In unserer Serie „Rathausblock im Porträt“ stellen wir die Menschen vor, die sich auf vielfältige Weise für den Rathausblock und das Dragonerareal einsetzen. Manche sind ehrenamtlich in Initiativen aktiv, andere porträtieren wir auf Grund ihres Berufs als Planer*innen oder weil sie vor Ort arbeiten oder schon lange für eine Rekommunalisierung des Dragonerareals kämpfen.
Diesen Monat hatten wir einen besonderen Gast.
Wir haben uns dieses Mal mit Jörn Herzog über die Veränderungen auf dem Areal unterhalten. Er arbeitet im Marmorwerk, das schon seit den 1970er Jahren auf dem Areal beheimatet ist und demnächst umziehen wird.
(Jörn Herzog im Bild rechts)
Lieber Herr Herzog, das Marmorwerk ist schon seit einiger Zeit auf dem Dragonerareal. Was bedeutet es für Sie hier zu arbeiten?
Das Marmorwerk gibt es seit 1901 in Kreuzberg. Es war ursprünglich am Tempelhofer Feld und seit Anfang der 1970er Jahre sind wir hier auf dem Dragonerareal. Jetzt werden wir umziehen in die Gitschiner Straße. Die neue Werkstatt ist glücklicherweise nicht allzu weit weg. Das Dragonerareal ist für uns ein Stück Heimat geworden und unsere Kunden kennen es. Auch Kunden, mit denen man nur alle Jahre oder Jahrzehnte zu tun hat, erinnern sich und kommen immer wieder hier her.
Inwiefern hatte das Dragonerareal Einfluss auf Ihre Arbeit? Werden Sie etwas besonders vermissen?
Vermissen werden wir sicher die Weitläufigkeit des Areals. Und auch, dass es hier nicht alles perfekt entwickelt war, sondern auch so ein bisschen was Ursprüngliches hatte. Das war ja überall in Berlin so, als wir hierhergezogen sind.
Durch unsere Räumlichkeiten hat das Dragonerareal sicherlich Einfluss auf unsere Arbeit. Beispielsweise die Art und Weise wie wir unsere Platten draußen, links und rechts entlang des Weges, hinstellen konnten. Oder, dass man hier gut parken konnte. Natürlich auch, dass das Gelände sehr zentral in Berlin gelegen ist. So konnten wir mit unserem doch sehr speziellen Gewerbe die ganze Stadt von hier aus versorgen. Das ist sicher, wenn man am Rande der Stadt ist, nicht mehr so, dass die Leute durch die ganze Stadt fahren, um einen zu erreichen.
Im Modellprojekt will man die Menschen vor Ort, darunter auch die Gewerbetreibenden, in die Entwicklung und Planung mit einbeziehen. Wie haben Sie das Verfahren wahrgenommen?
Es ist logisch, dass es durch die Einbeziehung vieler verschiedener Stimmen ein langwieriges Verfahren ist. Prinzipiell ist es sehr begrüßenswert, dass nicht einfach irgendjemand über die Köpfe hinweg entscheidet oder das Areal an den Meistbietenden verkauft wurde, sondern dass versucht wird, hier gemeinschaftlich zu entwickeln. Es braucht auch diese Umkehr. Wir nehmen das Verfahren als fair wahr. Man hat definitiv versucht uns hier auf dem Areal zu halten. Als klar wurde, dass das nicht problemlos geht, hat man uns einen guten Alternativstandort in direkter Nähe angeboten. Dafür sind wir ausgesprochen dankbar.
Aktuell haben die Planungsteams die Aufgabe, Lösungen für ein Nebeneinander von Gewerbe auch lautem Gewerbe – Wohnungen und Sozialeinrichtungen zu finden. Wie finden Sie die bisherigen Vorschläge?
Ich glaube, dass ein Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe gelingen kann und auch gelingen sollte. Wir leben alle zusammen in einer großen Stadt, dazu gehören nun mal auch Geräusche und manchmal sogar Lärm. Die Lärmvermeidungsstategien in der modernen Stadtplanung finde ich teilweise befremdlich. Vor allem, weil es genau diese Berliner Mischung aus Wohnen und Gewerbe ist, die seit vielen Jahrzehnten die Stadt besonders lebenswert macht. Wir alle wollen von Zeit zu Zeit Sachen kaufen, bei deren Herstellung Staub, Dreck und Lärm entstehen. Die Produktion solcher Waren gehört dann durchaus auch zur Stadt.
Zum Abschluss unseres Gesprächs fragen wir unserer Interviewpartner*innen oft nach ihrer Vision für das Dragonerareal. Was wünschen Sie sich für das zukünftige Areal?
Wir haben natürlich mitbekommen, was es alles für Ideen für das Areal gibt. Zum Beispiel, dass es autofrei werden soll – das ist sicher etwas, was in die Zukunft weist und die knappe Ressource Raum schont. Durch die Größe ist das sicher hier ein Quartier, in dem man in alle möglichen Richtungen zukunftsorientierte Dinge ausprobieren kann. Neue Wege der Energieversorgung beispielsweise und was für Infrastruktur man tatsächlich will und braucht. Inwieweit das am Ende zu realisieren ist, wird man sehen. Wir haben das Gefühl, dass sich da eine Menge Leute engagieren und positiv einbringen.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft am neuen Standort!
Das Interview führte Ilka von Eynern.