Rechnungshofgesetz

Abschnitt II - Organisation des Rechnungshofs

§ 2 Zusammensetzung; sonstige Dienstkräfte

(1) Der Rechnungshof besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten als ständige Vertretung und den weiteren Mitgliedern.

(2) Der Rechnungshof gliedert sich in Prüfungsgebiete und eine Präsidialabteilung. Dem Rechnungshof werden Prüferinnen und Prüfer sowie die sonst notwendigen Dienstkräfte in der erforderlichen Zahl beigegeben.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident wird auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus gewählt; der Vorschlag kann einen oder mehrere Namen enthalten. Das Abgeordnetenhaus´stimmt über den Vorschlag ohne Aussprache in geheimer Abstimmung ab. Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf sich vereinigt.

(4) Die weiteren Mitglieder werden auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten vom Senat bestellt. Die Regierende Bürgermeisterin oder der Regierende Bürgermeister händigt ihnen eine Urkunde über die Bestellung aus. Satz 1 gilt auch für die Bestellung eines Mitglieds zur Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten.

(5) Die Prüferinnen und Prüfer sowie die sonstigen Dienstkräfte werden von der Präsidentin oder dem Präsidenten bestellt.

§ 3 Präsidentschaft; Vertretung

(1) Die Präsidentin oder der Präsident leitet und beaufsichtigt die Tätigkeit des Rechnungshofs. Der Präsidentin oder dem Präsidenten obliegt die Führung der Verwaltung, die Verteilung der Geschäfte innerhalb des Rechnungshofs und dessen Vertretung nach außen. Die Präsidentin oder der Präsident leitet die Präsidialabteilung. Die Präsidentin oder der Präsident des Rechnungshofs
erhält zum Jahresbericht des Rechnungshofs im Abgeordnetenhaus das Wort; das Nähere wird durch die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin geregelt.

(2) Die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident vertritt die Präsidentin oder den Präsidenten, soweit durch Abwesenheit, Krankheit oder sonstige Umstände eine Verhinderung an der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte besteht. Im Übrigen übt die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident die Befugnisse der Präsidentin oder des Präsidenten auch insoweit aus, als die Präsidentin oder der Präsident die Vertretung der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten übertragen hat.

(3) Die Vertretungsbefugnis der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten gilt auch für die Aufgaben, die der Präsidentin oder dem Präsidenten außerhalb des in Absatz 1 bezeichneten Geschäftsbereichs kraft Gesetzes obliegen.

(4) Ist die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident durch Abwesenheit, Krankheit oder sonstige Umstände an der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte gehindert, so vertritt die Präsidentin oder den Präsidenten das von dieser oder diesem bestimmte Mitglied.

§ 4 Großes Kollegium

(1) Die Mitglieder des Rechnungshofs bilden das Große Kollegium. Es entscheidet unter dem Vorsitz der Präsidentin oder des Präsidenten in allen Angelegenheiten von grundsätzlicher oder sonst erheblicher Bedeutung sowie in allen Angelegenheiten, die ihm von der Präsidentin oder dem Präsidenten, einem Kleinen Kollegium oder einem anderen Mitglied zur Beschlussfassung unterbreitet werden. Das Große Kollegium entscheidet insbesondere über
  1. die Bemerkungen nach § 97 der Landeshaushaltsordnung und über Berichte nach § 99 der Landeshaushaltsordnung,
  2. Beratungen nach § 88 Abs. 2 der Landeshaushaltsordnung,
  3. die Grundsätze und Richtlinien für die Einheitlichkeit des Prüfungsgeschäfts,
  4. Prüfungsvereinbarungen nach § 93 und § 104 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Landeshaushaltsordnung.

(2) Das Große Kollegium beschließt die Geschäftsordnung. Sie ist dem Abgeordnetenhaus und dem Senat mitzuteilen.

(3) Das Große Kollegium entscheidet mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Kollegium-Vorsitzes den Ausschlag. Das Große Kollegium ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.

§ 5 Mitglieder, Kleine Kollegien

(1) Die Mitglieder des Rechnungshofs leiten die Prüfungen in ihrem Geschäftsbereich in eigener Verantwortung. Entscheidungen des Rechnungshofs gegenüber geprüften Stellen treffen Kleine Kollegien, soweit die Beschlussfassung nicht dem Großen Kollegium vorbehalten ist.

(2) Für jeden Geschäftsbereich wird ein Kleines Kollegium gebildet, dem die zuständige Leitung des Geschäftsbereichs als Kollegium-Vorsitz und ein weiteres Mitglied des Rechnungshofs angehören. Das weitere Mitglied wird im Rahmen der Geschäftsverteilung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 bestimmt.

(3) Berührt eine Angelegenheit nach der Geschäftsverteilung auch andere Prüfungsgebiete, so treten die Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsordnung bei.

