Pressemitteilung zum Ergebnisbericht 2008

Pressemitteilung vom 10.11.2008

Der Rechnungshof veröffentlicht heute seinen Ergebnisbericht 2008. Dieser nimmt inhaltlich Bezug auf den Jahresbericht 2006, den der Rechnungshof im Mai 2006 dem Abgeordnetenhaus und dem Senat zuleitete und der Öffentlichkeit vorstellte. Der Ergebnisbericht greift die damaligen Prüfungsfeststellungen und die seinerzeit vom Rechnungshof gezogenen Schlussfolgerungen auf, schildert deren parlamentarische Behandlung im Rahmen des sog. Entlastungsverfahrens und dokumentiert die von der Verwaltung ergriffenen Maßnahmen.

Im Rahmen des Entlastungsverfahrens bewertet das Abgeordnetenhaus zunächst die vom Rechnungshof aufgezeigten Sachverhalte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Senats und beschließt über einzuleitende Maßnahmen. Das Abgeordnetenhaus hat sich dabei erneut ganz überwiegend den Wertungen des Rechnungshofs angeschlossen und, soweit erforderlich, entsprechende Auflagen an Senat und Bezirksämter beschlossen. Der Rechnungshof sieht die breite Übereinstimmung gleichermaßen als Wertschätzung und Bestätigung seiner Arbeit. Lediglich in einigen wenigen Fällen sind Kritikpunkte und Empfehlungen des Rechnungshofs nicht aufgegriffen worden.

- So hatte der Rechnungshof die Ausgaben in Millionenhöhe für das „Sozialticket“ problematisiert (z. B. 4,8 Mio. € im Jahr 2005) und darauf hingewiesen, dass die Finanzierungszuständigkeit seit Anfang 2005 für über 80 v. H. der Berechtigten („Hartz IV“-Empfänger) beim Bund liegt und dessen Leistungen auch Fahrtkosten umfassen. Abgeordnetenhaus und Senat wollen jedoch weiterhin ein verbilligtes „Sozialticket“ im öffentlichen Personennahverkehr als freiwillige Zusatzleistung Berlins anbieten und finanzieren, um die Mobilität dieses Personenkreises zu erhöhen (T 222 bis 229).

- Vor dem Hintergrund der Finanzlage Berlins und eines Sanierungsbedarfs allein bei den bezirklichen Sportanlagen von 273 Mio. € hatte der Rechnungshof eine Änderung des Sportförderungsgesetzes mit dem Ziel angeregt, Sportorganisationen an der Unterhaltung und Bewirtschaftung der ihnen bisher unentgeltlich bereitgestellten öffentlichen Sportanlagen angemessen zu beteiligen, um so den Bestand und die Funktionsfähigkeit auf Dauer sicherstellen zu können. Er hatte zuvor festgestellt, dass alle bisherigen Versuche, Sportorganisationen zur freiwilligen Übernahme von Betreiberpflichten für öffentliche Sportanlagen zu bewegen, wenig erfolgreich waren. Dennoch hält der Senat im Wesentlichen an seiner bisherigen Strategie fest; der Vorschlag einer Änderung des Sportförderungsgesetzes wurde vom Abgeordnetenhaus aus sportpolitischen Gründen nicht weiter verfolgt (T 148 bis 161).

- Bei der Vergabe von Bauleistungen durch Baudienststellen Berlins war der Anteil öffentlicher Ausschreibungen seit 1996 kontinuierlich zurückgegangen. Der Rechnungshof hatte deswegen die Erwartung geäußert, dass der Senat die bestehende Wertgrenze von 100 000 €, unterhalb derer ohne weitere Begründung Ausnahmen vom gesetzlichen Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung gerechtfertigt werden können, senkt, damit für Berlin die wirtschaftlichsten Ausschreibungsergebnisse erzielt werden. Aufgrund von Prüfungsergebnissen des Rechnungshofs können bei öffentlicher Ausschreibung häufig 20 bis 30 v. H. des Auftragsvolumens im Vergleich zur beschränkten Ausschreibung eingespart werden. Eine Absenkung der derzeit geltenden Wertgrenze wurde jedoch, auch unter Berücksichtigung, dass aus Kreisen des Berliner Mittelstandes sogar eine Erhöhung der Wertgrenze gefordert wird, verworfen (T 175 bis 181).

