Kulinarisches rund um die Welt

Frau kauft im Bioladen ein

von Ursula A. Kolbe

Die Internationale Grüne Woche in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm überraschte in ihrer jüngsten, der nunmehr 79. Auflage wiederum mit neuen, vielseitigsten Gaumenfreuden. Die Produkte von 1.650 Ausstellern aus diesmal 70 Ländern standen hoch im Kurs.
Was sich bei den rund 410.000 Besuchern auch am großzügigen Gebrauch ihrer Geldbörse mit durchschnittlich je 114 Euro Verbrauch honorig widerspiegelte. Den Ausstellern bescherte das Umsätze von rund 47 Millionen Euro, und durch die Ausgaben der auswärtigen Besucher und Aussteller generierte diese Messe einen Kaufkraftzuwachs von mehr als 150 Millionen Euro für die Hauptstadtregion. Agrarbusiness pur.
Es lockten kulinarische Köstlichkeiten aus aller Herren Länder. Ob nepalesischer Tee aus naturnahem Anbau, würziger Käse aus österreichischer Bergsennerei, Safran, das wohl teuerste Gewürz aus Afghanistan, chinesische Wolfsbeeren, köstliche Cocktails aus Peru und, und, und…

Regionale Spezialitäten immer wieder begehrt

Insgesamt bestätigte sich aber wieder einmal mehr: Regionale Spezialitäten aus deutschen Landen stehen besonders hoch im Kurs. Das Gedränge in diesen Hallen war ein Ausdruck dafür. Und ganz besonders, so fand ich, das Getümmel an den 77 Ständen in der seit 21 Jahren traditionellen Brandenburg-Halle 21a.
Reißenden Absatz fanden die begehrten Spreewälder Gewürzgurken, das neue Havelländer Wirsingbrot aus dem Bio-Backhaus in Falkensee, die wieder entdeckten Teltower Rübchen oder aus Schwante von Bäcker Plentz’ neueste Kreation „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, den Haselnusskeks nach altem Familienrezept.

“Schwarzer Abt” zum Bibulibustag

Nein, an keinem Stand kam man so einfach vorbei. Es gab ja immer Neues zu entdecken. So erfuhr ich bei der Neuzeller Klosterbrauerei-Standchefin Rosemarie Borchert, dass diese altehrwürdige Brauerei in diesem Jahr ein großes Jubiläum feiern kann: Vor nunmehr 425 Jahren wurde hier der erste eigene Gerstensaft kredenzt.
Na, wenn das kein Grund zum Feiern am 29. Mai, dem diesjährigen 21. Neuzeller Bibulibustag, das etwas andere Familienfest zu Himmelfahrt, ist. Extra dafür wurde schon mal zur Grünen Woche der „Schwarze Abt“ – das Schwarzbier mit dem dunklen Geheimnis – mit Jubiläumsetikett in ansprechender Geschenkdose angeboten.
Neu sind das „Gourmet Pilsner“ und das „Allgäuer Heubier“. Die Inspiration für das letztere gab den Neuzellern der Heuextrakt von den Allgäuer Bergwiesen. Die feine Note und der liebliche Geschmack dieses Bieres kamen beim Publikum besonders gut an, sagte Rosemarie Borchert und meinte, es solle einfach Lust auf Urlaub machen.
Und wer leicht verwundert war, dass hier auch Ketchup aus Werder angeboten wurde, erfuhr sogleich: Diesen Ketchup geben seine besondere Note auch Zutaten aus der Klosterbrauerei, und zwar Gerstenmalz, Hopfen und Schwarzbier.
Im pro-agro-Kochstudio, der märkischen Schauküche und stets umlagerten Fixpunkt der Halle, gaben sich über die Woche insgesamt 36 Köche und Küchenchefs die Kochlöffel für ihre kulinarischen Visitenkarten in die Hand. Kostproben inbegriffen.

Das innovative Berliner Craftbeer

Beim Berliner Nachbarn empfahlen sich neben Traditionsbetrieben kleine, neue, innovative Manufakturen. So kam ich mit Mareike Hirschfeld von der Handwerksbrauerei SCHOPPE BRÄU aus Kreuzberg ins Gespräch. Zum ersten Mal als Aussteller mit dabei, erfuhr ich, dass Braumeister Thorsten Schoppe u. a. das Black Flag Stout entwickelte, ein heutzutage als Craftbeer bezeichnetes Produkt. Viel Resonanz und Anklang dafür – und sicher Anerkennung für Innovationsfreude im Biergewerbe für Genuss und Geschmacksentwicklung.
Bierblogger Felix von Ende, der erstmal als Internet-Fan, so bezeichne ich ihn, Näheres über unser online-Magazin „Spätlese“ wissen wollte, machte auf die neue Berlin Beer Academy, die Berliner Bierakademie, und ebenfalls Messe-Aussteller, aufmerksam. Deren Anliegen ist es, die Genussszene Berlin zu bereichern und sie zu einer internationalen Plattform für Bierkompetenz auszubauen. Für die Experten wie an sich Interessierte gleichermaßen.
Allein die deutsche Bierkultur habe mehr als 40 Sorten hervorgebracht. Weltweit sind es über 100 verschiedene Bierstile. Die Palette reicht von Pils und India Pale Ale über Stout und Gueuze bis hin zu experimentellen Gewürzbieren und Fassgereiftem.

