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Die Durchwahlen sind unverändert.

Präsidentin Karin Klingen vor dem Abgeordnetenhaus am 21.3.2024

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Auch an einem Tag wie heute ist es für mich eine besondere Freude, hier im Abgeordnetenhaus reden zu können und Ihnen den aktuellen Jahresbericht des Rechnungshofs vorstellen zu können. Das sind 256 Seiten, die sich zu lesen lohnen. Sie enthalten die Ergebnisse der wesentlichen Prüfungen des Rechnungshofs.

Ich will Ihnen nur einige der vielfältigen Themen nennen, so unter anderem die fehlende Steuerung bei der Schuldner- und Insolvenzberatung, das Scheitern der Einrichtung der zentralen Vergabestellen, die mangelnde IT-Sicherheit bei öffentlichen Institutionen und die Wohnraumversorgungsanstalt, die ihren eigentlichen Auftrag nicht erfüllt und stattdessen andere Aufgaben wahrgenommen hat.

Der Jahresbericht zeigt hier schon erste Wirkungen. So soll die Struktur der Anstalt künftig entsprechend den Vorschlägen des Rechnungshofs geändert werden.

Ein wesentlicher Teil des Jahresberichts befasst sich mit der Finanzlage des Landes. Hierzu muss ich mich heute deutlich äußern, denn der Berliner Landeshaushalt steht kurz vor einer Krise. Der aktuelle Doppelhaushalt hat ein bisher nicht gekanntes Rekordniveau von rund 40 Milliarden Euro jährlich erreicht. Diese Ausgaben sind nicht durch entsprechende Einnahmen gedeckt. Das liegt nicht etwa daran, dass Berlin ein Problem mit der Einnahmensituation hätte. Die Einnahmen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, aber die Ausgabenwünsche sind sehr viel stärker gestiegen.

Diese Entwicklung wurde durch sehr hohe Notlagenkredite überlagert, die im Jahr 2020 zur Bekämpfung der Coronapandemie aufgenommen wurden. Damit ist die Einnahmesituation aber nur scheinbar verbessert worden. Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass auch für diese Notlagenkredite das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gilt. Wie der Rechnungshof schon 2020 angemahnt hatte, durften die Kredite nur zur Bekämpfung der Coronanotlage verwendet werden und hätten dafür zeitnah ausgegeben werden müssen.

Das Jahr 2023 weist nun nach dem vorläufigen Jahresabschluss ein Defizit von 1,8 Milliarden Euro aus. Aber anstatt jetzt bei der Aufstellung des aktuellen Doppelhaushalts umzusteuern und die Ausgaben zurückzufahren, wurden sie noch einmal drastisch erhöht.

Wie ist das möglich ohne entsprechende Einnahmen?

Zunächst sind fast alle langjährigen Rücklagen aufgelöst worden. Ein einmaliger Vorgang, der nicht wiederholt werden kann. Aber selbst das reicht nicht aus, um das große Defizit oder – lassen Sie es mich deutlich sagen – das Haushaltsloch zu schließen. Als letzter Rettungsanker wurden pauschale Minderausgaben in bisher nicht gekannter Höhe von rund 2 Milliarden Euro jährlich in den Haushalt eingestellt. Das sind rund 5,9 Prozent des Haushalts. Diese Summe muss im laufenden Haushalt noch eingespart werden, ohne dass klar ist, wie und an welcher Stelle das gelingen kann. So darf ein Haushalt nicht aussehen.

Verwaltungen und durch öffentliche Mittel geförderte Einrichtungen sind verunsichert, was in den nächsten beiden Jahren noch finanziert werden kann. Das Prinzip Hoffnung, dass es in der Haushaltswirtschaft immer besser läuft als geplant, ist keine Lösung.

Es ist Ihre Aufgabe, hierauf schnellstmöglich Antwort zu geben. Wenn Sie dieses Ausgabenniveau so weiterführen, dann werden in den Jahren 2026 und 2027 Defizite von mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr entstehen. Stellen Sie sich vor, wie die Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2027 auf den heutigen Haushalt blicken werden. Sie werden sich fragen: Wie konnte es soweit kommen? Warum ist Berlin zu hoch verschuldet? Warum hat es kaum noch finanzielle Handlungsmöglichkeiten? Wir hatten doch Rücklagen und Steuereinnahmen.