Der Rechnungshof weist darauf hin, dass seine Aufgabenstellung vor allem eine Fokussierung auf die finanziellen Belange Berlins erfordert. Diese können – wie in vorstehenden Fällen – von anderen politischen Zielsetzungen abweichen.

Für die übrigen Fälle des Jahresberichts lassen sich indes erfreuliche Entwicklungen vermelden.

Beachtliche Einsparungen öffentlicher Mittel ergeben sich in folgenden Fällen:

- Der Rechnungshof hatte festgestellt, dass die Bezirksämter ihre Arbeitsgebiete oft nicht mit der gebotenen Sorgfalt bewertet hatten. Infolge fehlerhafter Bewertungsfeststellungen entstanden Personalmehrausgaben von schätzungsweise 2 Mio. € allein in drei geprüften Bezirken. Entsprechend der Forderung des Rechnungshofs hat die Senatsverwaltung für Finanzen inzwischen neue Regelungen zum Bewertungsverfahren getroffen, mit denen sie stärker beteiligt wird. Diese haben bewirkt, dass die Bewertungsdefizite abgebaut werden. Zudem haben die Bezirksverwaltungen teilweise organisatorische Konsequenzen gezogen, um eine ordnungsgemäße Bewertung sicherzustellen (T 104 bis 111).

- Ungerechtfertigte Personalmehrausgaben wegen pauschaler Abgeltung dienstbedingter Mehraufwendungen hatte der Rechnungshof auch bei der Polizei und der Steuerverwaltung beanstandet. Insbesondere die Zahlung eines sog. Bewegungsgeldes an Beamte im Außendienst der Kriminalpolizei und des Steuerfahndungsdienstes war sachlich nicht begründet und erfasste noch Abgeltungstatbestände, die im übrigen Landesdienst nicht mehr berücksichtigt wurden. Zum 30. Juni 2007 ist das pauschale Bewegungsgeld bei der Polizeibehörde (einschl. Verpflegungsmehraufwand und Zivilkleiderentschädigung) und bei der Steuerverwaltung entfallen; entsprechender Mehraufwand wird nur noch im Wege der Einzelabrechnung abgegolten. Das veränderte Abrechnungsverfahren führt zu jährlichen Einsparungen von mindestens 2 Mio. € (T 92 bis 103).

- Bei der Charité hatte der Rechnungshof die hohen jährlichen Verluste im ambulanten Bereich problematisiert (z. B. für das Jahr 2003 bei den Hochschulambulanzen 39,2 Mio. € und bei den Zahnkliniken 8,6 Mio. €). Er hatte die Charité aufgefordert, die kostenverursachenden Faktoren zu analysieren, und Empfehlungen zur Reduzierung der Kosten gegeben. Die inzwischen eingeleiteten Maßnahmen führen zu Entlastungen in zweistelliger Millionenhöhe. Wesentliche Elemente zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Hochschulambulanzen sind die Gründung medizinischer Versorgungszentren, die Kooperation mit niedergelassenen Ärzten, die Zentralisierung der Ambulanzen an jedem Campus sowie eine Erlös- und Abrechnungsoptimierung. Eine Kostensenkung bei den Zahnkliniken wird durch deren Zusammenlegung an einem Standort, organisatorische Verbesserungen in der Leistungserfassung und -abrechnung sowie Personaleinsparungen erreicht (T 351 bis 358).

- Auch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe nahmen über Jahre Millionenverluste aus ihrer Betriebsgastronomie in Kauf (z. B. für das Jahr 2004 4,4 Mio. €), Einsparpotenziale blieben ungenutzt. Der Rechnungshof hatte gefordert, die Kosten deutlich zu reduzieren. Mit der Reduktion auf zunächst 13 Kantinenstandorte und der Konzentration auf eine Zentralküche ist es gelungen, den Fehlbetrag der Betriebsgastronomie im Geschäftsjahr 2007 auf 3,5 Mio. € zurückzuführen. Im Dezember 2007 wurde mit dem Gesamtpersonalrat ein Kantinenkonzept vereinbart, das u. a. bei einer Vielzahl von Artikeln zu Preiserhöhungen geführt hat. Darüber hinaus sollen bis Ende des Jahres 2008 zwei weitere Kantinenstandorte geschlossen werden (T 332 bis 339).

