Durch Logistik keine Produkte, aber Effizienz!

Ein Stapel Euro-Paletten

von Ursula A. Kolbe

30. Deutscher Logistik-Kongress in Berlin und 35 Jahre Bundesvereinigung Logistik (BVL). Auf die Frage, was sich in diesen Jahrzehnten an der Logistik verändert habe, stellte BVL-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner heraus, dass Logistik heute ein komplexes, international vernetztes Arbeitsfeld mit großem Einfluss auf die Wettbewerbsposition von Unternehmen sei.

Albert Einstein werde der Satz zugeschrieben, er interessiere sich nicht für die Vergangenheit, sondern vielmehr für die Zukunft, denn in dieser beabsichtige er zu leben.

Das Kongress-Motto „Impulse, Ideen, Innovationen“ zeigt doch in die Richtung, neue Impulse aufzunehmen, neue Ideen entstehen zu lassen, Innovationen voranzutreiben, globalen Geschäftsprozessen neuen Raum zu geben.

  • Innovationen als Wachstumstreiber

Und immer der Blick darauf, wohin die Reise der Weltwirtschaft geht. Zahlen sagen ja stets mehr als viele Worte. So erwartet die Logistik-Branche für das gerade abgelaufene Jahr einen Umsatz in Höhe von rund 230 Mrd. Euro. Rund 2,85 Millionen Menschen sind aktuell je zur Hälfte bei den Logistik – Dienstleistern sowie in den Logistikabteilungen von Industrie und Handel beschäftigt.

„Damit realisiert die Logistik 2013 mindestens einen stabilen Sidestep auf dem Rekordniveau des Jahres 2012 mit damals 228 Mrd. Euro Umsatz. Und für 2014 sollten wir von einer weiteren Zunahme der Umsätze zwischen einem und drei Prozent ausgehen können“, so Klinkner.

Die Bedeutung von logistikspezifischen Innovationen als Wachstumstreiber sei erkannt und in Innovationsprojekte investierte Zeit der Mitarbeiter gut verwendete Zeit sowie Investitionen darin wichtig für langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Klinkners Fazit: „Innovationen sind für nachhaltiges Wachstum heute wichtiger als die Globalisierung.“

Wenn man bedenkt, der erste Logistik-Kongress zählte 700 Teilnehmer, diesmal kamen rund 3.200 Experten aus aller Welt im Berliner Hotel InterConti zusammen, vermittelten 100 Referenten Informationen, regten Diskussionen an, gaben Denkanstöße. Intensiv war Kommunikation an den 200 Ständen der Aussteller und in den Lounges

  • In Grünheide direkt vor Ort mit dabei

Und wiederum groß war das Interesse an den Outdoorsequenzen, auf gut deutsch Betriebsbesuche. Diesmal in Sachen Lebensmittellogistik bei EDEKA Minden- Hannover in Grünheide, zu Druckprodukten im Axel Springer Druckhaus Spandau, mit Blick auf die internationale Nothilfe im DRK-Logistikzentrum Schönefeld sowie zu Rohbau und Montage der offenen Baumuster des Sprinters bei Mercedes Benz in Ludwigsfelde.

Ich schloss mich der Gruppe nach Grünheide zu EDEKA ins Auslieferungslager an. Im internen Marktvergleich punktete EDEKA Minden-Hannover 2012 vor allem im Großraum Berlin. Gemäß ihres genossenschaftlichen Förderauftrags baute diese Sektion das Segment des selbständigen Einzelhandels weiter konsequent aus. Im Geschäftsjahr wurden 32 Märkte an EDEKA – Unternehmer übertragen, darunter 28 Existenzgründer.

In dem Zusammenhang: Gut 70 Prozent der 1.566 Märkte befinden sich aktuell in Händen selbständiger Kaufleute. Traditionell mit Lebensmittelkompetenz in Sachen Frische und Qualität, Beratung inklusive.

Bei der Besichtigung im Betrieb mit seinem Leiter Ulrich Günther, der insgesamt 690 Mitarbeitern in Grünheide vorsteht, vom Wareneingang, durch die Hygiene-Schleuse, Waschanlage, Kurzvisite im Feinkost-Bereich bis hin zum Warenausgang durchlebten wir Temperaturstürze bis zu Minus 24 Grad. Erlebten auch die akribischen Hygienevorschriften.

