Wie können digitale Plattformen und Werkzeuge sinnvoll und nachhaltig in die Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern eingebunden werden? Was brauchen Lehrkräfte, um diese Lernprozesse wirksam zu begleiten? An welchen Orten kann gelernt werden?
17 Schulen und eine Einrichtung des zweiten Bildungswegs im Land Berlin gehen derzeit diesen Fragen nach. Dies geschieht im Rahmen des Schulversuchs „Hybride Formen des Lehrens und Lernens“, der Ende des letzten Schuljahres gestartet ist. Das Ziel des Schulversuchs besteht darin, Schulen auch über die Pandemie hinaus darin zu unterstützen, digitale Medien und Tools didaktisch nachhaltig in schulisches Lernen zu integrieren. Dabei geht es auch um Freiräume für alternative Lernstrukturen und -settings. Den Schulen wird die Möglichkeit gegeben, aus ihren Erfahrungen der vergangenen beiden Schuljahre Rückschlüsse zu ziehen. Neben den Lernprozessen werden auch das professionelle Miteinander der Lehrkräfte sowie die Schulorganisation in den Blick genommen. Nicht zuletzt setzen sich die Schulen mit angemessenen und wirksamen Lernerfolgskontrollen und Prüfungen auseinander und entwickeln in diesem Bereich neue Formate. Der Schulversuch untersucht zudem, welche Unterstützung Schülerinnen und Schüler konkret brauchen, und wann Lernen kooperativ und wann individualisiert stattfinden sollte.
Die teilnehmenden Schulen werden im Arbeitsprozess durch das learninglab aus Köln begleitet und wissenschaftlich zudem durch die Humboldt-Universität zu Berlin evaluiert. Schulversuche ermöglichen die Erprobung von neuen Formaten und besonderen Innovationen in der Schule. In diesem Rahmen darf von gültigen Rechtsvorschriften abgewichen werden.
Richard Heinen, learninglab Köln: „Das learninglab begleitet und moderiert seit vielen Jahren Schulnetzwerke zur Schulentwicklung im digitalen Wandel. Die Zeit, jetzt nach Corona, ist hier eine besondere. Die Pandemie hat in vielen Schulen einen Schub in der Digitalisierung und der Nutzung digitaler Medien im Unterricht gebracht. Mehr noch aber hat sie Entwicklungspotenziale und -erfordernisse in der Unterrichtsgestaltung insgesamt sichtbar gemacht. Jetzt gilt es, die Lehren aus diese Zeit zu ziehen und für die Zukunft nutzbar zu machen. Das Besondere am Schulversuch: Hier besteht die Chance, in Schulentwicklungsprozessen gemeinsam mit der Senatsverwaltung nicht nur innerhalb bestehender Grenzen und Vorgaben zu arbeiten, sondern diese zukunftsorientiert weiter zu entwickeln.“
Sandra Scheeres, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie: „Die Digitalisierung der Berliner Schulen ist in der Pandemie deutlich vorangeschritten. Die Erfahrungen aus dem schulisch angeleitetem Lernen zu Hause und mit weiteren digitalen Formaten wollen wir weiter für die Unterrichtsgestaltung nutzen. Dazu dient dieser auch wissenschaftlich begleitete Schulversuch.“
Simone Ley, Schulleiterin Käthe-Kollwitz-Gymnasium: „Die Teilnahme am Schulversuch eröffnet uns die Möglichkeit, bereits Begonnenes weiterzuführen und neue Ideen umzusetzen. Wir wollen Lernende so fördern, dass sie eigenständig und selbstorganisiert agieren, ihr kreatives Potenzial entfalten und intrinsisch motiviert lernen. Dafür bedarf es flexibler Lernwege. Aktuell lernt zum Beispiel eine 8. Klasse zeitweise im Futurium und wird durch Kolleginnen und Kollegen digital begleitet.“
Renate Krollpfeiffer-Kuhring, Schulleiterin Leibniz-Gymnasium: „Meine Motivation an dem Projekt teilzunehmen, liegt vor allem an den Erfahrungen, die wir während des schulisch angeleiteten Lernens zu Hause machen konnten. Wir konnten feststellen, dass einige Schülerinnen und Schüler durch das Homeschooling enorme Fortschritte gemacht haben, weil sie selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihren Lernprozess steuern konnten. Im Präsenzunterricht mit 32 anderen Schülerinnen und Schülern ist das nicht immer so leicht möglich. Daher war für mich klar, dass wir nicht einfach so weiter machen können wie vor der Pandemie. Zwar hatten wir uns schon vorher auf den Weg gemacht, digitale Unterrichtskonzepte zu entwickeln und sind auch technisch gut ausgestattet, aber die Realität hat uns schnell eingeholt beziehungsweise sogar überholt. Für mich muss es nun zwangsläufig ein Umdenken geben, um die guten Erfahrungen mit dem Hybridlernen zu bewahren und weiter zu entwickeln, Unterricht sowie Raum- und Zeitstrukturen neu zu denken.“
Miriam Pech, Schulleiterin Heinz-Brandt-Schule: „Die Corona-Pandemie führt uns noch einmal vor Augen, dass es mehr als überfällig ist, Bildung und Schule im Sinne der 21st Century Skills neu zu denken. Der Schulversuch bietet hierzu den Freiraum sowie die wissenschaftsbasierte Begleitung, gemeinsam mit der Schulgemeinschaft mögliche Transformationsprozesse und Umsetzungsstrategien zu brainstormen, zu erproben und anzustoßen und im besten Falle als Best Practice die Berliner Schullandschaft zu transformieren.“
Die Modellschulen haben mit der intensiven Arbeit begonnen und setzen je nach Entwicklungsstand, Standort, Schulart und Profil eigene Schwerpunkte, in professionellen Lerngemeinschaften tauschen sie ihre Erfahrungen aus und entwickeln gemeinsam Ideen für die Schule von morgen. Um diesen Kern herum entsteht ein Netzwerk, das sowohl von den Ergebnissen des Schulversuchs profitiert, als auch eigene Expertise zum Beispiel im individualisierten Lernen, im Bereich der Digitalisierung oder der Rhythmisierung von Unterricht einbringt. Um möglichst viele Berliner Schulen zu erreichen, werden die Ergebnisse und auch weiterer Input des Schulversuchs den Netzwerkschulen in Barcamps zum Schuljahresende zur Verfügung gestellt.
Teilnehmende Schulen:
John-Lennon-Gymnasium, Carl-von Ossietzky-Gemeinschaftsschule, Lina-Morgenstern-Gemeinschaftsschule, Leibniz-Gymnasium, Kurt-Tucholsky-Sekundarschule, Käthe-Kollwitz-Gymnasium, Heinz-Brandt-Sekundarschule, Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule, Klax-Gemeinschaftsschule, Charlotte-Wolff-Kolleg, Nelson-Mandela-Schule, Hans-Carossa-Gymnasium, Bernd-Ryke-Grundschule, Droste-Hülshoff-Gymnasium, Gymnasium Steglitz, Fritz-Kühn-Sekundarschule, Otto-Nagel-Gymnasium, Paul-Löbe-Sekundarschule