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Pressemitteilung zum Jahresbericht 2015

Pressemitteilung vom 11.05.2015

Der Rechnungshof legt heute entsprechend seinem Verfassungsauftrag den Jahresbericht 2015 dem Abgeordnetenhaus vor und unterrichtet den Senat.

Der Jahresbericht 2015 enthält eine allgemeine Darstellung zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung Berlins sowie Prüfungsfeststellungen zu der vom Senat im September 2014 dem Abgeordnetenhaus vorgelegten Haushalts- und Vermögensrechnung 2013. Zudem werden in insgesamt 19 Beiträgen bedeutsame Ergebnisse der Prüfungen des vergangenen Jahres vorgestellt. Der Bericht dient dem Abgeordnetenhaus als Grundlage für seine Entscheidung über die Entlastung des Senats für das Haushaltsjahr 2013, ggf. einzuleitende Maßnahmen und die Missbilligung von Verwaltungshandeln.

Der Rechnungshof beanstandet anhand von Einzelfällen unnütze Geldausgaben, entgangene Einnahmen sowie ineffektives oder nicht korrektes Verwaltungshandeln. Sein besonderes Augenmerk gilt strukturellen oder exemplarischen Verfahrensmängeln. Der Rechnungshof erwartet deshalb, dass nicht nur die geprüften Stellen, sondern alle Behörden und Einrichtungen Berlins den Jahresbericht auswerten und entsprechende Schlussfolgerungen für ihre Bereiche ziehen.

Nachfolgend wird ein Überblick über die im Jahresbericht 2015 enthaltenen Beiträge gegeben.

Finanzlage
Trotz günstiger Entwicklung: Es ist weiterhin geboten, den Konsolidierungskurs und den Schuldenabbau konsequent fortzusetzen. Dabei ist den steigenden Anforderungen einer wachsenden Stadt durch entsprechend hohe Investitionen in die Infrastruktur Rechnung zu tragen.

In Jahr 2014 hat sich die Einnahmesituation Berlins konjunkturbedingt weiter verbessert und es wurde ein hoher Finanzierungsüberschuss erzielt. Er liegt nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen bei 876 Mio. €. Der Haushaltsplan 2015 sieht keine neue Schuldenaufnahme vor und auch für die Jahre 2016 und 2017 geht der Senat davon aus, dass er einen ausgeglichenen Haushalt erreichen kann. Somit könnte die Schuldenregel des Grundgesetzes („Schuldenbremse“), die den Ländern ab 2020 grundsätzlich Haushalte ohne Nettokreditaufnahme vorschreibt, bereits deutlich früher eingehalten werden.

Nach dem Nachtragshaushaltsplan 2015 wird der Finanzierungsüberschuss in diesem Jahr allerdings von 217 Mio. € auf 19 Mio. € sinken. Mit dem Eckwertebeschluss des Senats vom 3. März 2015 wurden die nach der Finanzplanung 2014 bis 2018 für die Jahre 2016 und 2017 geplanten Finanzierungsüberschüsse von 208 und 210 Mio. € ebenfalls deutlich auf 37 und 29 Mio. € verringert. Der Senat begründet dies mit zu erwartenden Mehrausgaben im Bereich Personal und höheren Sachausgaben, vor allem für die „Wachsende Stadt“, die nur teilweise durch höhere Einnahmen ausgeglichen werden.

Mit dem „Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens Infrastruktur der Wachsenden Stadt“ hat das Abgeordnetenhaus im Dezember 2014 beschlossen, diesem Sondervermögen künftig grundsätzlich die Hälfte der Finanzierungsüberschüsse zuzuführen. Für den Haushaltsüberschuss des Jahres 2014 wird dies durch das Nachtragshaushaltgesetz 2015 umgesetzt. Aus dem Sondervermögen sollen Investitionen im Umfang von 496 Mio. € insbesondere in die soziale Infrastruktur, die Verkehrsinfrastruktur, in Schulen, Kitas, Sportanlagen und zwei Multifunktionsbäder getätigt werden.

