„Kirschen rot – Spargel tot!“

Im alljährlichen Festumzug gehört die Spargelpyramide dazu

von Ursula A. Kolbe

„Kirschen rot – Spargel tot!“ – diese alte Bauernweisheit oder wie es auch im Volksmund heißt: „Bis Johanni (24. Juni) nicht vergessen: Sieben Wochen Spargel essen!“ – Die diesjährige Spargelsaison ist also seit wenigen Tagen offiziell zu Ende, damit das edle Gemüse bis zum nächsten Anstich im neuen Frühjahr in Ruhe wieder Wachstumskräfte entwickeln kann.

Für uns Berliner richtet sich der Blick erfahrungsgemäß auf die zarten Stangen im Beelitzer Spargelland vor den Toren der Stadt, mit dem so mancher Ausflug in die märkischen Lande verbunden wird; in eine reizvolle Landschaft mit seinen typischen alten Alleen, Klöstern und Feldsteinkirchen, kleinen Seen und ausgedehnten Kiefernwäldern.

Halt auf dem Fliederhof in Stücken

Jüngst Anlass auch für Teilnehmer des Tourismus. Dialog.Berlin, auf Entdeckungstour entlang der Beelitzer Spargelstraße im Naturschutzgebiet Nuthe-Nieplitz zu gehen. Der erste Abstecher führte uns auf den Fliederhof der Familie Syring in Stücken. Sinnbildlich grüßte der nistende Storch auf seinem Schornstein im Hof, er scheint Kommen und Gehen gewöhnt zu sein.

Na ja, bei der einladenden Gastronomie mit Speis und Trank, besonders zur Spargelzeit, der auf 40 ha gedeiht, ist natürlich Hochsaison. Darüber lockt selbstgebackener Kuchen und anderen Leckereien in Restaurant und Café bei Inhaberin Juliane Syring.

Drei Appartements laden zum Entspannen ein. Zarte Fliederfarben und viel Liebe zum Detail verleihen jedem Zimmer seinen eigenen Charme. Apropos Flieder, auf lateinisch syringa, sprich Flieder, verrät Juliane Syring. Also Fliederhof.

Übrigens hatte Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger zusammen mit der diesjährigen Spargelkönigin Dana Beiler, gebürtige Beelitzerin, auf Syrings Spargelfeldern mit seinem Anstich die königliche Saison eröffnet. Im ganzen Land wächst das edle Gemüse auf insgesamt 4.200 ha, davon 2.860 in Ertrag. Und rund 62 Prozent davon allein im Beelitzer Spargelland. Bundesweit steht Brandenburg damit nach Niedersachsen und NRW auf Platz 3.

Und weil wir gerade bei Zahlen und Fakten sind: Unser kundiger Begleiter Manfred Schmidt, der Präsident des Beelitzer Spargelvereins seit 25Jahren, führte uns natürlich auch ins benachbarte Schlunkendorf, in das Spargelmuseum Beelitz. Es atmet eine über 2.500 Jahre alte Spargelgeschichte, als deren Heimat Vorderasien überliefert ist.

Die Römer und Kreuzfahrer brachten dann das heute so wertgeschätzte Edelgemüse nach Mitteleuropa. Chroniken vermerken, dass in Deutschland Spargel bereits um 1550 das erste Mal im Stuttgarter Lustgarten angebaut wurde.
Weitaus jünger ist die Beelitzer Spargelgeschichte.

1861 baute der Ackerbürger und Glasermeister Carl Friedrich Wilhelm Herrmann ein Gemüse an, das kaum einer kannte, aber bald jeder wollte. Heute ist die vielgerühmte Gemüse Delikatesse in aller Spargelmunde und fehlt auch auf keinem Berliner Obst- und Gemüsemarkt.
Dafür sorgen auch die meist zu Erlebnishöfen ausgebauten Beelitzer Spargelhöfe, die den Großteil der märkischen Stangen auf kurzen Wegen an die Verbraucher liefern.

Magnet Spargel- und Erlebnishof Klaistow

Zurück zu den Produzenten. Der Weg führte uns weiter in den bekannten Spargel- und Erlebnishof Klaistow. Und das aus gutem Grund, denn hier steht in diesem Jahr das 25jährige Bestehen des Familienunternehmens im Blickpunkt.

Seine Besitzer Jörg Buschmann und Ernst-August Winkelmann haben den Hof mit Familie und Mitarbeitern von einst „nur“-Spargelhof auf einen heute fast ganzjährig mit saisonal aufeinanderfolgenden Kulturen wie Erdbeeren, Heidelbeeren und Kürbissen geöffneten Betrieb als florierenden Erlebnishof entwickelt. Aber das wäre schon wieder eine neue Geschichte.

Bleiben wir beim Spargel: Von anfangs 11 Hektar ist das Familienunternehmen mit heute 600 Hektar Spargelland und rund 100 Verkaufsständen in Brandenburg und Berlin einer der größten Spargelanbauer in der Beelitzer Region.

