Neue Räume der Begegnung auf dem Dragonerareal - Interview mit der Initiative Baupalast

constructlab

Es tut sich was im Rathausblock: Auf dem Areal arbeiten constructlab von einer Garage und das Kollektiv Guerilla Architects von einem Wohnwagen heraus. Was machen sie dort? In einem Video-Call berichten Alexander Römer, Anja Fritz und Malte von Braun über die Vision der Initiative „Baupalast“ und was sie auf und um das Dragonerareal herum vorhaben.

Constructlab und Guerilla Architects sind multi-disziplinäre Kollektive, die sich mit stadtpolitischen Fragen und räumlichen Transformationsprozessen auseinandersetzen und diese performativ und experimentell erforschen.

Nun habt ihr euch mit zahlreichen anderen Stadtmacher*innen unter dem Namen „Baupalast“ zusammengefunden. Alex, Anja und Malte, erklärt doch bitte, was die Idee vom Baupalast ist.

Alexander Römer: Unsere Vision für das Dragonerareal ist, dass mit dem Baupalast ein Community Design Center entstehen kann, das organisch wächst. Als Pioniernutzung schließt das Center an das sogenannte Wabenkonzept an, das eine kooperative Entwicklung von Räumen und Flächen mit Gemeinwohlnutzung auf dem Dragonerareal vorsieht. Während der Zeit des Wandels können Nutzungen ausprobiert und Netzwerke geschaffen werden. Auf einer existierenden Dynamik kann im folgenden Prozess aufgebaut werden. Die Qualität eines Modellprojekts macht auch eine durchgehend gewachsene Nutzer*innenstruktur aus.

Die Idee ist außerdem Teil eines größeren Bildes von Stadt, welche verschiedene Initiativen in Berlin teilen und welches in der Berliner Innenstadt immer mehr verschwindet. Der Bedarf an Die Not an nicht-kommerziellen Räumen und der Wunsch nach alternativen Formen von Stadtentwicklung, die auch Alltagsnutzungen zulässt, wird dadurch immer deutlicher.

Der Baupalast wird initiiert als Ort, der Interessen bündelt und Raum für Neues und Anderes bietet. Aktuell sind kleinere, performative Aktionen geplant und es sollen Werkstätten eingerichtet werden, um niedrigschwellige Schnittstellen zwischen lokalen Akteur*innen und der Nachbarschaft zu bilden und Neugier an der Entstehung einer Gemeinschaft zu wecken.

Malte von Braun: Wir freuen uns total, wenn im Sommer möglichst viele Akteur*innen mit praktischen, gemeinsamen Aktionen den Ort anreichern. Für uns ist eine Aufgabe, bewusst und experimentell Orte zu schaffen, an denen Menschen zusammenkommen können. Das würde ein beispielhaftes Erproben des Baupalastes in Richtung eines Community Design Centers ermöglichen. Im Vernetzungstreffen gibt es dazu auch eine Arbeitsgruppe, die AG Interventionen, die Ideen entwickelt, wie das Areal bespielt werden kann.

Wie seid ihr zum Rathausblock gekommen und was ist an der Arbeit dort besonders?

Anja Fritz: Das Dragonerareal ist ein politscher Ort, der in Berlin einmalig ist und der Schritt für Schritt erfolgreich erkämpft wurde. Dies ist auch in der Arbeit vor Ort spürbar. Constructlab und Guerilla Architects waren im vergangenen Jahr mit ersten Projekten wie der ZusammenKüche und dem Öffnen der Adlerhalle zum Auftakt der städtebaulichen Werkstattverfahrens im Modellprojekt Rathausblock involviert. Die enge Zusammenarbeit mit den Initiativen vor Ort und dem Vernetzungstreffen war Ansporn für die ersten Aktionen.

Malte von Braun: Im Rathausblock sind sehr vielschichtige, und aktive Interessensgruppen vor Ort, die aus unterschiedlichen Ecken kommen und diesen Stadtentwicklungsprozess jahrelang begleitet haben. Wir merken, wie viel Interesse und Energie von den bereits aktiven Menschen vor Ort da sind. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Räume zu schaffen, in denen sich die Menschen vor Ort in alternativen Formen begegnen können.

Und was habt ihr im Rathausblock konkret vor? Was sind kommende Aktionen und Interventionen für den Spätsommer?

Anja Fritz: Wir haben zum Beispiel vor gemeinsam mit constructlab Anfang September einen mobilen Ofen zu bauen. Der Ofen soll regelmäßig vor Ort angeheizt werden, um darin Brot zu backen. Die Erweiterung des Themas Essen als gemeinschaftsstiftendes Element in Zusammenarbeit mit der ZusammenKüche steht hierbei im Vordergrund.

Alexander Römer: Schon ganz zeitnah, in der zweiten Juli-Hälfte, wird es noch eine andere gemeinsame Bauaktion mit constructlab geben: Gemeinsam werden Plakatwände als Elemente visueller Kommunikation für die Kooperation des Modellprojekts gebaut. Ziel der Aktion ist nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Begegnung: Wir wollen Menschen zusammenbringen, es bedarf nur das Halten eines Akkuschraubers beim Mitmachen. Zum Anmelden wird eine Liste ausliegen, um sich für 8 Slots einzutragen.

Und wie geht es für euch auf dem Dragonerareal weiter?

Alexander Römer: Momentan arbeiten wir von constructlab in einer Garage und Guerilla Architects aus dem Wohnwagen-Büro heraus. Ein paar Monate ist Flexibilität für Arbeitsstandorte immer möglich. Gerne würden wir aber zukünftig auch die Adlerhalle für Präsentationen und Workshops unter einem großen Dach nutzen und die Nutzung einer offenen Halle testen, bevor diese zur temporären Drehscheibe für die Gewerbetreibenden wird. Es ist uns wichtig während der unterschiedlichen Bauphasen des Areals durchgehend vor Ort zu sein und zukünftige gemeinwohlorientierte Räume prototypisch auszuprobieren, erlebbar zu machen, und somit im ganzen Prozess zu verstetigen.

Alle Termine im Überblick

21.-24. Juli: Bauaktion Plakatwand
Jede*r kann mitmachen! Interessierte wenden sich bitte an hallo@baupalast.berlin

7.-12. September: Ofenbauworkshop „Der Backhauswagen: Bauworkshop für einen mobilen Ofen am Rathausblock“
Eine weitere Aktion wird vom Institut für Angewandte Heterotopie geplant, die in Nürnberg das ehemalige Quelleareal nachnutzen. In einem zweitägigen Zeichen-Workshop soll mit Initiativen vor Ort, dem Vernetzungstreffen, Verwaltung und Politik die Vision des Baupalasts mit der Methode des Handzeichnens aufgezeichnet werden.

13. September: öffentlicher Back-Workshop + Screening „Tor an Tor – ein filmischer Essay über das Leben vor und hinter dem Garagentor“

21. September: Zeichen-Workshop „Achtung Utopie! – Heterotopes Zeichnen, Tickern und Spazieren auf dem Dragonerareal“
Guerilla Architects setzt sich außerdem mit den Garagen auf dem Areal als Typologien informeller Nutzungen auseinander. Der Fortbestand der Typologie Garage ist bisher nicht gesichert und ihr Wert wird stark verkannt. Eine filmische Dokumentation in Zusammenarbeit mit dem Filmerkollektiv OffScreen, soll die Garage als Möglichkeitsort aufzeigen.