Der Rechnungshof hatte bereits in der Vergangenheit die Erwartung geäußert, dass die Investitionstätigkeit Berlins den Anforderungen an eine prosperierende Stadt gerecht wird. Insoweit geht die Bereitstellung zusätzlicher Investitionsmittel für die Infrastruktur Berlins in die richtige Richtung. Der Rechnungshof erwartet allerdings, dass der Veranschlagung von Ausgaben für konkrete Maßnahmen im Rahmen des Sondervermögens die entsprechenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnung und damit ordnungsgemäße und vollständige Planungsunterlagen zugrunde gelegt werden.

Für die Jahre 2015 bis 2017 sind bisher keine Finanzierungsüberschüsse geplant, die eine Zuführung weiterer Mittel an das Sondervermögen erlauben würden. Eine einmalige Bereitstellung investiver Mittel dürfte allerdings nicht ausreichen, da die im Haushaltsplan veranschlagten Investitionsausgaben auch in den kommenden Jahren auf niedrigem Niveau bleiben. Sie sollen im nächsten Doppelhaushalt 2016/2017 gegenüber der Finanzplanung 2014 bis 2018 nur jeweils um 32 Mio. € (2,3 %) erhöht werden.

Wegen des hohen Schuldenstands bleibt die Finanzlage Berlins äußerst angespannt: Die Pro-Kopf-Verschuldung war Ende 2013 mit rd. 17 800 € ebenso wie die Schuldenstandsquote von rd. 55 % des Bruttoinlandsprodukts weiterhin am zweithöchsten nach Bremen. Die Schulden Berlins betrugen Ende 2014 noch mehr als 60 Mrd. € und die damit verbundene Zinslast wird – trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase – auch in den kommenden Jahren voraussichtlich bei mindestens 1,8 Mrd. € jährlich liegen. Der Rechnungshof hält es daher für geboten, den Konsolidierungskurs und den Schuldenabbau konsequent fortzusetzen (vgl. T 8 bis 32).

Erhaltung der Straßeninfrastruktur
Besorgniserregender Zustand der öffentlichen Straßen Berlins: Es fehlt an einem systematischen Erhaltungsmanagement, an bedarfsgerechten Erhaltungs- und Finanzierungsstrategien und an der Festlegung eines Abbaupfads für den Sanierungsstau – der Senat muss umgehend handeln.

Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist eine wesentliche Basis für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand. Die öffentlichen Straßen Berlins befinden sich jedoch in einem besorgniserregenden Zustand. Die Ausgaben für die Straßenunterhaltung bleiben seit Jahren erheblich hinter den Erfordernissen zurück. Der Rechnungshof hatte dies bereits in seinen Jahresberichten 1999 und 2005 kritisiert. Er hatte den Senat und die Bezirksämter aufgefordert, für eine bedarfsgerechte Bauunterhaltung zu sorgen, um einen an die Substanz gehenden Verfall der Straßeninfrastruktur zu vermeiden.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat bisher nicht für die Einführung eines Straßenerhaltungsmanagements in den Berliner Bezirken gesorgt. Nach wie vor orientieren sich die Ausgaben für die Straßenunterhaltung nicht an dem zustandsbezogen ermittelten Bedarf. Die Bezirksämter schätzen die Kosten für den Abbau des aufgelaufenen Erhaltungsrückstands im Bereich der öffentlichen Straßen mittlerweile auf mehr als 1,3 Mrd. €. Der sich daraus ergebende Handlungsdruck zwingt dazu, den Erhalt der öffentlichen Straßen Berlins im Rahmen eines Erhaltungsmanagements systematisch zu betreiben und die begrenzten Finanzmittel auf dieser Grundlage bedarfsgerecht einzusetzen. Hierzu ist es erforderlich, den Zustand der Straßen zu erfassen und zu bewerten. Mit diesen zustandsbezogenen Informationen müssen bedarfsgerechte Erhaltungsstrategien entwickelt und Bauprogramme aufgestellt werden. Der kurz-, mittel- und langfristige Finanzbedarf für den Straßenerhalt ist zu ermitteln und die Finanzierung ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit Berlins sicher zu stellen. Insbesondere ist ein Zeithorizont festzulegen, innerhalb dessen der aufgelaufene Sanierungsstau konsequent abgebaut wird. Die Senatsverwaltung hat hierfür weder die notwendigen konzeptionellen und sachlichen Voraussetzungen noch die erforderlichen Vorgaben geschaffen. Wenn sie nicht umgehend handelt, werden die Mobilität und die wirtschaftliche Entwicklung Berlins durch eine zunehmend unzureichende Straßeninfrastruktur gefährdet. Die notwendigen Ausgaben für die Infrastruktur müssen Bestandteil einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung des Senats sein (vgl. T 60 bis 104).

