiezen aufgesucht und eingeladen, ihre Wünsche und Forderungen an Europas Zukunft zu formulieren. Die Ergebnisse der Befragungen, Diskussionen und Gespräche wurden ebenfalls auf der Online-Plattform zur Konferenz zur Zukunft Europas eingebracht.

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa hat sich zudem an der von der Europäischen Akademie Berlin ins Leben gerufenen Berliner Initiative zur Zukunftskonferenz aktiv beteiligt. Hier treffen sich regelmäßig Berliner Akteurinnen und Akteure aus verschiedensten Bereichen (Sport, Kultur, Wirtschaft, Verwaltung, Politik, etc.). Neben dem Austausch zu Ideen und Formaten, der Abstimmung und Kooperation versteht sich die Berliner Initiative als Berliner EU-Kompetenzzentrum und zentrale Anlaufstelle für interessierte Gruppen, die sich an der Zukunftskonferenz beteiligen möchten.

Deutsch-Polnisches Netzwerk

Auch in 2021 hat sich die Senatsverwaltung für Kultur und Europa im Rahmen der Oder-Partnerschaft engagiert. So finanzierte sie erneut Projekte mit kulturellem Schwerpunkt aus dem deutsch-polnischen zivilgesellschaftlichen Bereich. Im zweiten Jahr der Pandemie fanden diese z.T. digital, z.T. in Präsenz statt. Darüber hinaus finanzierte die Senatsverwaltung für Kultur und Europa erneut das Basisprogramm im Kulturzug Berlin-Breslau. Da der Zug pandemiebedingt erst im Juni 2021 seinen Betrieb wieder aufnehmen konnte, wurde ein neues Projekt ins Leben gerufen: Die KulturStreifZüge. Hierbei handelt es sich um deutsch-polnische Filmstreifzüge durch Berlin, Poznań, Szczecin und Wrocław, bei denen Kunstschaffende und Akteure der Zivilgesellschaft ihre Stadt unter einem thematischen Schwerpunkt vorstellen und miteinander ins Gespräch kommen. Das von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa finanzierte Berlin_Kulturforum_Wrocław wurde fortgesetzt und konnte im Februar 2022 wieder in Präsenz finden. Mit dabei nun das Centre Français de Berlin als neuer Partner. Das Forum leistete damit einen wichtigen Beitrag zu einer weiteren Vernetzung der Kunst- und Kulturszenen beider Städte.
Die Zusammenarbeit mit Polen in der Oder-Partnerschaft sowie im Bereich der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit war auch Thema im Rahmen des von Berlin und Brandenburg gemeinsam initiierten Prozesses zur Erarbeitung eines Strategischen Gesamtrahmens für die Hauptstadtregion. Am 20. April 2021 haben beide Landesregierungen nach einer öffentlichen Konsultation die überarbeitete Fassung des Strategischen Gesamtrahmen Hauptstadtregion beschlossen. Die Zusammenarbeit mit Polen findet sich im Handlungsfeld acht wieder.
Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa wirkt weiterhin an der Öffentlichkeitsarbeit der Oder-Partnerschaft mit (Newsletter u. Website, Ff SenWiEnBe).

EUROCITIES

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa koordiniert die Berliner Arbeit im größten europäischen Städtenetzwerk EUROCITIES und ist als Contact officer auch direkte Ansprechpartnerin für das Brüsseler Sekretariat des Städtenetzwerkes. In dieser Funktion bereitet sie auch die Jahrestagung von EUROCITIES vor. In 2020 mussten die meisten Arbeitsformate des Netzwerkes aufgrund der Covid-19-Pandemie online stattfinden. Die ursprünglich für November 2020 geplante Jahreskonferenz in Leipzig konnte im November 2021 in Präsenz nachgeholt werden. Politisch wurde Berlin durch den Staatssekretär für Europa vertreten. Neben der Senatsverwaltung für Kultur und Europa waren (und sind) die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales sowie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in Fachforen und einigen der nachgeordneten Arbeitsgruppen von Eurocities aktiv.

Europakompetenz der Berliner Verwaltung

Für die Umsetzung von Politik und Recht im Land Berlin als Teil der Europäischen Union ist eine hohe Europakompetenz bei den Beschäftigten der Berliner Verwaltung eine wichtige Voraussetzung. Fremdsprachenkenntnisse, interkulturelle Kompetenz sowie Wissen über die EU-Institutionen und EU-Förderprogramme sind unabdingbar für eine frühzeitige Bewertung und Reaktion bei konkreten Gesetzgebungsinitiativen auf EU-Ebene und zur Vertretung der Berliner Interessen.

