Behindertenbeauftragte fordern: Kostenfrage bei Assistenz im Krankenhaus für Menschen mit Behinderungen jetzt endlich regeln

Pressemitteilung vom 29.04.2021

Die Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderungen sind höchst irritiert darüber, dass es immer noch nicht gelungen ist, die Kostenübernahme für die Begleitung von Menschen mit Behinderungen bei stationären Krankenhausaufenthalten gesetzlich zu regeln. Sie befürchten, dass das Problem weiterhin auf dem Rücken der betroffenen Menschen ausgesessen wird.

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel: „Noch nie waren wir so nahe an einer Lösung wie gerade jetzt. Ich bin froh, dass das Thema auch bei den Abgeordneten im Deutschen Bundestag angekommen ist und erwarte, dass die zuständigen Ministerien in den nächsten Tagen gemeinsam eine gesetzliche Regelung erarbeiten. Das Zeitfenster für eine Lösung in dieser Wahlperiode schließt sich.“

Auch die Sprecherin der Landesbeauftragten Christine Braunert-Rümenapf, Berlin, findet klare Worte: “Wenn jetzt nicht schnell etwas geschieht, kann es erst nach der Wahl wieder weitergehen. Das ist unzumutbar für die vielen Menschen, die darauf angewiesen sind, bei Krankenhausaufenthalten angemessen unterstützt zu werden!“

Hintergrund:
Menschen mit Behinderungen, die im Alltag von Assistenzkräften unterstützt werden, benötigen diese Unterstützung in der Regel auch während eines Aufenthalts im Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung, damit die Behandlung erfolgen kann. Dies gilt vor allem für Menschen, die beispielsweise aufgrund kognitiver Einschränkungen nicht mit Worten kommunizieren können oder auf Ungewohntes mit Ängsten reagieren. Hier ist eine vertraute Begleitperson unerlässlich, beispielsweise um Ängste zu nehmen, mit dem Krankenhauspersonal zu kommunizieren oder Betroffenen Unterstützung und Sicherheit zu vermitteln. Diese Begleitung ist essenziell für den Erfolg des Krankenhausaufenthalts und die Patient*innensicherheit.

Doch eine Kostenregelung fehlt nach wie vor. Nur Menschen, die ihre notwendige Begleitung im Arbeitgeber*innenmodell organisieren, bekommen durchgängig auch bei Krankenhausaufenthalten Geld, um ihre Assistenzkräfte zu bezahlen. Auf die meisten Menschen mit Assistenzbedarf findet diese Regelung jedoch keine Anwendung, weil sie in Einrichtungen der Eingliederungshilfe leben oder ihre Pflege und Assistenz in der eigenen
Häuslichkeit über ambulante Dienste erhalten. Krankenkassen und Eingliederungshilfe streiten seit Jahren über die Zuständigkeit. Die Folgen sind gravierend: Menschen mit Behinderungen werden im Krankenhaus sediert, weil das Personal keine Kapazitäten hat, sich um sie zu kümmern; Krankenhausaufenthalte werden vielfach lange hinausgeschoben, manchmal bis akute Lebensgefahr besteht. Angehörige müssen oft ihren kompletten Jahresurlaub oder sogar zusätzliche unbezahlte freie Tage nehmen und in den Einrichtungen fehlt wichtiges Personal in den Gruppen!

Das Problem ist seit vielen Jahren bekannt. Im Mai 2020 hatte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf der Grundlage einer Entscheidung des Petitionsausschusses dazu aufgefordert, sich mit der Frage der Zuständigkeit zu beschäftigen. Auch der Bundesrat hat im November 2020 die Bundesregierung aufgefordert, die Kostenübernahme für die Assistenz im Krankenhaus zu klären (Drs. 583/20 (B). Bis heute haben sich die zuständigen
Ministerien (BMG für die gesetzliche Krankenversicherung und BMAS für die
Eingliederungshilfe) nicht auf eine Regelung einigen können. Um noch eine gesetzliche Regelung zu verankern, gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten: Aus Sicht der Beauftragten sollte das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung – Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) – das vorraussichtlich bereits am 7. Mai im Bundestag beschlossen wird, hierfür genutzt werden. Geschieht dies nicht, bleibt bis weit nach der Bundestagswahl die Versorgung für viele Menschen mit Behinderung im
Krankenhaus unzureichend.

Nachfolgende Informationen nicht zur Veröffentlichung bestimmt:
Regine Laroche, Sprecherin Jürgen Dusel, +49 (0)30 18 527 – 1777
Heike, Schwarz-Weineck, Büroleitung Christine Braunert-Rümenapf, +49 (0)30 9028 – 2838