Planung und Finanzierung von Bauinvestitionen
Erhebliche systemische Mängel bei der Veranschlagung von Ausgaben für Baumaßnahmen: Seit Jahren werden in Berlin entgegen den gesetzlichen Vorgaben in großem Umfang neue Baumaßnahmen der Hauptverwaltung ohne geprüfte und genehmigte Bauplanungsunterlagen in die Haushaltspläne aufgenommen. Dies ist riskant und führt oft zu Kostensteigerungen im weiteren Verfahren.

Öffentliche Baumaßnahmen sind in der Regel umfangreiche und komplexe Projekte. Sie sind oft mit hohen Investitionen und erheblichen Kostenrisiken verbunden. Um diese Risiken zu minimieren, müssen die Baumaßnahmen sorgfältig und vollständig geplant werden. Hierzu haben sie einen vorgeschriebenen gestuften Planungsprozess zu durchlaufen. Am Ende dieses Prozesses stehen geprüfte und genehmigte Bauplanungsunterlagen, die Angaben zur Bauausführung, zu den Kosten, zur vorgesehenen Finanzierung und zum Zeitplan enthalten. Damit das Abgeordnetenhaus als Haushaltsgesetzgeber eine fundierte Grundlage für seine Etatentscheidungen hat, dürfen Ausgaben für Baumaßnahmen nach der Landeshaushaltsordnung grundsätzlich erst dann im Haushaltsplan veranschlagt werden, wenn hierfür geprüfte und genehmigte Bauplanungsunterlagen vorliegen. Nur ausnahmsweise und unter sehr strengen Voraussetzungen darf von diesen gesetzlichen Vorgaben abgewichen werden.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass das gesetzlich vorgeschriebene Regel-Ausnahme-Verhältnis tatsächlich in das Gegenteil verkehrt wurde: In den Doppelhaushaltsplänen 2008/2009 bis 2014/2015 wurden mehr als 75 % der neu beginnenden Baumaßnahmen der Hauptverwaltung im Bereich Hoch- und Brückenbau ohne geprüfte und genehmigte Bauplanungsunterlagen veranschlagt. Der finanzielle Anteil dieser Baumaßnahmen an dem Ausgabevolumen aller neu beginnenden Baumaßnahmen betrug sogar 90 %. In den vom Rechnungshof geprüften Fällen haben die Voraussetzungen für die Ausnahmeveranschlagungen überwiegend nicht vorgelegen. Dem Abgeordnetenhaus fehlten zur Beurteilung der in den Haushaltsplanentwürfen ohne geprüfte und genehmigte Bauplanungsunterlagen veranschlagten Baumaßnahmen wesentliche Informationen. Denn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat im Haushaltsaufstellungsverfahren nicht dafür gesorgt, dass die Haushaltsvoranschläge und die Erläuterungen zu den Haushaltsplänen die hierfür notwendigen Entscheidungsgrundlagen vorschriftsmäßig und vollständig enthalten.

Die mit der Veranschlagung nicht planreifer Baumaßnahmen verbundenen erheblichen Kostenrisiken haben sich in erheblichem Umfang verwirklicht. So sind bei 9 untersuchten Baumaßnahmen mit einem Gesamtkostenvolumen laut Haushaltsplan von 74,4 Mio. € im nachfolgenden Planungsverfahren die Kosten um insgesamt 21,3 Mio. € (28,6 %) angestiegen. Auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist es daher geboten, die Veranschlagung von Ausgaben für Baumaßnahmen im Haushaltsplan ohne fertiggestellte Planungsunterlagen künftig auf absolute Ausnahmefälle zu begrenzen (vgl. T 217 bis 257).

Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (SGB XII)

Fehlende Standards für die Beförderung behinderter Menschen zu teilstationären Angeboten: Inhalt, Umfang und Qualität der zu erbringenden Leistungen sind nicht bestimmt, die Angemessenheit gezahlter Vergütungen ist fraglich.

Die Ausgaben des Trägers der Sozialhilfe für die Übernahme von Fahrkosten für Menschen mit geistigen, körperlichen und/oder mehrfachen Behinderungen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Sie betrugen im Jahr 2013 ca. 15,4 Mio. €.

Der Rechnungshof hat die Ausgabensteigerungen zum Anlass genommen, das Verfahren zur Kostenübernahme für die im Rahmen der Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen zu überprüfen. Er hat dabei festgestellt, dass die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales der ihr obliegenden Steuerungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist. Sie hat es versäumt, verbindliche Standards für die Beförderung behinderter Menschen zu teilstationären Angeboten, wie z. B. Werkstätten, festzulegen. Es fehlt daher an einer Vergleichbarkeit von Fahrdienstleistungen und an Maßstäben zur Beurteilung der Angemessenheit von Vergütungen. In der Folge weisen die von den Bezirksämtern akzeptierten Beförderungskosten eine erhebliche Bandbreite auf (z. B Kilometerpreise zwischen 0,28 € und 4,87 € für Fahrten zwischen Wohnbereich und Arbeitsbereich der Werkstätten). Ein wirtschaftliches und sparsames Handeln ist damit bei der Fahrkostenübernahme durch die Bezirksverwaltungen nicht sichergestellt (vgl. T 195 bis 202).

Keine wirksame Kontrolle der Einhaltung von Qualitätsstandards zur personellen Ausstattung in Einrichtungen für behinderte Menschen: Erhebliche Unterschreitungen der vereinbarten und aus öffentlichen Mitteln finanzierten Personalausstattung bleiben für die Einrichtungsträger folgenlos

Berlin verausgabt als Träger der Sozialhilfe jährlich ca. 660 Mio. € allein für entgeltfinanzierte Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Der Hauptanteil dieser Ausgaben wird für die Vorhaltung von Fachpersonal in den Einrichtungen und den ambulanten Diensten aufgewendet.

Der Rechnungshof ist bei seiner Prüfung der Frage nachgegangen, ob und inwieweit die für die Steuerung der Sozialhilfe zuständige Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales die Einhaltung der von ihr vereinbarten und von den Bezirken finanzierten personellen Ausstattung kontrolliert. Dabei hat er schwere Versäumnisse festgestellt. Die Senatsverwaltung überprüft nicht systematisch, ob das vertraglich vereinbarte Personal in Einrichtungen für behinderte Menschen tatsächlich vorgehalten wird. Die hierfür geschaffenen Kontrollinstrumente werden nicht zur regelmäßigen Vertragskontrolle eingesetzt. Systematische Auswertungen der erhobenen Daten in Form von Soll-Ist-Vergleichen des Personals finden nicht statt. Der Rechnungshof hat anhand der Angaben der Einrichtungsträger vielfach erhebliche Unterschreitungen der Soll-Personal-ausstattung festgestellt. Nicht einmal in diesen Fällen hat die Senatsverwaltung vertragliche oder finanzielle Konsequenzen gezogen. Die Versäumnisse führen zu finanziellen Nachteilen für Berlin. Die Senatsverwaltung verletzt zudem ihre Pflicht sicherzustellen, dass das mit öffentlichen Mitteln finanzierte Fachpersonal vereinbarungsgemäß zugunsten der behinderten Menschen eingesetzt wird (vgl. T 203 bis 216).

Gewährung von Zuschüssen und Zuwendungen
Zuschüsse an Privatschulen: Vielfach unterlassene Prüfungen der Mittelverwendung haben zu Einnahmeverlusten in Millionenhöhe geführt.

