Mit der Automatisierten Datenanalyse (ADA) effizienter prüfen
Neue Herausforderungen für die Prüfungen des Rechnungshofs
Die Digitalisierung des Staates gehört heute zu den weichenstellenden Zukunftsaufgaben der öffentlichen Verwaltung. Damit geht unmittelbar die schnell zunehmende Verfügbarkeit von großen Datenmengen in allen Verwaltungsbereichen einher. Für seine Prüfungen kann der Rechnungshof auf einen großen Datenschatz an Haushalts- und Finanzdaten des Landes zurückgreifen. Durch datenorientierte Arbeitsmethoden und darauf angepasste Prüfungsansätze kann sich der Rechnungshof diesen Datenschatz erschließen.
Die digitale Antwort des Rechnungshofs: Automatisierte Datenanalyse
Um wirtschaftliches und sparsames Verwaltungshandeln zukünftig stärker datenbasiert zu fördern, hat Präsidentin Karin Klingen das Projekt „Automatisierte Datenanalyse“ (ADA) ins Leben gerufen. ADA soll es den Prüfenden ermöglichen, große Datenmengen mit geringem Aufwand zu verarbeiten und methodisch zu untersuchen. Sie sollen insbesondere von manuellen und wiederkehrenden Tätigkeiten bei der Datenaufbereitung entlastet werden. So können sie sich stärker auf die fachliche Datenanalyse konzentrieren. Ausgestattet mit modernen Analysewerkzeugen nehmen Prüfende damit nicht nur am technischen Fortschritt teil, sondern bewegen sich auch auf Augenhöhe mit der Digitalisierung in der Verwaltung. Schließlich können durch automatisierte Datenanalysen noch zielgerichteter Prüfungserkenntnisse für die Berliner Verwaltung gewonnen werden. Dafür ist es auch erforderlich, die Prüfendenden systematisch bei der Weiterentwicklung ihrer Daten- und Analysekompetenz zu
unterstützen.
Datenkompetenz am Rechnungshof als agiles Projekt
Um diese Ziele zu erreichen, entwickelt das Projektteam von ADA seit Ende 2020 Lösungen in einer ergebnisoffenen und flexiblen Arbeitsweise. Diese spezielle Form des Projektmanagements wird als agil bezeichnet und ermöglicht es dem ADA-Team, außerhalb der gewohnten Hierarchien Ideen zu entwickeln, voranzubringen und direkt bei den Bedürfnissen der Prüfenden anzusetzen. Dabei ist es von großem Vorteil, dass die Teammitglieder interdisziplinäre Fähigkeiten in das Projekt einbringen. So arbeiten erfahrene Prüfende, Projektmanagerinnen und Projektmanager sowie Expertinnen und Experten mit Kenntnissen aus der Verwaltung und dem Haushalts- und Vergaberecht zusammen. Darüber hinaus ist die (daten-)technische Expertise ein wichtiges Merkmal des ADA-Teams. Die Teammitglieder bringen unterschiedliche Erfahrungen aus der Datenwissenschaft mit. Außerdem hat der Rechnungshof speziell für diesen Themenbereich einen Data Scientist zur Verstärkung des ADA-Teams eingestellt. Mit
dieser Bandbreite an fachlichem Know-how möchte das ADA-Team zum Wissenstransfer im gesamten Rechnungshof beitragen.
Die Prüfenden stehen bei der Digitalisierung im Fokus
Ein Kernanliegen von ADA ist es, die Prüfenden bei der Gestaltung der technischen Infrastruktur frühzeitig einzubeziehen. Datenanalyse ist kein Selbstzweck. Sie soll einen Mehrwert für die Konzeption und Durchführung von Prüfungen bieten. Aus diesem Grund hat das ADA-Team von Anfang an nach Möglichkeiten gesucht, wie Prüfungshypothesen und bereits vorhandene Datenanalysen der Prüfenden systematisch erfasst werden können. Für diesen Zweck hat das ADA-Team in 2021 eine Kooperation mit der Design-Thinking-School des Hasso-Plattner-Instituts (Universität Potsdam) und interessierten Prüfenden des Rechnungshofs durchgeführt. In der sechsmonatigen Zusammenarbeit haben die Teilnehmenden Lösungen erarbeitet, wie Prüfende sowohl gegenseitig als auch gegenüber dem ADA-Team systematisch ihren Bedarf an Daten und Datenanalyse kommunizieren können. Angewendet wurde die aus dem agilen Projektmanagement stammende Design-Thinking-Methode. Mithilfe dieser Methode können
Innovationen durch kreative Arbeitsformen entwickelt und strukturiert etabliert werden.
Technische Grundlagen: ADA erprobt die Dateninfrastruktur mit den Prüfenden
Für eine erfolgreiche Datenanalyse sind die IT-Infrastruktur und Datenprozesse zentrale Voraussetzungen. In zwei Kooperationen mit Studierenden der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) erarbeitete das ADA-Team ein Konzept für einen Datenverarbeitungsprozess. Gemeinsam mit den Studierenden erörterte das ADA-Team die Anforderungen an den technischen Prozess und konkretisierte die Rahmenbedingungen für die Hard- und Software. Im weiteren Verlauf hat das ADA-Team daraus ein Datenprozess entwickelt, der derzeit in einer Pilotphase mit den Prüfenden aus dem Prüfungsgebiet der Präsidentin erprobt wird. Mithilfe dieses Prozesses können Daten aus unterschiedlichen Quellen der Berliner Verwaltung in eine eigene Datenbank am Rechnungshof eingelesen werden. Das ADA-Team arbeitet mit einer Open Source-Software, mit der die Daten automatisiert für das Einlesen in die Datenbank verarbeitet werden. Für den Abruf und die Nutzung der Daten gibt es vielfältige
Möglichkeiten.
