HelpAge: Weltaltenindex 2015 – eine ernüchternde Bilanz

Hand mit Geld

von Ursula A. Kolbe

Die international tätige Hilfsorganisation HelpAge legte kürzlich den neuen Weltalten-Index für 2015 vor. Das dritte Jahr infolge wird darin die Lebenssituation älterer Menschen weltweit verglichen. Und die Bilanz zeigt sich recht ernüchternd. HelpAge-Geschäftsführer Deutschland, Michael Bünte, stellte eingangs heraus, dass sich die Ungleichheiten verschärfen und Sparprogramme die Älteren in vielen Ländern hart treffen.

Auch europäische Staaten seien davon zunehmend betroffen. Beispielsweise sei die Situation Älterer in Griechenland ähnlich schlecht wie in Sub-Sahara Afrika.
Lassen wir Fakten sprechen: Die Alterung der Weltbevölkerung schreitet seit einigen Jahren rasant voran. Jede Sekunde erreichen zwei Menschen weltweit das 60. Lebensjahr, und bereits heute zählt die Statistik 901 Millionen (12,3 Prozent). In nur 15 Jahren wird diese Zahl auf etwa 1,4 Mrd. (16,5 %) und bis 2050 sogar auf 2,1 Mrd. (21,5 %) wachsen.

Viel Zeit zum Handeln bleibt nicht. Der Weltalten-Index trägt dazu bei, Risiken der Entwicklung zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren. Die Schweiz hat es dieses Jahr auf den ersten Platz geschafft. Vergleichsweise lebt es sich dort im Alter am besten. Norwegen, letztes Jahr ganz vorn, ist dieses Jahr auf dem zweiten Platz. Auf den nächsten Plätzen liegen Schweden und Deutschland.

Schlusslicht, wie in den beiden Jahren zuvor, bildet Afghanistan (96).
Und bis auf Japan (8) haben es nur westeuropäische und nordamerikanische Länder unter die TOP 10 geschafft. Die 96 erfassten Staaten stellen 91 Prozent der älteren Weltbevölkerung dar. Afrika ist mit 11 von 54 Ländern bisher unzureichend in diesem Weltalten-Index repräsentiert.

Sparmaßnahmen auch in den Industrieländern

In Nordamerika und Europa trafen im Zuge der Finanzkrise 2008 die Sparmaßnahmen vor allem die Älteren. So werden in Polen die Renten von der Hälfte auf ein Viertel des Durchschnittslohnes sinken; in Spanien wurden sie eingefroren. Die Altersarmut in den USA steigt seit der Rezession kontinuierlich und variiert stark zwischen den ethnischen Gruppen.

In punkto sozialer Sicherheit werden sich diese Sparmaßnahmen negativ auf die Älteren von morgen auswirken.
Klar macht der aktuelle Bericht deutlich, dass sich Ungleichheiten zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Ländern verschärfen. Auffällig ist vor allem der Unterschied im Bildungsstand zwischen den zehn besten und den zehn untersten Rängen, der sich im Zeitraum von 1990 bis 2010 um 50 Prozent erhöhte.

Frauen sind oftmals doppelt benachteiligt; die Diskriminierung aufgrund des Alters wird durch eine geschlechtsspezifische Diskriminierung verschärft. Die Anzahl der Frauen, die zwischen dem 55. und 64. Lebensjahr einer ökonomischen Tätigkeit nachgehen, ist um rund 27 Prozent geringer als bei gleichaltrigen Männern. Ihr Risiko, von Altersarmut betroffen zu sein, ist dementsprechend um ein Vielfaches höher.

Datenlage noch immer unzureichend

Millionen Ältere bleiben in offiziellen Statistiken bleiben bislang unberücksichtigt. Es werden beispielsweise nur Frauen bis zum 49. Lebensjahr in Datenerhebungen zur Gewalt einbezogen. Gewalt, die sich vielfach auch gegen ältere Frauen richtet, bleibt dadurch unsichtbar.

Solange Ältere nicht flächendeckend bei Erhebungen berücksichtigt werden, wird die wachsende Bevölkerungsgruppe in Hilfsmaßnahmen und politischen Programmen weiterhin marginalisiert und benachteiligt. In afrikanischen Staaten bestehen dabei aktuell die größten Defizite.

Investitionen lohnen sich

Der Index macht klar, dass Regierungen, die sich mit entsprechenden Maßnahmen auf die Alterung der Gesellschaft einstellen, besser abschneiden. Besonders Investitionen in Bereiche, die die Unabhängigkeit Älterer stärken, werden sich für diese von morgen auszahlen und ihre Lebenssituation effektiv verbessern.

Diese Bereiche umfassen Gesundheit, Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Dort, wo beispielsweise Sozialrenten (steuerfinanzierte Renten) eingeführt oder das Gesundheitssystem verbessert wurde sowie Beschäftigungsmöglichkeiten für Ältere bestehen, ist die Situation der Älteren deutlich besser.
Weitere Fakten im Überblick:
• In Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen erhält nur jeder vierte ältere Mensch eine Rente.
• Im unteren Viertel des Rankings sind alle Regionen dieser Welt vertreten. Afrika schneidet im Bereich Einkommenssicherheit und Gesundheitsversorgung am schlechtesten ab. Griechenland ist das Schlusslicht in Europa, dem schlechten Zugang Älterer zu Bildung und Arbeit sowie sozialer Sicherung geschuldet.
• Die Kluft der weiteren Lebenserwartung ab 60 Jahren zwischen den zehn besten und untersten Rängen liegt heute bei 7,3 Jahren. Vor 15 Jahren war der Unterschied mit 5,7 Jahren noch wesentlich geringer.
• Die Armutsquote steigt in 32 OECD-Staaten mit zunehmendem Alter. So liegt sie ab dem 76. Lebensjahr drei Prozent höher als bei den 66- bis 57jährigen.
Abschließend ein kurzes Wort zu HelpAge e. V.: Der Verein wurde vor zehn Jahren gegründet. Als entwicklungspolitisches und humanitäres Hilfswerk unterstützt er alte Menschen dabei, ihre Rechte einzufordern und gegen Diskriminierung und Armut anzugehen, um ein aktives Leben in Würde und Sicherheit führen zu können. Gleichzeitig fördert HelpAge ihre Potentiale für ein Engagement in der Gesellschaft.
Weitere Infos: www.helpage.de