Statement des Staatssekretärs in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Boris Velter zum Kongress „Armut und Gesundheit 2017“
Pressemitteilung vom 15.03.2017
Am 16. und 17. März findet an der TU Berlin der Kongress „Armut und Gesundheit“ statt. Zur Eröffnung führte Boris Velter, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, folgendes aus:
„Eine sozial gerechte Gesundheitspolitik muss sich daran messen lassen, ob es ihr gelingt, das Menschenrecht Gesundheit zu verwirklichen. Alle Berlinerinnen und Berliner müssen, unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht oder sozialer Lage, Zugang zur Gesundheitsversorgung haben.
Dabei reicht es nicht aus, rein formal darauf zu achten, dass alle eine Krankenversicherung haben. Wie sieht die Gesundheitsversorgung im Alltag aus? Hier sehen wir einen klaren Zusammenhang zwischen dem sozialen Status eines Menschen und seiner Gesundheit. Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt früher. In Berlin ist die mittlere Lebenserwartung im Bezirk Mitte am niedrigsten (78,6 Jahre), während sie in Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf am höchsten ist (81,5 Jahre).
Eine besonders schutzbedürftige Gruppe sind Kinder. Jedes dritte minderjährige Kind in Berlin ist abhängig von staatlichen Transferleistungen (32,2 Prozent). Im Bundesschnitt kommen wir hier auf 14,7 Prozent. Armut wirkt sich auf die physische und psychische Entwicklung aus. Kinder aus armen Familien haben drei Mal häufiger Probleme bei der Hand-Augen-Koordination als Kinder aus besser gestellten Familien. Acht Mal häufiger fällt es ihnen schwer, Sätze nachzusprechen. 16,1 Prozent der armen Kinder sind übergewichtig gegenüber nur knapp 5 Prozent der Kinder aus reicheren Familien.
Der Berliner Senat richtet seine Gesundheitspolitik darauf aus, diese Nachteile auszugleichen: Alle 23 Akteure der Landesgesundheitskonferenz haben sich auf das gemeinsame Ziel verpflichtet, Unterschiede im Hinblick auf Ernährung, Bewegung und Sprachkompetenz abzubauen. Das Berliner Aktionsprogramm Gesundheit stellt Gesundheitsförderung und Prävention in den Mittelpunkt. Fast die Hälfte – rund 40% – der zur Verfügung stehenden Mittel fließen dabei in die Verbesserung der Kindergesundheit. Das Programm wird aufgestockt.
Darüber hinaus wollen wir, dass Arztpraxen aus überversorgten in unterversorgte Gebiete verlagert werden. In unserer Aufsichtsfunktion arbeiten wir gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin daran, eine bedarfsgerechte Versorgung in allen Kiezen sicherzustellen.
Solange das Problem aber nicht als eines erkannt wird, das die gesamte Gesellschaft angeht, wird Gesundheitspolitik oft nur Reparatur bleiben. Arbeitslosigkeit stresst, preiswertere Wohngebiete sind oft schmutziger und lauter und haben weniger Sportstätten. Die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ist nur durch eine Verknüpfung von Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik möglich. Sie ist eine ressortübergreifende Aufgabe des gesamten Senats.“