Der Senatsbeschluss vom 20. März 2018 über „Maßnahmen zur Stärkung der Europakompetenz in der Berliner Verwaltung“ basiert auf einer Vorlage der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und umfasst Maßnahmen in den Bereichen Fortbildungen und Fremdsprachen, Abordnungen, Entsendungen und Hospitationen sowie stärkere Vernetzung und regelmäßiger Austausch, durch deren Umsetzung die Europakompetenz des Verwaltungspersonals gestärkt werden soll.

Die jährliche Informationsfahrt der Berliner und Brandenburger EU-Referentinnen und EU-Referenten hat seit der ersten Hälfte der 1990er Jahre eine gute Tradition und hat zu einer hohen Europakompetenz in den Verwaltungen beider Länder sowie zu einem stabilen Netzwerk der EU-Referentinnen und EU-Referenten beigetragen.
Aufgrund der Pandemie fand die Fortbildung in den Jahren 2020 und 2021 im Online-Format statt. Die Zielgruppe setzte sich wie üblich aus den EU-Referentinnen und -Referenten der Senatsverwaltungen und Bezirke bzw. der Landesministerien und Kreise zusammen. Aufgrund des digitalen Formats war es möglich, weitere interessierte (Fach-) Referentinnen und Referenten mit Bezügen zur EU-Politik in der jeweiligen Arbeit teilnehmen zu lassen. Insgesamt nahmen rund 70 Referentinnen und Referenten teil.
Zudem wurde im Jahr 2021 für die EU-Referentinnen und -Referenten der Senats- und Bezirksverwaltungen eine zweiteilige Fortbildung zu EU-Fördermittelprogrammen durchgeführt.

Europapolitische Kommunikation

Die europapolitische Kommunikationsarbeit stand aufgrund der anhaltenden Pandemie auch 2021 vor großen Herausforderungen. Eine Vielzahl an Veranstaltungen und Projekten konnte nicht oder nur digital/hybrid stattfinden.
Allerdings ermöglichte die digitale Ausrichtung von Angeboten unerwartete Möglichkeiten. So konnte durch die Aufgabe der Präsenz vielfach eine stärkere barrierefreie Beteiligung erfolgen und auch das Einwerben von auswärtigen Gästen war aufgrund der Digitalisierung vielfach erfolgreicher.

Im Jahr 2021 wurde von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa selbst, zusammen mit Partnern oder mit finanzieller Förderung durch die Senatsverwaltung im Bereich der Europa-Kommunikation Folgendes umgesetzt:
  • Ehrung freiwilligen Europa-Engagements von Berlinerinnen und Berlinern mit dem Preis „Blauer Bär“
  • Entwicklung eines Podcasts zur „Konferenz zur Zukunft Europas“
  • Doku Live Veranstaltung (Klimawandel und Green Deal der EU) für Berliner Schulen in der Europawoche
  • Kurzfilm zur Europaarbeit in Berlin und Brüssel
  • Digitale Berliner Europawoche /eigenes Portal mit zahlreichen Angeboten
  • Diskussionsveranstaltung in der Reihe „Europa ist hier“: Alarmstufe rot! Klimaschutz jetzt! im Rahmen der „Konferenz zur Zukunft Europas“
  • Berliner Auftakt zur „Konferenz zur Zukunft Europas“ im Berliner Abgeordnetenhaus
  • Projekt „Hier. Jetzt. Europa“ in allen Berliner Bezirken zur Berliner Begleitung der „Konferenz zur Zukunft Europas“
  • Berliner Bürgerdialog zum sozialen Europa aus Anlass der laufenden „Konferenz zur Zukunft Europas“
  • Panel-Diskussion im Berliner Büro in Brüssel „Perspektiven für das Soziale Europa – Welche Impulse kann die Konferenz zur Zukunft Europas für das Soziale Europa geben?“
  • Deutsch-polnisches Projekt „Save Food“ im Bezirk Lichtenberg
  • Projekt „Europa erFahren“, Fahrradtour
  • Projekt „Europäischer Nachbarschaftstag“ im Gemeinschaftsgarten Rote Beete
  • Projekt „Community Organizing für Europa“
  • Projekt „Zukunft Europa. Made in Berlin“ zur Berliner Begleitung der „Konferenz zur Zukunft Europa“
  • Projekt „Vertretungsstunde – der Botschaftspodcast“
  • Projekt „BücherboXX zur EU-Ratspräsidentschaft
  • Sonderpreis Europa im Rahmen des Berliner Schülerzeitungswettbewerbs