In den letzten Wochen strömten die Besucher wieder auf den Hof, kehrten in Spargelzelt mit Biergarten und Scheunenrestaurant ein, kauften im Hofladen regionale Köstlichkeiten, belagerten die Jüngsten Kinderspielplatz und Streichelzoo, nahmen rege Betriebsbesichtigungen in Anspruch.

An guten Tagen bis zu 10.000. Letzteres schärfe durchaus den Blick auf die Arbeit hinter den Kulissen, auf Werte und Schaffen des Einzelnen, resümiert Winkelmann.
Übrigens bringt ein Hektar Spargel im Durchschnitt seiner Lebensdauer von acht Jahren einen Ertrag von sechs Tonnen im Jahr, und eine Stange Spargel wiegt im Schnitt 50 g.

Na dann, guten Appetit! Oder um mit dem Dichterfürsten Goethe zu sprechen: „Der Spargel ist wahrlich der König aller Gemüse; bedauerlich nur, dass seine Herrschaft so kurz währt.“ – Notizen aus seinem Tagebuch, als er im 18. Jahrhundert mit der Postkutsche auf der Durchreise nach Weimar, Station in Beelitz machte.

Interessant vielleicht auch der Hinweis auf das älteste bekannte Spargelrezept aus der Zeit um 40 v.Chr. von dem Römer Gavius Apicius. Er empfahl schlicht Spargel in Eierkuchen.

Höhepunkt in Beelitz: Umzug mit Spargelpyramide

Apropos Beelitz. Schon das Ortseingangsschild „Spargelstadt Beelitz“ macht wohl den Stolz seiner Einwohner auf diese Spezialität deutlich. Und weithin bekannt das alljährliche Spargelfest mit Umzug und seiner typischen Beelitzer Spargelpyramide, mit dabei natürlich auch Bürgermeister Bernhard Knuth und Spargelkönigin Dana Beiler, die wohl in den Wochen der Spargelsaison kaum eine Ruhepause hatte.

Aber das mache ihr großen Spaß, hatte uns am Rande die Studentin der Gesundheitswissenschaften verraten. International auch schon als Entwicklungshelferin in Afrika gewirkt und ein Praktikum im Rahmen ihres Studiums in Brüssel absolviert, war sie auch eine versierte Botschafterin in Sachen Brandenburger Edelgemüse.

Im Tor zum Fläming, wie der Bürgermeister den über 1.000jährigen Ort gern nennt, lebt auch ein Stück Postgeschichte. Hier war ein Haltepunkt auf der Poststrecke Berlin – Leipzig, errichtet 1789. Heute ein Museum, vermittelt es einen Blick hinter die Kulissen des Postwesens zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert. Viele Persönlichkeiten der Zeit wie der oben zitierte Dichterfürst Goethe, Schiller und Bach machten hier Rast.

An den Hörstationen kann man das Reisen mit der Postkutsche anhand von Reiseberichten nachvollziehen wie die Eindrücke des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling von der Fahrt über staubige Straßen und die Ankunft in Beelitz. Aber fragen Sie den Postmeister…

Nebenan gleich die Tourist-Information, in der man – ebenso wie in der nahe gelegenen umfunktionierten ehemaligen öffentlichen Telefonzelle viele Informationen über die Stadt und Umgebung im Naturschutzgebiet Nuthe – Nieplitz einholen kann.

So über die demnächst vom 6. bis 16. August stattfindenden Beelitzer Festspiele unter freiem Himmel mit der Operette „Frau Luna“ am Ufer der Nieplitz .

Abstecher in die Privatbrennerei auf Schultz’ens Siedlerhof

Vielleicht noch einen Tipp, wo man auf seinem Ausflug in das Beelitzer Spargelland ebenfalls hiesigs Produkte in Augenschein nehmen kann: Schultz’ens Siedlerhof in Glindow – Elisabethhöhe in Werder. Sein Markenzeichen ist die Privatbrennerei, Domizil von Sohn Michael. Auf zahlreichen weltweiten Messen wurden die Edelbrände prämiiert. Herausragend dabei sein Glina-Whisky.

Der Besucher kann zwischen hochwertigen handgemachten Obstbränden, Obstweinen, Likören, Gin & Whisky aus eigener Herstellung wählen, im Restaurant verkosten und natürlich im eigenen Hofladen auch kaufen.

Sohn Michael hat sich zu einem Brennmeister der Spitzenklasse entwickelt, seine Spezialität, wie gesagt, der Glina-Whisky. Der Begriff Glina stammt übrigens aus dem Slawischen und bedeutet so viel wie Ton und Lehm. Und daraus leitet sich auch der Ortsname Glindow ab.

Als nächstes großes Vorhaben steht die Eröffnung der Erlebniswelt in der Destillerie an.
Wer jetzt in den nächsten Wochen Lust auf einen Whisky-Abend mit 3-Gänge-Menü, Verkostung, Einblicke in die Herstellung und passender Livemusik auf dem Siedlerhof hat, erhält Tickets und Veranstaltungstipps unter www.glina-whisky-shop.de