Jeder, der 2027 in politischer Verantwortung ist, wird vor der Schwierigkeit stehen, überhaupt einen Haushalt unter diesen Rahmenbedingungen aufstellen zu können. Wollen Sie das? Sie tragen mit Ihren jetzigen Entscheidungen eine große Verantwortung für die Zukunft Berlins. Deshalb appelliere ich dringend an Sie: Nutzen Sie die Chance, und steuern Sie jetzt um! Setzen Sie Prioritäten bei den Ausgaben! Berlin darf nicht dauerhaft über seine Verhältnisse leben. Wenn das Land weiter so viel mehr ausgibt als es einnimmt, sind die Berliner Finanzen in Kürze nicht mehr tragfähig.

Der Rechnungshof hat auch zu weiteren aktuellen Themen beraten, so in der Krise des rbb. Der Berliner Rechnungshof hat nicht nur gemeinsam mit dem Landesrechnungshof Brandenburg umfangreiche Prüfungen, unter anderem zur wirtschaftlichen Situation und zur Vergütungsstruktur der in Führungsebene des rbb, durchgeführt, sondern die beiden Rechnungshöfe haben mehr als 100 Reformempfehlungen für den Staatsvertrag des rbb entwickelt, die fast alle übernommen wurden.

Bahnbrechend war insbesondere die Empfehlung, die Vergütung der Intendantinnen und Intendanten zukünftig am öffentlichen Dienst zu orientieren. Sie ist nicht nur in den Staatsvertrag des rbb übernommen worden, sondern hat inzwischen auch Eingang in den ersten bundesweiten Entwurf eines neuen Medienstaatsvertrags gefunden. Das halte ich für einen großen Erfolg des Rechnungshofs.

Schließlich hat sich der Rechnungshof frühzeitig auch zu dem geplanten Sondervermögen für Klimaschutz, Transformation und Resilienz in einer beratenden Stellungnahme geäußert. In einer Anhörung noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat der Rechnungshof durchgreifende rechtliche Bedenken vorgebracht, die später durch das Verfassungsgerichtsurteil und das Gutachten einer Rechtsanwaltskanzlei bestätigt wurden. Der Rechnungshof begrüßt ausdrücklich, dass die ursprünglichen Pläne einer erneuten Notlagenkreditaufnahme nunmehr überdacht werden. Er wird die weitere Diskussion um alternative Finanzierungswege für die geplanten Maßnahmen begleiten. Er warnt davor, nun den vermeintlichen Spielraum zu überdehnen, den finanzielle Transaktionen zu eröffnen scheinen. Sinn und Zweck der Schuldenbremse ist nicht, dass staatliche Ausgaben aus dem Kernhaushalt in Landesunternehmen übertragen werden, um auf diesem Weg eine nach der Schuldenbremse nicht vorgesehene Kreditaufnahme zu ermöglichen.

Auch finanzielle Transaktionen müssen unter dem Gesichtspunkt der Tragfähigkeit der Landesfinanzen betrachtet werden und im Einzelnen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. Zudem müssen sie vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenregelungen sorgfältig geprüft werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Rechnungshof haben Sie eine Institution, die unabhängig prüft. Ich freue mich, wenn Sie unsere Empfehlungen nutzen. Es ist aber auch Aufgabe des Rechnungshofs, unangenehme Ergebnisse auszusprechen. Ich empfinde es als hohen Wert, dass Sie als Parlament und Regierung diese Diskussion mit einer unabhängigen Prüfinstanz so führen, denn gerade auch die sachliche Auseinandersetzung über manchmal unterschiedliche Standpunkte trägt dazu bei, das Vertrauen in den Staat und in die Demokratie zu stärken, und das können wir in diesen Zeiten brauchen.

Die Beiträge des Jahresberichts werden nun im Einzelnen im Unterausschuss Haushaltskontrolle behandelt. Ich freue mich auf diese immer konstruktiven und sachlichen Beratungen.

Vielen Dank!