Denkmalschutz

Die European Heritage Days fanden 2021 in Berlin als Tag des offenen Denkmals am 11. und 12. September unter dem Motto „Sinnlich & Sinnvoll“ statt. Unter Federführung des Landesdenkmalamtes waren nicht nur wieder zahlreiche Denkmaleigentümerinnen und -eigentümer bereit, interessierten Personen ihre Türen zu öffnen und Führungen und Besichtigungen anzubieten. Erneut wurde vom Landesdenkmalamt zum Tag des offenen Denkmals 2021 auch ein breites Spektrum an online Angeboten initiiert und organisiert. Eine zum Tag des offenen Denkmals auf youtube veröffentlichte Führung des Landeskonservators durch die denkmalgeschützte Neuköllner Highdeck-Siedlung war dabei besonders nachgefragt.
Im Rahmen der Umsetzung der Städteagenda (Urban Agenda) für die EU hat sich das Landesdenkmalamt das ganze Jahr über im Begleitkreis zur Partnerschaft „Kultur und kulturelles Erbe“ beratend eingebracht.

Die neu etablierte Internationale Jugendbauhütte Berlin hat im Jahr 2021 den ersten Jahrgang junger Freiwilliger erfolgreich durch das Freiwillige Soziale Jahr in der Denkmalpflege (FSJ) in Berlin begleitet. Im Rahmen eines gesetzlich anerkannten Freiwilligendienstes können jährlich bis zu 25 junge Menschen aus Deutschland, Europa und der Welt sich für unser kulturelles Erbe engagieren, sich persönlich und beruflich orientieren und einen Beitrag für das Gemeinwohl leisten. Berlin verfügt damit über ein nachhaltiges Jugendbildungsprojekt der Bewusstseinsförderung und Sensibilisierung für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege in Berlin. Die Berliner Jugendbauhütte ist ein Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste e.V. (ijgd) und wird institutionell gefördert durch die oberste Denkmalschutzbehörde/UNESCO-Welterbe (Senatsverwaltung für Kultur und Europa).
Das Berliner Zentrum Industriekultur (bzi) verstetigte in 2021 die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Europäische Route der Industriekultur (European Route of Industrial Heritage – ERIH). ERIH ist ausgezeichnet als Kulturroute des Europarates und macht das industrielle Erbe Europas sichtbar. Touristisch erschlossene Standorte in 43 europäischen Ländern verkörpern die wichtigsten Meilensteine der europäischen Industriegeschichte. 18 ausgewählte Berliner Orte, sogenannte Schauplätze der Industriekultur, sind Teil der Europäischen Route der Industriekultur, die beispielhaft für die industrielle Entwicklung der Stadt stehen. Das bzi ist eine Kooperation der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (oberste Denkmalschutzbehörde Berlin), wobei letztere die Einrichtung finanziert.

Investitionen in die Klimaverträglichkeit des Kulturlebens

Seit 2016 werden EU-Mittel aus dem „Berliner Programm für nachhaltige Entwicklung“ (BENE) in die energetische Sanierung von Kultureinrichtungen investiert. Unter Vermittlung durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa sowie unter Einsatz von Mitteln der Bauunterhaltung der Kultureinrichtungen wird damit nicht nur ein Beitrag zum Abbau des Sanierungsstaus geleistet. Vielmehr wird der Kulturbereich auf diese Weise vor allem in die Lage versetzt, seinen unabdingbaren Beitrag zum Erreichen des Ziels der klimaneutralen Stadt zu leisten. Die Umstellung der Beleuchtung auf LED-Technik im Konzerthaus Berlin wird dabei ebenso gefördert wie die energetische Ertüchtigung des Podewil (Sitz der Kulturprojekte GmbH und der Tanzcomplizen), des Friedrichstadtpalasts, der Amerika-Gedenkbibliothek oder des Hebbel am Ufer, ein ganzes Maßnahmenpaket im Schiller Theater und Energieeffizienzmaßnahmen bei dem Bühnenservice der Stiftung Oper in Berlin. Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa koordiniert die Maßnahmen mit den Nutzerinnen und Nutzern der Liegenschaften, mit den vielfach parallel laufenden Investitionsmaßnahmen sowie dem meist weiterlaufenden Kultur- und Spielbetrieb.

