Staatsekretärin Klebba stellt Berliner Bilanz der beiden Fonds Heimerziehung vor. Leistungen in einer Gesamthöhe von rund 72 Millionen Euro finanziert
Insgesamt 5.722 ehemalige Heimkinder haben in Berlin Leistungen aus einem der beiden Fonds Heimerziehung erhalten: 1.356 Personen aus dem Fonds Heimerziehung (West) und 4.366 aus dem Fonds DDR-Heimerziehung. Insgesamt summieren sich die Leistungen aus beiden Fonds an Berliner Betroffene auf 72 Millionen Euro. Das teilten Sigrid Klebba, Staatssekretärin für Jugend und Familie, Petra Schwarzer von der Berliner Anlauf- und Beratungsstelle ehemaliger Heimkinder (ABeH) sowie Jens Planer-Friedrich und Renate Drews vom Fachbeirat der ABeH am heutigen Mittwoch bei einem gemeinsamen Pressegespräch zum Ende der beiden Fonds mit.
Sigrid Klebba: „Geld und Sachleistungen können das Unrecht und Leid nicht ungeschehen machen, das ehemalige Heimkinder zugefügt wurde. Die Zuwendungen aus den Fonds können allenfalls zur Verbesserung ihrer heutigen Lebenssituation beitragen. Das Ende der Fonds bedeutet nicht das Ende der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Heimerziehung. Die Aufarbeitung und die kritische Reflexion verfehlten pädagogischen Handelns müssen weitergehen. Wir müssen sicherstellen, dass sich das geschehene Unrecht nicht wiederholen kann.“
Die Fonds Heimerziehung in der Bundesrepublik 1949 bis 1975 und Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990 wurden 2012 in Folge des Runden Tisches Heimerziehung vom Bund, den Bundesländern und – im Fall des Fonds West – der Kirchen eingerichtet. Sie sollten dazu beitragen, erlittenes Leid anzuerkennen und Folgeschäden zu bewältigen. Viele ehemalige Heimkinder, die in Jugendhilfeeinrichtungen der frühen Bundesrepublik oder DDR Zwang und Gewalt erlebt haben, leiden bis heute an den Folgen. Vielen wurden Bildungs- und Entwicklungschancen vorenthalten, für erzwungene Arbeit wurden keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Heute haben Betroffene daher oft nur geringe Rentenansprüche.
Die Laufzeit der Fonds war von vorneherein begrenzt und endete am 31.12.2018. Daher haben auch die Anlauf- und Beratungsstelle und ihr Fachbeirat zum Jahreswechsel ihre Arbeit beendet. Die ABeH war vom Land Berlin mit der Umsetzung der Aufgaben, die sich aus beiden Fonds ergaben, beauftragt. An sie konnten sich Betroffene wenden, beraten lassen und Anträge für Sachleistungen bis zu einer Höhe von 10.000 Euro sowie für Rentenersatzleistungen stellen. Die Antragsfristen für Fonds-Leistungen endeten in 2014.
Über den Fonds Heimerziehung (West) wurden in Berlin Leistungen für insgesamt rund 17 Millionen Euro vereinbart: Für materielle Hilfen wurden rund 13 Millionen Euro und für Rentenersatzleistungen rund 4 Millionen Euro gezahlt. Im Schnitt wurden pro Person 9.800 Euro für materiellen Hilfen und 7.000 Euro für Rentenersatzleistungen bezahlt.
Über den Fonds DDR-Heimerziehung wurden Leistungen für insgesamt 55 Millionen Euro finanziert: Für materielle Hilfen wurden insgesamt 43 Millionen Euro bezahlt, für Rentenersatzleistungen 12 Millionen Euro. Die Durchschnittswerte für Hilfen pro Person belaufen sich beim Fonds DDR-Heimerziehung für Berlin auf 9.900 Euro (materiellen Hilfen) und 5.300 Euro (Rentenersatzleistungen.
Kennzeichnend für die Umsetzung der Fonds in Berlin war, dass Betroffene von Anfang an eingebunden waren. Die Tätigkeit der ABeH wurde durch den Fachbeirat begleitet, dem neben Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen der Jugendhilfe auch sechs Betroffene angehörten. Neben der reinen Beratungs- und Vermittlungstätigkeit leistete die ABeH mit dem Fachbeirat einen wesentlichen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Heimerziehung. Zugleich war die Anlaufstelle ein wichtiger Treffpunkt für Betroffene.
Sie wird nun vom Nachfolgeprojekt „Treffpunkt, Beratungs- und Dokumentationsstelle für Menschen mit Heimerfahrung“ abgelöst. Träger ist der Verein ABH e.V, der von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern der ABeH gegründet wurde. Das Angebot für Menschen mit Heimerfahrung in Kindheit und Jugend umfasst unter anderem ein Café, Gesundheitskurse, Trauma- und Sozialberatung sowie Hilfe bei der Suche nach Angehörigen und eine Mediathek. Für das Nachfolgeprojekt stehen im Haushaltsjahr 2019 200.000 Euro zur Verfügung.