Berlin fördert mehr als 250 allgemeinbildende und berufliche Privatschulen mit Zuschüssen von über 200 Mio. € pro Jahr. Über die Verwendung der bewilligten Mittel haben die Privatschulen Nachweise zu führen und diese innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Bewilligungsjahres der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zur Prüfung vorzulegen. Die Senatsverwaltung ist verpflichtet, die zweckentsprechende Verwendung der Zuschüsse zu prüfen. Wenn im Ergebnis der Prüfung festgestellt wird, dass der bewilligte Zuschuss der Höhe nach nicht gerechtfertigt war (z. B. infolge geringerer Schülerzahl als prognostiziert), muss die Senatsverwaltung überzahlte Beträge zurückfordern oder mit laufenden Zuschüssen verrechnen.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Senatsverwaltung es seit mehr als zehn Jahren versäumt hat, die Verwendungsnachweise der Privatschulen rechtzeitig und vollständig zu prüfen. Seit dem Bewilligungsjahr 2000 sind mindestens 500 Verwendungsnachweise nicht oder nur unzureichend geprüft worden. Zudem hat die Senatsverwaltung in Einzelfällen auf Rückforderungen von bis zu 100 000 € verzichtet. In weiteren Fällen wurde den Privatschulen das Prüfergebnis erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist mitgeteilt. Darunter waren drei Fälle, in denen die Senatsverwaltung ihre Ansprüche von mehr 220 000 € wegen gerichtlich festgestellter Verjährung nicht mehr durchsetzen konnte. Aufgrund seiner Prüfungsergebnisse geht der Rechnungshof davon aus, dass die verspäteten oder unterlassenen Prüfungen der Verwendungsnachweise insgesamt zu Einnahmeverlusten in Millionenhöhe geführt haben. Die Senatsverwaltung hat auf die deutlich gestiegene Zahl der Privatschulen in den letzten Jahren verwiesen. Gleichwohl hat die Senatsverwaltung eine ordnungsgemäße und zeitnahe Prüfung der Verwendungsnachweise der Privatschulen sicherzustellen (vgl. T 177 bis 194).

Förderung internationaler Sportveranstaltungen: Vermarktungseinnahmen der Ausrichter blieben im Zuwendungsverfahren zum Nachteil Berlins unbeachtet.

Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat in den Jahren 2010 bis 2012 zwei Spitzenverbänden des Sports für die Durchführung internationaler Sportveranstaltungen in Berlin Zuwendungen von insgesamt 1,9 Mio. € bewilligt. Die Zuwendungen wurden zur Deckung des Fehlbedarfs gewährt, den die Zuwendungsempfänger nicht durch eigene oder fremde Mittel decken konnten.

Die durchgeführten Zuwendungsverfahren wiesen erhebliche Mängel und schwerwiegende Verstöße gegen zuwendungsrechtliche Vorschriften auf. Der Rechnungshof hat insbesondere beanstandet, dass sich die Senatsverwaltung im Zusammenhang mit der Förderung und Abrechnung dieser Sportveranstaltungen keine Gesamtübersicht über alle veranstaltungsbedingten Einnahmen und Ausgaben verschafft hat. Die vertraglichen Vereinbarungen der Zuwendungsempfänger in Bezug auf die Einnahmeerzielung und die Verteilung der Einnahmen waren ihr nicht bekannt. Sie sahen für Berlin nachteilige Regelungen vor, weil veranstaltungsbedingte Einnahmen auf einen Garantiebetrag begrenzt und nicht zur Ermäßigung der Zuwendung herangezogen wurden. Zusätzliche Einnahmen verblieben stattdessen den vertraglich eingebundenen Vermarktungsgesellschaften und ggf. den Spitzenverbänden. Die Senatsverwaltung hat durch diese Vorgehensweise eine unzulässige Subventionierung der Zuwendungsempfänger und der Vermarktungsgesellschaften ermöglicht. Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung aufgefordert, in beiden Fällen etwaigen Rückforderungsansprüchen nachzugehen (vgl. T 156 bis 163).