Unterstützung des Bibliothekswesens

Durch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist es seit 2008 gelungen, im wissenschaftlichen und im öffentlichen Bibliothekswesen der Stadt wichtige Fortschritte zu erzielen und die bibliothekarische Informationsversorgung zu unterstützen. Seitdem konnten mehrere bauliche Projekte sowie der Übergang der Öffentlichen Bibliotheken zur RFID-gestützten Verbuchung und Rückgabe von Medien verwirklicht werden. Mit dem Programm „Bibliotheken im Stadtteil II“ (BIST II) sind, ebenfalls aus Mitteln des EFRE, weitere wichtige Angebotsverbesserungen möglich geworden. Vor allem aber stehen den Bibliotheken Mittel zur Verfügung, um in den am meisten unterstützungsbedürftigen Stadtteilen Berlins neue Dienstleistungsformen zu erproben und pilothaft zur Anwendung zu bringen. Eine Lese- und Sprachlernkooperation mit Kindertagesstätten (Projekt „Tabiki“ unter https://www.berlin.de/stadtbibliothek-spandau/wir-ueber-uns/projekte/sprachfoerderung-im-tandem/) in Spandau oder die langfristige Kooperation mit Schulen im Umfeld der Kurt-Tucholsky-Bibliothek in Moabit im Projekt „BALI II – Bildungsscharnier Kiez-Bibliothek“ (https://www.berlin.de/stadtbibliothek-mitte/bibliotheken/kurt-tucholsky-bibliothek/aktuelle-projekte/bali-ii-bildungsscharnier-kiez-bibliothek-827351.php) gehört ebenso dazu wie ein fahrender sog. Makerspace im Bezirk Mitte (https://www.berlin.de/stadtbibliothek-mitte/angebote/makerspace/makermobil/das-makermobil-kommt-896755.php).

Freiwilliges Soziales Jahr in der Kultur

Seit 2011 unterstützt die Senatsverwaltung für Kultur und Europa aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds das Freiwillige Soziale Jahr in der Kultur. In rund 80 Einsatzstellen betreut die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Berlin (LKJ Berlin) als Träger regelmäßig mehr als 100 Freiwillige. In Museen, Theatern, Jugendkultureinrichtungen und seit 2019 auch verstärkt in Jugendkunstschulen sammeln junge Menschen nach Abschluss der Schulbesuchspflicht ein Jahr lang erste Joberfahrungen, lernen verschiedene Berufsbilder mit kulturellem Bezug kennen, orientieren sich künstlerisch und konkretisieren an den 25 gesetzlich verankerten Bildungstagen ihre Vorstellungen über ihren weiteren beruflichen Werdegang. Zugleich engagieren sie sich ehrenamtlich, unterstützen die Einsatzstellen bei der täglichen Arbeit und geben wertvolle Impulse, nicht zuletzt im Hinblick auf die Interessen und Trends in ihrer Altersgruppe.

Weiterbildungsangebot für Künstlerinnen und Künstler

Durch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gelingt es, Künstlerinnen und Künstlern aus Berlin ein breites und angemessen kostengünstiges Weiterbildungsangebot zukommen zu lassen, welches ihre Fähigkeiten zur wirtschaftlichen Behauptung auf dem Kunstmarkt und den anderen kulturwirtschaftlichen Teilmärkten (Musik, Design, Darstellende Kunst oder Buch und Literatur) oft entscheidend verbessert. Kompetenzen im Bereich Selbständigkeit, Projektmanagement, Kulturpädagogik, Marketing, Informationstechnik, Betriebswirtschaft, Steuern und manches mehr treten zur künstlerischen Expertise hinzu und ergänzen sie mit dem Ziel einer verbesserten wirtschaftlichen Situation.

Investition in künstlerisch geprägte Innovationen

Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ermöglichen durch das Programm „Stärkung des Innovationspotentials in der Kultur“ (INP II) die strukturelle Unterstützung der künstlerisch geprägten Urheberinnen und Urheber bzw. Interpretinnen und Interpreten, die zumeist als Solo-Selbständige tätig sind. Gefördert werden
  • der Aufbau und die Weiterentwicklung von Selbsthilfe-, Beratungs- und Servicestrukturen für die künstlerisch geprägten Kreativen,
  • der Zugang zum Markt und beim Absatz kultureller Produkte und Dienstleistungen, die Organisation, Entwicklung und Vermarktung neuer, vor allem gemeinschaftlicher Kulturangebote auf der Basis bestehender Potentiale und Angebote.