(4) Die Präsidentin oder der Präsident kann dem Kleinen Kollegium beitreten. In diesem Fall übernimmt die Präsidentin oder der Präsident den Vorsitz.

(5) Die Kleinen Kollegien entscheiden bei Besetzung mit zwei Mitgliedern einstimmig, im Übrigen mit Stimmenmehrheit. Kann bei Besetzung mit zwei Mitgliedern eine Übereinstimmung oder bei einer Besetzung mit mehr als zwei Mitgliedern eine Stimmenmehrheit nicht erreicht werden, so ist ein Beschluss des Großen Kollegiums herbeizuführen. Die Kleinen Kollegien sind beschlussfähig, wenn bei einer Besetzung mit zwei Mitgliedern alle Mitglieder anwesend sind, im Übrigen, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist.

§ 6 Ernennung; Vereidigung

(1) Die Mitglieder müssen Beamtinnen oder Beamte auf Lebenszeit sein.

(2) Mitglied darf nur werden, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat und eine umfassende Fachausbildung und Erfahrung auf den Gebieten der öffentlichen Verwaltung, der Technik oder der Wirtschaft besitzt. Sollen freie Bewerbende
Mitglied des Rechnungshofs werden, kann der Landespersonalausschuss oder ein von ihm zu bestimmender unabhängiger Ausschuss auf Antrag der Ernennungsbehörde Ausnahmen von § 23 Absatz 3 und § 25 des Laufbahngesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulassen. Ein Drittel der Mitglieder soll die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Rechnungshofs wird von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt.

(4) Die Mitglieder haben bei Antritt ihres Amtes folgenden Eid zu leisten: „Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch getreu der Verfassung und dem Gesetz zu führen und meine ganze Kraft hierfür einzusetzen, so wahr mir Gott helfe.“ Der Eid kann ohne die Worte so wahr mir Gott helfe oder mit einer anderen religiösen Beteuerungsformel geleistet werden. Die Präsidentin oder der Präsident des Rechnungshofs wird vor dem Abgeordnetenhaus durch dessen Präsidentin oder Präsidenten, die weiteren Mitglieder werden durch die Regierende Bürgermeisterin oder den Regierenden Bürgermeister vereidigt.

§ 7
Rechtsstellung

(1) Die Mitglieder sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Hält ein Mitglied seine Unabhängigkeit durch die Geschäftsverteilung für beeinträchtigt, so kann es das Große Kollegium anrufen.

(2) Auf die Mitglieder sind die Vorschriften für Richterinnen und Richter auf Lebenszeit über Dienstaufsicht, Versetzung in ein anderes Amt, Versetzung in den Ruhestand, Entlassung, Amtsenthebung, Altersgrenze und Disziplinarmaßnahmen entsprechend anzuwenden. Eine Abordnung ist nur mit Zustimmung des Mitglieds und nur für eine bestimmte Zeit zulässig.

§ 8 Disziplinarverfahren

(1) Für ein Disziplinarverfahren gegen ein Mitglied auch im Ruhestand, für ein Verfahren bei Fernbleiben vom Dienst (§ 39 Nr. 2 des Berliner Richtergesetzes) oder ein Prüfungsverfahren (§ 39 Nr. 4 und 5 des Berliner Richtergesetzes) sind die Richterdienstgerichte zuständig.

(2) Die nichtständigen Beisitzerinnen und Beisitzer und ihre Stellvertretungen müssen Mitglieder des Rechnungshofs sein. Das Präsidium des Gerichts, bei dem das Richterdienstgericht errichtet ist, bestimmt sie für fünf Geschäftsjahre in der Reihenfolge, die das Große Kollegium des Rechnungshofs vorschlägt. Die Präsidentin oder der Präsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident des Rechnungshofs können nicht Mitglieder eines Richterdienstgerichts sein. Für das Verbot der Amtsausübung und für das Erlöschen des Amts gelten die §§ 42 und 43 des Berliner Richtergesetzes entsprechend.

(3) Auf das Verfahren vor den Richterdienstgerichten sind die Vorschriften des Berliner Richtergesetzes anzuwenden.

§ 9 (aufgehoben)

§ 10 Ausschließung

(1) Mitglieder, Prüferinnen und Prüfer sowie sonstige Dienstkräfte dürfen bei der Erfüllung der Prüfungsaufgaben des Rechnungshofs nicht tätig werden,
  1. in einer Angelegenheit an der sie selbst oder an der Angehörige im Sinne des § 20 Absatz 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 25des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert
    worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, beteiligt gewesen sind oder für die sie selbst oder für die Angehörige Verantwortung tragen,
  2. wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Zweifel an ihrer Unbefangenheit zu rechtfertigen.

(2) Über die Ausschließung von Mitgliedern nach Absatz 1 entscheidet im Zweifelsfall das Große Kollegium. Das betroffene Mitglied darf an der Entscheidung nicht mitwirken.

§ 11 (aufgehoben)