Haushaltprüfung sichtbar machen: Ein Dashboard für eine interaktive Prüfung
Ein Beispiel für die Nutzung des Datenprozesses ist die Visualisierung der Haushaltsdaten des Landes Berlin in einem Dashboard, das in enger Abstimmung mit den Prüfenden entwickelt wurde. Mit einem Dashboard – auf Deutsch Armaturenbrett oder Schaltzentrale – können die Prüfenden vorbereitete Diagramme individuell nach eigenen Wünschen anpassen. Hierfür sind keine Programmierkenntnisse nötig. Die Prüfenden wählen beispielsweise mit Hilfe grafischer Schieberegler oder durch Anklicken die benötigten Daten aus. Die Diagramme aktualisieren sich dann automatisch. Somit können die Prüfenden sofort tiefer in die Analyse einsteigen und neue Erkenntnisse sammeln. Das Dashboard hilft den Prüfenden, die Haushaltsdaten aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten: z. B. können Buchungen übergreifend zwischen der Senatsverwaltung oder den Bezirken einfacher verglichen, Ausgaben und Einnahmen leichter nach thematischen Schwerpunkten dargestellt oder zeitliche
Entwicklungen einzelner Ausgabeposten schneller nachvollzogen und gegenübergestellt werden.
Der Rechnungshof als Austauschpartner bei Digitalisierung und Datenanalyse
Das ADA-Team schaut auch über den eigenen Tellerrand hinaus und verfolgt die aktuellen Entwicklungen zur Digitalisierung. Dafür tauscht sich das ADA-Team regelmäßig mit Vertreterinnen und Vertretern verwandter Projekte der Berliner und anderer Verwaltungen aus und nimmt an Workshops zur Digitalisierung der Verwaltung teil. Ebenso liefern Institutionen außerhalb der Berliner Verwaltung wie beispielsweise Hochschulen wichtige Impulse. Durch die enge Vernetzung im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung möchte ADA erreichen, dass die Projektentwicklung auf einem gemeinsamen Verständnis von Digitalisierung und Datenanalyse basiert.
Von dem Projekt in die Linie: ADA als Datenkompetenzzentrum
Die Erkenntnisse aus der Pilotphase im Prüfungsgebiet der Präsidentin sollen allen Prüfungsgebieten im Rechnungshof nützen. Das ADA-Team beschäftigt sich im weiteren Projektverlauf daher auch mit der Frage, wie die notwendige Datenkompetenz organisatorisch am Rechnungshof verankert werden kann. Ein wesentliches Ziel ist es, ein Datenkompetenzzentrum zu etablieren. Dieses soll als eigenständige Einheit innerhalb des Rechnungshofs für den Wissenstransfer in die Prüfungsgebiete verantwortlich sein. Dafür soll das Datenkompetenzzentrum sowohl die Prüfungen mit datentechnischer Expertise für komplexe Analysen unterstützen als auch die Prüfenden für eine eigene Datennutzung im Sinne einer ganzheitlichen Datenkompetenz schulen.
Mit ADA Herausforderungen der Verwaltung meistern
Ein innovatives Datenprojekt in der öffentlichen Verwaltung stellt die Verantwortlichen regelmäßig auch vor regulatorische und organisatorische Herausforderungen. Hier gilt es unter den gegebenen Rahmenbedingungen immer wieder aufs Neue nach Lösungen zu suchen. Das betrifft insbesondere von der reinen Datenanalyse unabhängige Themen wie Vergabe, Datenschutz und IT-Sicherheit, die das ADA-Team seit dem Projektstart begleiten. Mit der Zeit hat das Team auch in diesen Bereichen die notwendigen Kenntnisse aufgebaut und trägt dadurch aktiv zu einer ganzheitlichen Sicht auf das Thema Digitalisierung am Rechnungshof bei.
Wie digital kann der Rechnungshof mit ADA noch werden?
Wichtigstes Ziel des ADA-Projekts ist es, die aus den Daten zu gewinnenden Erkenntnisse als integralen Bestandteil regelmäßig in die Prüfungen einzubeziehen. Dabei soll die Datenanalyse nur dort als Methode zur Anwendung kommen, wo sie einen sinnvollen Mehrwert für die Prüfungsergebnisse leisten kann. Digitalisierung des Rechnungshofs bedeutet daher nicht, dass bewährte Prüfungsmethoden durch automatisierte Datenanalysen verdrängt werden. Vielmehr möchte ADA dabei unterstützen, dass das Spektrum an Prüfungsmethoden noch breiter wird und somit die unabhängige Finanzkontrolle der Berliner Verwaltung auch in den kommenden 70 Jahren nachhaltig und innovativ gestaltet werden kann. Das Datenkompetenzzentrum soll zudem die technologische Weiterentwicklung des Rechnungshofs vorantreiben, damit die Grundlagen für fortgeschrittene Methoden wie Künstliche Intelligenz geschaffen werden können.