Den Hintergrund der Förderung bildet der Gedanke, dass die künstlerisch geprägten Kreativen in Berlin den Ausgangspunkt der kulturwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten bilden. Künstlerinnen und Künstler sind von Berufs wegen innovativ, suchen das Neue, reagieren auf neue Entwicklungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik, die sie auch antizipieren und neu verknüpfen. Als schöpferisch tätige Menschen produzieren sie Ideen und Inhalte, die anschließend auf den weiteren Stufen der kulturwirtschaftlichen Wertschöpfung zumeist durch kapitalwirtschaftlich verfasste Institutionen und Betriebe (z. B. Verlage, Online- und Streamingplattformen, Kinos, TV- und Radiosender, Labels, Bühnen, etc.) weiterverarbeitet, gehandelt, in neue Formen übertragen und verwertet werden. Weil sich gerade in Berlin alle Bestandteile dieses Wertschöpfungsprozesses der Branche in hoher Zahl und Dichte finden, ist der entsprechende Cluster „IKT, Medien und Kreativwirtschaft“ mit allen Segmenten – angefangen bei den schöpferisch tätigen Künstlerinnen und Künstlern – auch erneut Teil der Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (Inno-BB). Die seit März 2020 grassierende Corona-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen bieten dabei zusätzliche thematische Schwerpunkte für die geförderten Vorhaben. Die Frage, wie eine wirtschaftlich tragfähige Existenz als Künstlerin bzw. Künstler unter den Bedingungen der Pandemie aussehen kann, beschäftigt alle künstlerischen Sparten und ihre Akteure gleichermaßen dringlich.
Beispielhafte Förderungen sind das Festival Pop-Kultur (www.pop-kultur.berlin) oder Kreativ.Kultur.Berlin, das Beratungszentrum für Kulturförderung und Kreativwirtschaft (https://www.kreativkultur.berlin/de/) oder die AURORA-School for Artists, das Anwendungs- und Weiterbildungszentrum für Augmented Reality an der HTW (https://aurora.htw-berlin.de/index/start.html).

Kultur für Seniorinnen und Senioren

Seit Oktober 2019 nimmt die Senatsverwaltung für Kultur und Europa unter Federführung Münchens am Projekt „Creative Ageing – cultural engagement instead of social isolation“ teil. Gemeinsam mit weiteren Partnerinnen und Partnern aus Göteborg (SE), Ostende (BE), Brighton & Hove (GB) sowie Leeuwarden (NL) widmet sich das Vorhaben den Fragen, welche kulturellen Beteiligungsmöglichkeiten für ältere Menschen, vor allem für von sozialer Isolation bedrohte Seniorinnen und Senioren in den europäischen Städten bereits gängig und bewährt sind, wo Probleme und Nachholbedarf bestehen und wie insbesondere ein aktivierendes kulturelles Angebot für ältere Menschen ausgebaut werden kann. Der generelle Hintergrund der bekannten demographischen Entwicklung mit einem stark wachsenden Anteil älterer Menschen an der Gesellschaft wird dabei zugespitzt durch die im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie entstandenen Beschränkungen, die im Interesse des Infektionsschutzes vor allem ältere Menschen sozial isolieren und zusätzlich von kultureller Teilhabe abschneiden. Seit dem Kick-Off-Meeting des Erasmus+-Projektes in Berlin im November 2019 haben fünf transnationale Treffen der Projektteilnehmenden stattgefunden. Aufgrund der COVID19-Pandemie fanden diese Treffen im digitalen Raum statt. Im September 2021 haben die Projektmitglieder zudem online am Ageing Well-Festival in Brighton & Hove (Vereinigtes Königreich) teilgenommen. Berlin war mit einem Online-Workshop des Theaters der Erfahrungen vertreten.

Die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa führte im Frühjahr 2021 im Rahmen des Projektes und in Zusammenarbeit mit dem Berliner Institut für Kulturelle Teilhabeforschung eine europaweite Umfrage unter Eurocities Culture Forum-Mitgliedern durch. Ziel der Umfrage war es, herauszufinden, wie das Thema “Kulturelle Teilhabe von älteren Menschen” in europäischen Städten verankert und umgesetzt wird. An der Umfrage haben 45 Städte aus 22 Ländern teilgenommen. Erste Ergebnisse wurden im September 2021 beim virtuellen Eurocities Culture Forum in Tampere (Finnland) vorgestellt.
Die Ergebnisse der Umfrage unterstreichen die Bedeutung des Themenfeldes der kulturellen Teilhabe älterer Menschen in den verschiedenen europäischen Städten. Sie zeigen aber auch auf, welche Herausforderungen bestehen. So weisen die Umfrageergebnisse u.a. auf Handlungsbedarfe im Bereich der digitalen Teilhabe und bei der Bekämpfung der sozialen Isolation sowie der Altersarmut hin.
Im Mai 2022 werden die weiteren Arbeitsergebnisse des Projektes in München der Öffentlichkeit vorgestellt.