Sagte ich für mich, Hut ab vor den Mitarbeitern, die jeden Tag mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass wir unbekümmert von früh morgens bis oft spät abends im Supermarkt oder auf dem Lande zunehmend auch wieder im neu gewandten Tante-Emma-Laden unter der Marke EDEKA einkaufen können. Logistik stellt auch hier die Weichen.

  • Plattform für Kontaktanbahnungen

Am Stand der Wirtschaftsförderung Sachsen traf ich Projektleiter Thomas Gottschalk. Er machte mir deutlich: Sein Bundesland ist Europas neue Logistikdrehscheibe. Leipzig und Umgebung z. B. ist die Nr. 3 aller europäischen Logistikregionen.

So stellt sich der Flughafen Leipzig/Halle als das zweitgrößte Frachtdrehkreuz Deutschlands mit 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen in der Woche dar. Mit Direktanbindung auf allen Kontinenten und an vier modernen Autobahnen.

To 20 Logistik-Unternehmen Europas sind in Sachsen angesiedelt, wie z. B. Deutsche Post DHL, Kühne + Nagel, Dachser, Fiege, Wincanton, UPS. Die Elbehäfen in Dresden, Torgau und Riesa bieten modernen Warenumschlag und Anbindung an den Überseehafen Hamburg.

Oder die industrielle Basis mit Autoindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Umwelttechnik, Potenzial für logistische Dienstleistungen, um nur einige Schwerpunkte zu nennen.

Thomas Gottschalk machte mich aber auch darauf aufmerksam, dass Sachsen die älteste Bevölkerung hat und hier der demografische Wandel am deutlichsten durchschlägt. Einerseits wachsen Städte wie Dresden, Leipzig, Chemnitz u. a. durch Geburtenzuwachs, andererseits schrumpft in vielen Gegenden die Landbevölkerung.

Hier gebe es viele neue Überlegungen, wie sich Logistik verzahnen kann, Stichworte nur Einkaufsmöglichkeiten, gesundheitliche Betreuung, Bibliotheken, Mitfahrmöglichkeiten. All die Dinge des Alltags, wo jedes Rädchen im Getriebe greifen muss.

Mit Stolz verweist der Projektleiter auch darauf, einer der forschungsintensivsten Standorte Europas, auch mit den meisten Fraunhofer-Instituten, die „Ingenieurschmiede Deutschlands“, zu sein. Und nur kurze Zeit am Stand reichte, um zu sehen, wie wichtig solch ein Kongress als Plattform für direkte Kontaktanbahnungen zwischen Wirtschaftsförderern und Firmen ist.

Auch die „Logistik. Initiative Sachsen-Anhalt“ hat auf dem Forum unter dem Motto „Zukunft verbinden“ die Rolle der Marketingplattform für den Logistik-Sektor übernommen. Künftig will Sachsen-Anhalt die Aufgabe der trimodalen Drehscheibe im europäischen Hafenhinterland für die internationalen Seehäfen Hamburg, Bremen/Bremerhaven, den Ostseehäfen als auch Rotterdam übernehmen und stetig weiter aufbauen.

Dabei geht es vorrangig um die Bündelung von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, um die Leistungsfähigkeit der Logistikbranche länderübergreifend zu steigern und Wertschöpfungsketten zu kreieren. Neue Impulse und Innovationen dazu hat übrigens vor kurzem erst die erste europäische Hafenhinterland-Konferenz in Magdeburg vorgestellt. Wer darüber mehr wissen möchte: www.logistik-sachsen-anhalt.de/Hafenhinterland-Konferenz.

Der Kongress insgesamt machte zugleich deutlich, dass die Logistik viele neue, zukunftorientierte, auch internationale Arbeitsplätze mit immer neuen An- und Herausforderungen bietet. Ein Treffpunkt dafür ist und bleibt der jährliche Deutsche BVL-Kongress in Berlin. Der nächste, der 31., findet vom 22. bis 24. Oktober 2014 statt.