Einnahmen aus Grundsteuern: Bearbeitungsdefizite in den Finanzämtern bei der Festsetzung von Grundsteuern sowie die Unzulänglichkeiten der bestehenden Regelungen führen zu Steuerausfällen und –ungerechtigkeiten

Die Grundsteuer ist eine Gemeindesteuer. Sie wird in Berlin in voller Höhe für den Landeshaushalt vereinnahmt. Das Grundsteueraufkommen Berlins beträgt jährlich über 750 Mio. €.

Der Rechnungshof hat den Arbeitsstand und die Arbeitsweise der Bewertungs- und Erhebungsstellen bei mehreren Finanzämtern überprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass die Finanzämter nicht ausreichend geprüft haben, in welchen Fällen werterhöhende Fortschreibungen der Einheitswerte von Grundstücken vorzunehmen sind. Insbesondere haben sie die seit dem Jahr 2010 geänderte Rechtsprechung zur Einheitsbewertung von Lebensmittelmärkten nicht beachtet. Erst auf Anregung des Rechnungshofs haben die Finanzämter die notwendigen Arbeiten nachgeholt und ab dem Jahr 2014 jährlich Grundsteuern von 187 500 € zusätzlich festgesetzt. Für zurückliegende Kalenderjahre ist es bei diesen Fällen aber zu Grundsteuerausfällen von 562 500 € gekommen. Darüber hinaus hat das Finanzamt Tempelhof Grundsteuern von 1,2 Mio. € – zum Teil um Jahre – verspätet festgesetzt.

Unabhängig von den vorgenannten Defiziten bleibt festzustellen, dass die Arbeit der Finanzämter dadurch erschwert wird, dass auch rd. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands in Berlin noch immer unterschiedliche Steuerberechnungen für Grundstücke im ehemaligen Ost- bzw. Westteil der Stadt vorzunehmen sind. Die Grundsteuerfestsetzungen beruhen auf sog. Einheitswerten, denen für Grundstücke im ehemaligen Ostteil die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 und für Grundstücke im ehemaligen Westteil die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1964 zugrunde liegen. Für vergleichbare Grundstücke in den beiden Teilen der Stadt sind ohne sachlichen Grund unterschiedlich hohe Grundsteuern zu entrichten. Das führt z. B. bei einem vergleichbar ausgestatteten neuen Einfamilienhaus mit 120 m² Wohnfläche dazu, dass dafür jährlich 940 € Grundsteuern zu entrichten wären, wenn es im ehemaligen Westteil der Stadt liegt, aber nur 325 €, soweit es im ehemaligen Ostteil liegt. Die geltenden gesetzlichen Regelungen sind überdies nicht mehr dazu geeignet, eine realitätsgerechte Besteuerung sicherzustellen, weil die Einheitswerte auf jahrzehntealten Wertverhältnissen beruhen. Der Bundesfinanzhof hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des geltenden Rechts geäußert und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht im Oktober 2014 zur Entscheidung vorgelegt. Auch der Rechnungshof hält eine umfassende Neuregelung für dringend geboten (vgl. T 287 bis 310).

Weitere Feststellungen
Unverhältnismäßig hohe Aufwendungen für den Abschiebungsgewahrsam: Die rückläufige Entwicklung der Belegung wurde über Jahre nicht für eine Reduzierung der Ausgaben genutzt

Berlin betreibt einen Abschiebungsgewahrsam mit 160 Haftplätzen in Treptow-Köpenick. Die Zahl der Häftlinge ist seit längerer Zeit stark rückläufig. Im Jahr 2008 waren durchschnittlich 96 Haftplätze belegt, im Jahr 2012 waren es durchschnittlich nur noch 17. Demgegenüber sind die jährlichen Personal- und Liegenschaftsausgaben in Höhe von rd. 11 Mio. € nur unwesentlich zurückgegangen. Mit Ausgaben je Tag und Häftling von 1 821 € (2012) war der Aufwand Berlins wesentlich höher als im Land Brandenburg mit 239 €. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat zwar in den Jahren 2009 und 2012 u. a. interne Projektgruppen eingesetzt, deren Vorschläge zur nachhaltigen Senkung der Ausgaben jedoch bis heute nicht umgesetzt. Sie hat auch wiederholte Angebote des Landes Brandenburg zu einer Kooperation nicht genutzt. Die Verhandlungen mit Brandenburg über den Betrieb einer gemeinsamen Abschiebungshafteinrichtung sollten zügig fortgeführt werden (vgl. T 143 bis 155).