Auf zur Bier- und Burgenstraße

Für die Freunde des Gerstensaftes empfahl sich ebenso die 500 km lange Bier- und Burgenstraße von Bad Frankenhausen im Kyffhäuser Gebirge über beispielsweise Saalfeld, Kulmbach, Bayreuth bis nach Passau in den Bayerischen Wald. Eingebettet in die reizvollen Naturparke entlang romantischer Flüsse und Täler vermitteln trutzige Burgen, liebevoll restaurierte Schlösser und historisch bedeutsame Ruinen als Zeitzeugen vergangener Epochen Geschichte zum Anfassen. Und weil zum Reisen auch das Rasten gehört, laden Thüringer und Bayerische traditionsreiche Gasthäuser wie auch Braumeister links und rechts entlang an eben dieser B 85 zum Schmaus und bierseliger Gemütlichkeit ein.

Wissenschaft zum Anfassen

Die “nature.tec 2014“- Halle präsentierte das ganze Spektrum der energetischen und stofflichen Nutzung von Agrar- und Forstrohstoffen. Und hochinteressant dazu die Erläuterungen von Wissenschaftlern der Fraunhofer-Gesellschaft an ihrem Gemeinschaftsstand. Anschaulich machten sie deutlich, wie sie gemeinsam mit ihren Industriepartnern im Spitzencluster BioEconomy Methoden und Prozesse entwickeln, um aus Biomasse biogene Kunststoffe und Energieträger herzustellen.
Verarbeitete Holzabfälle ersetzen das klassische Styropor, neue Weichmacher für flexible Kunststoffe – unsere Natur hat ein riesiges Potential, um fossile Rohstoffe teilweise ersetzen zu können.
In Mitteldeutschland hat sich das einzigartige Cluster gebildet, das anwendungsorientierte Spitzenforschung und markterfahrene Unternehmen unter einem Dach vereinigt. Gegründet wurde dafür das Tochterunternehmen BCM BioEconomy Cluster Management GmbH. Hier werden Z. B. die Holzwirtschaft und Chemieindustrie für eine nachhaltige Wirtschaft zusammengeführt.

Abschied des Partnerlandes mit estnischer Buchpräsentation

Stichwort Partnerland Estland. An den Ständen oder im Restaurant „Olde Hansa“ atmete man sprichwörtliche Gastfreundschaft, lebte das Motto NATURlich Estland, unter dem sich das kleine baltische Land überzeugend präsentierte.
Allein beim Anblick des Fotos dieses Beitrages, ein Schnappschuss von den Frauen auf der Insel Kihnu, eine von 1.500 insgesamt, auf ihren schon geschichtsträchtigen Motorrädern vom Typ M 72 ahnt man die Seele, die Ursprünglichkeit, die Naturverbundenheit und Heimatliebe seiner Menschen.
Wenn Estland als Paradies für Naturliebhaber punkten kann, dann gilt das für den innovativen Aufbruch in Gegenwart und Zukunft gleichermaßen. Stichwort WLAN. Kostenloser Internet-Zugang ist im Land verfassungsmäßig garantiert. Sein wohl bekanntester IT-Exportartikel das Kommunikationssystem Skype.
Steuererklärungen hierzulande sind per Internet in nur fünf Minuten gemacht, heißt es, ein neues Unternehmen in 18 Minuten gegründet. Im typischen Agrarland plant der Bauer die Bewirtschaftung seiner Felder mit „Vital Fields“, nutzt Geo-Wetterdaten, analysiert Pflanzenkrankheiten, überwacht Futtermittelbestände und plant Investitionen – das alles per PC.
Schmecken, probieren, kaufen konnte man Molkerei-Erzeugnisse, Wildfleisch und Fisch, Beeren – und die beliebten Roggenprodukte natürlich, die Nationalspeise Nr. 1 so wie die Roggenblume (wir sagen Kornblume dazu) die Nationalblume ist. Oder der Strömling. Mit 81 Prozent macht der kleine Ostseehering den größten Anteil am Fischfang aus.
Interessante Informationen dazu gab es u. a . vom Molkereiverbands-Chef Jaanus Murakas und der jungen, überaus engagierten Bäuerin Mai Tooming von der Bio-Genossenschaft WIRU WILI.
Und verabschiedet hat sich das Partnerland am letzten Messetag mit der Präsentation des Kinderbuches „Ville macht sich auf den Weg“ in Anwesenheit der jungen Autorin Kairi Look, die sich schon früh für’s Schreiben interessierte, und Übersetzerin Irja Grönholm.
Herausgegeben vom Schweizer Baltikumspezialisten BaltArt-Verlag hat Kairi Look, die in Amsterdam und Tallinn lebt, humorvoll und geistreich über den jungen, neugierigen Lemur Ville und seine tollen Abenteuer in Europa zu Papier gebracht.
Als aufgeweckter und interessierter Affe ist er eine Ausnahme unter seinen ignoranten Artgenossen und findet in seinem abgelegenen Heimatwald auch niemanden, der mit ihm die Welt entdecken will. Also schließt er sich Pierre, einem hochnäsigen, aber weltgewandten Eichhörnchen aus Paris an. Als blinde Passagiere gehen sie an Deck eines Kreuzfahrtschiffs…
Neue Abenteuer von Ville sind geplant.
Bestellung im Buchhandel oder direkt per E-Mail