- Nicht ausgeschöpfte Einsparpotenziale sah der Rechnungshof zudem beim Liegenschaftsmanagement der Hochschulen. Der Rechnungshof hatte die Erwartung geäußert, dass die Hochschulen die Zusammenarbeit hier ausbauen, ggf. gemeinsame Strukturen schaffen und durch geeignete Steuerungsinstrumente eine sparsame Inanspruchnahme und Nutzung von Flächen sicherstellen. Die Universitäten haben insbesondere auf den Gebieten der Standortentwicklungsplanung, des Flächenmanagements und der Kosten- und Leistungsrechnung die Zusammenarbeit intensiviert. Sie haben u. a. die Bedarfsplanung abgestimmt und festgelegt, dass sie bis 2012 ihre Flächen um rd. 70 000 m² reduzieren. Mit dem Ziel, die verbleibenden Flächen optimal zu nutzen, erarbeiten sie zurzeit interne Mieter-Vermieter-Modelle. Die Fach- und Kunsthochschulen haben im Rahmen einer Projektarbeit begonnen, in ihren Bereichen Möglichkeiten der Optimierung des Liegenschaftsmanagements zu untersuchen (T 292 bis 305).

- Der Rechnungshof hatte zudem auf die rückläufige Nachfrage nach den beiden Studienkollegs an der Freien Universität Berlin und an der Technischen Universität Berlin, für die insgesamt jährlich 1,2 Mio. € aufgewendet wurden, hingewiesen und Konsequenzen gefordert. Künftig sollen Vorbereitungslehrgänge und Prüfungen zur Erlangung der Studienbefähigung nur noch vom Studienkolleg an der Technischen Universität Berlin angeboten werden. Die Freie Universität Berlin wird ihr Studienkolleg bis 2010 auflösen und die vorhandenen Kapazitäten für die Betreuung ausländischer Studierender einsetzen (T 306 bis 313).

In einigen Fällen ist die parlamentarische Behandlung der Beanstandungen aus dem Jahresbericht 2006 noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus bleibt noch abzuwarten, ob gegebene Zusagen eingehalten bzw. eingeleitete Maßnahmen wirksam werden. Der Ergebnisbericht ist insofern als Momentaufnahme anzusehen, mit der auch auf noch ausstehende Entwicklungen aufmerksam gemacht werden soll.

- Der Rechnungshof hatte darauf hingewiesen, dass der IT-Einsatz im Bereich der Personalverwaltung mit dem IT-Verfahren Integrierte Personalverwaltung (IPV) nicht die erwünschten Netto-Einsparungen von 150 Mio. € erbringen würde und insgesamt verbesserungsbedürftig ist. Die Anregungen des Rechnungshofs zum IPV-Verfahren wurden von der Senatsinnenverwaltung aufgegriffen und führen u. a. zu einem sukzessiven Ausbau des Leistungsumfangs und zu Verfahrensänderungen. Die angestrebte Wirtschaftlichkeit von IPV ist aber noch nicht erreicht (T 82 bis 91).

- Infolge unzureichender IT-Unterstützung bestanden bei der Polizei erhebliche Probleme bei der Stellenverwaltung und der Steuerung des Personaleinsatzes. Diese begünstigten u. a. eine nicht sachgerechte Ausweitung der Verwaltung zulasten der Schutzpolizei. Inzwischen wurde bei der Polizei der Umstieg auf IPV überwiegend vollzogen; dadurch konnten 33 Dienstkräfte im zentralen Personalservice eingespart werden. Allerdings werden weiterhin zentrale und dezentrale Datenbestände vorgehalten, die weder einheitlich erfasst noch mit dem IPV-Verfahren abgestimmt sind. Es bedarf weiterer Verbesserungen der IT-gestützten Verwaltungsabläufe, auch um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass gesicherte Grundlagen für einen effizienten, bürgernahen Personaleinsatz zur Verfügung stehen (T 112 bis 122).

- Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte bei der Neuordnung des Facility Managements der Berliner Forsten versäumt, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Zudem hatten die Berliner Forsten davon abgesehen, bei der Übertragung der Aufgaben der Immobilienverwaltung auf einen Geschäftsbesorger eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen und damit die wirtschaftlichste Lösung im Wettbewerb zu suchen. Die Senatsverwaltung hat inzwischen eine öffentliche Neuausschreibung der Leistungen zugesagt, die Berliner Forsten haben hierzu ein Interessenbekundungsverfahren eingeleitet. Der erwarteten nachträglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Wege einer Erfolgskontrolle hat die Senatsverwaltung bisher nicht entsprochen (T 198 bis 209).

- Die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung hatte Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) erst mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen bei der Europäischen Kommission abgerufen. Dies ist nicht hinnehmbar, weil Berlin für die aus diesem Fonds finanzierten Maßnahmen in jährlich dreistelliger Millionenhöhe zunächst in Vorleistung gehen muss. Der Rechnungshof hatte gefordert, dass die Senatsverwaltung künftig zeitnah Erstattungsanträge stellt, um weitere Zinsbelastungen zu vermeiden und ein zeitnahes und nachvollziehbares Abrechnungsverfahren sicherstellt. Dies ist noch immer nicht gelungen. Die Senatsverwaltung sieht sich mit dem vorhandenen Personal nicht in der Lage, zusätzliche Zahlungsanträge im Jahr zum Zwecke der Begrenzung der Vorfinanzierung zu realisieren. Ein EDV-Begleitsystem, welches dieses ermöglichen soll, befindet sich noch in der Entwicklung (T 215 bis 221).

- Schon in den Jahren 2004 und 2005 hatte der Rechnungshof beanstandet, dass die Berliner Verkehrsbetriebe, die Berliner Stadtreinigungsbetriebe und die Berliner Wasserbetriebe zahlreichen Führungskräften unterhalb der Vorstandsebene überhöhte Vergütungen zahlen und sachlich nicht gerechtfertigte Nebenleistungen gewähren. Im Jahr 2006 hatte er sodann die Leistungen an die Vorstände der drei Anstalten betrachtet. Er kritisierte hier neben erheblichen Steigerungen der Jahresbezüge auch unangemessen hohe Abfindungen bei vorzeitiger Beendigung von Dienstverhältnissen und üppige Leistungszusagen für die Altersversorgung. Der Rechnungshof hatte gefordert, die wirtschaftliche Sonderstellung der Anstalten im Wirtschaftsleben stärker zu beachten, ungerechtfertigte Leistungen nicht mehr zu gewähren und künftig auch bei den Personalaufwendungen für Vorstände und leitende Angestellte Einsparungen vorzusehen. Der Senat hat zugesagt, die vom Rechnungshof erhobenen Forderungen beim Abschluss von Neuverträgen zu berücksichtigen, und darauf hingewiesen, dass die Berliner Verkehrsbetriebe die Jahresvergütung der Vorstandsmitglieder und der außertariflichen Angestellten um 12 v. H. abgesenkt haben. Bemühungen, mit den im Amt befindlichen Vorstandsmitgliedern der Berliner Stadtreinigungsbetriebe und der Berliner Wasserbetriebe einvernehmliche Abänderungen ihrer Dienstverträge zu erreichen, seien gescheitert. Die Bereitschaft zur Vertragsanpassung hinsichtlich gewährter Nebenleistungen sei auch nur gegeben, wenn hierfür ein finanzieller Ausgleich beim Festgehalt vorgenommen werde. Dies liege nicht im Interesse der Unternehmen. Der Rechnungshof bedauert, dass Vorstandsmitglieder weiterhin keine Bereitschaft zeigen, vertraglich vereinbarte, jedoch unangemessene Leistungen einvernehmlich zurückzuführen (T 314 bis 331).

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