Mängel und Verzögerungen beim IT-Projekt eGovernment@School:
Dem erheblichen Mitteleinsatz seit dem Jahr 2009 stehen bis heute keine angemessenen Ergebnisse gegenüber.

Mit dem im Jahr 2009 begonnenen IT-Projekt eGovernment@School sollten in den über 700 Berliner Schulen bis Ende des Jahres 2011 insbesondere eine leistungsfähige IT-Infrastruktur, einheitliche IT-Systeme und eine automatisierte Schülerdatei geschaffen werden. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat jedoch auch mehr als drei Jahre später wesentliche Projektziele nicht erreicht. Ein wesentlicher Grund für die Verzögerung liegt in der nicht sachgerechten Änderung der Einführungsstrategie der Berliner Schulmanagementsoftware. Bereits beschaffte Hard- und Software einschließlich Landeslizenzen wird nur von einem geringen Teil der Schulen genutzt. Bisher sind finanzielle Nachteile von bis zu 16 Mio. € entstanden. Die Senatsverwaltung hat im Juni 2013 das Projekt zwecks Evaluation unterbrochen. Eine Entscheidung des Senats über die Zukunft des Projekts steht aus (vgl. T 164 bis 176).

Personalausgaben bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen:
Die Prüfungen bei der Deutschen Klassenlotterie Berlin und der Medienanstalt Berlin-Brandenburg haben erhebliche finanzielle Vergünstigungen für die Beschäftigten ergeben

Die Beschäftigten der Deutschen Klassenlotterie Berlin (DKLB) sind im Vergleich mit den Tarifbeschäftigten des Landes Berlin deutlich bessergestellt. Sie erhalten immer noch Leistungen, die der TV-L nicht mehr vorsieht (z. B. Urlaubsgeld). Hinzu kommen außertarifliche Leistungen und Fehler bei der Anwendung des eigenen Tarifrechts zugunsten der Beschäftigten. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat zwar den TV-L in der Fassung für Berlin vereinbart. Sie wendet aber das Tarifrecht ebenfalls fehlerhaft zugunsten ihrer Beschäftigten an. So verzichtet sie auf die tariflich vorgesehene Eigenbeteiligung an der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung. Darüber hinaus gewährt auch die MABB außertarifliche Leistungen. Wenn die tarifvertraglichen Regelungen Berlins auch bei der DKLB und der MABB berücksichtigt sowie außertarifliche Leistungen eingestellt oder zumindest zurückgeführt würden, könnten jährliche Einsparungen von bis zu 500 000 € (DKLB) bzw. etwa 70 000 € (MABB) erzielt werden. Diese Mittel stünden dann zusätzlich für die im DKLB-Gesetz bzw. im Medienstaatsvertrag vorgesehenen Zwecke zur Verfügung (vgl. T 317 bis 337).

Vergessene Rücklagen bei der Staatliche Münze Berlin: Aufgrund der Prüfung durch den Rechnungshof wurden 1,5 Mio. € an den Landeshaushalt abgeführt.

Die Staatliche Münze Berlin (SMB) ist eine von fünf deutschen Münzprägeanstalten. Der landeseigene Betrieb hat im Jahr 2005 seinen Sitz von Mitte nach Reinickendorf verlagert. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die SMB auch in den Jahren danach noch Zweckrücklagen im Zusammenhang mit dem früheren Grundstück (z. B. als Vorsorge für etwaige Instandsetzungsmaßnahmen an dem damaligen Gebäude) in ihren Bilanzen auswies, insgesamt rd. 1,5 Mio. €. Eine Notwendigkeit für diese Rücklagen bestand jedoch nicht mehr. Er hat die Senatsverwaltung für Finanzen aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die SMB die Rücklagen auflöst und die freiwerdenden Mittel an den Landeshaushalt abführt. Diesen Forderungen kam die Senatsverwaltung nach (vgl. T 311 bis 316).

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