Der Hundeflüsterer auf "Forschungstour"

Der Kopf eines schwarzen Schäferhundes

von Christa-Dorit Pohle

Wer meinen Beitrag über den Hundeprofi Martin Rütter gelesen hat, der weiß, dass ich seine Bemühungen sehr schätze, die “Hundesprache” uns Menschen verständlich zu machen. In der Zwischenzeit habe ich aus Fernsehsendungen mit Herrn Rütter viel lernen können. Ich stellte fest, dass es ihm immer wieder gelingt, aus den verschiedenartigsten Situationen des Zusammenlebens von Mensch und Hund neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Er begleitete für 24 Stunden einen Obdachlosen und liess uns hautnah mit erleben, wie es sich anfühlt, auf der Straße zu schlafen. Der Obdachlose Rudi hat einen Schäferhund, der ihm Halt gibt, um den er sich rührend kümmert.

Herr Rütter war mit einem Schlafsack ausgerüstet, als er von Rudi zu dessen Übernachtungsplatz (eine schmale Mauernische über einem verkehrsstarken Tunneleingang) gebracht wurde. Diesen Unterschlupf teilten sich Rudi, sein Hund und Herr Rütter nun für eine Nacht, und Herr Rütter lernte die Utensilien kennen, welche Rudi zum Überleben auf der Straße braucht.

Wie kann ein Mensch überhaupt schlafen, wenn unter ihm ständig Autos vorbei sausen, kaum einmal Ruhe einkehrt? Rudi muss das einfach können, Herr Rütter war am nächsten Morgen wie gerädert. Die Wärmestube (ein Zufluchtsort für Obdachlose) öffnet um 6.00 Uhr in der Frühe.

Dorthin gingen die Beiden, um sich frisch zu machen und zu frühstücken. Sie gingen auch Beide gemeinsam spät am Abend Leergut sammeln. Vom Erlös kauft Rudi Futter für seinen Hund. Die Beiden sind unzertrennlich und Rudi hatte Herrn Rütter verraten, dass durch das Zusammenleben mit dem Hund er nicht ganz abgerutscht ist vom normalen Leben.

Der Hund an seiner Seite hat ihm viel Kraft gegeben und Hoffnung, dass es eines Tages wieder aufwärts geht.

Am meisten berührt hat mich ein zweiter Film mit Herrn Rütter im Fernsehen, als es um einen Blindenführhund ging. Versuchen Sie sich vorzustellen, es werden Ihnen für einen Tag lang die Augen verbunden und Sie müssen sich ganz und gar auf einen Blindenführhund verlassen, wenn Sie unterwegs sind.

Herr Rütter hatte eine junge Frau kennengelernt, welche vom 13. Lebensjahr an blind ist. Er wollte für einen Tag mit verbundenen Augen, geleitet von einem Hund, die junge Frau Ina durch die Stadt begleiten. Außerdem war noch eine sehende Frau dabei, welche mit Blindenführhunden vertraut ist. Herr Rütter schilderte in dem Film seine Empfindungen im Umgang mit dem Hund Berni.

Berni, ein erfahrener Führhund, spürte natürlich sofort die große Unsicherheit bei Herrn Rütter und war deshalb besonders behutsam im Führen. Zuerst gingen sie auf einer sehr ruhigen Straße, dann folgten Straßen mit mehr Verkehr, Treppensteigen, in eine U-Bahn einsteigen usw.

Große Unsicherheit bei Herrn Rütter, Ina machte ihm Mut und erklärte ihm, wie wichtig die richtige Ansprache des Hundes ist. Zum Mittagessen gingen sie gemeinsam in eine Gaststätte, wo Ina schon bekannt ist. Herr Rütter bestellte ein Nudelgericht, ein verständnisvoller Kellner brachte für ihn einen Latz. Alles ging gut, Herr Rütter atmete auf.

Zum Schluss gab es für ihn noch ein Erlebnis, womit er überhaupt nicht gerechnet hatte. Ina hatte erzählt, dass sie sehr gerne Schlittschuhe läuft und eine sehr gute Trainerin sie dann regelmässig auf dem Eis betreut. Herr Rütter hatte seine Augenbinde schon abgenommen.

Seine Augen mussten sich erst langsam wieder an die Helligkeit gewöhnen. Er hatte Ina zum Eisstadion begleitet und es schien ihm unglaublich, dass sie sich auch noch auf das Eis wagen würde. Herzliche Begrüßung mit der Trainerin. Herr Rütter meinte, er könne es sich nicht vorstellen, mit verbundenen Augen Schlittschuh zu laufen.

Die Trainerin schlug vor, dass er das gleich mal selbst probiert. Er gab sich einen Ruck und war einverstanden. Seine Augen wurden wieder verbunden und die Trainerin führte ihn. Nach einiger Zeit wagte er sogar eine Drehbewegung ohne Führhand und siehe da, er bekam ein Lob von der Trainerin.

Er hatte sich gut senkrecht gehalten auf dem Eis. Hut ab vor Ina, die nun schon so viele Jahre blind die Alltagsprobleme meistert. Und eine tolle Leistung von Herrn Rütter, diese Behinderung nachempfinden zu wollen. Das war bestimmt nicht leicht und hat Überwindung und volle Konzentration gebraucht.

Wir, die wir sehen können, sollten durch das Anschauen eines solchen Films dazu angeregt werden, im Straßenverkehr darauf zu achten, wo wir Hilfe leisten können. Auch mit Blindenführhund kann es immer wieder Situationen geben, wo hilfreiches Eingreifen eines Sehenden Schaden verhüten kann.

Herr Rütter weiß ja schon sehr viel über Hunde und ihre Reaktionen. Ich kann gut verstehen, dass es ihn immer wieder reizt, zu erforschen, wie sich der treueste Freund des Menschen in außergewöhnlichen Situationen im Zusammenleben mit den Menschen verhält, und zu welchen erstaunlichen Leistungen er dann fähig ist. Das beste Beispiel dafür ist der Blindenführhund.