Wohnen in der DDR

Bühnenbild Ansicht einer Neubaufassade

_von Barbara Ludwig_

Angesichts des großen Jammerns bezüglich derzeitig praktizierter Wohnungspolitik zwingen sich mir Erinnerungen des Wohnungsdebakels in der DDR auf. Wie wohnten wir? Nicht gut. Mitunter, so kann man sagen, katastrophal. Ein starkes Wort, aber oft zutreffend.

Die übermäßig große Wohnungsnot betraf nach beiden Weltkriegen ganz Deutschland. Und vordem lebten die Deutschen auch nicht gerade im großen Wohlstand, so dass fehlender Wohnraum schon immer ein Problem war.
Die DDR bekam den Wohnungsmangel bis zu ihrem Ende nicht in den Griff, obwohl Mitte der 70er Jahre ein starker Bauboom begann, der bis Mitte der 80er Jahre anhielt. Die Ursache des anhaltenden Mangels? Zu später Baubeginn wegen fehlender Finanzen, fehlenden Materials, ungenügender Arbeitsmittel und Mangel an Arbeitskräften.

Die DDR war ohne jede finanzielle oder materielle Hilfe gezwungen, mit diesem Problem allein fertig zu werden. Hinzu kamen die hohen zu zahlenden Reparationsleistungen. Außerdem verstand sich die DDR als ein rundum sozialer Staat, was zur Folge hatte, dass vom Anfang bis zum Ende der DDR die Mieten unverändert niedrig blieben.

Da die Einnahmequelle Miete nicht einmal die anfallenden Reparaturkosten deckte, fehlte das Geld für die Sanierung alter Häuser oder Wohnungen. Die meisten Bauten waren Volkseigentum.

Die Bundesrepublik war von Reparationsleistungen ausgenommen. Zudem erhielt sie Unterstützung durch Inkrafttreten des Marshallplanes für das westliche Europa ab dem Jahr 1948, dem Wirtschaftswiederaufbauprogramm. Dieser Plan trug zum sogenannten Wirtschaftswunder Westdeutschlands bei.

Die Bevölkerung der DDR litt unter der Wohnungsnot ganz enorm. Mit der Realisierung des groß angelegten Wohnungsbauprogramms ab den 70er Jahren entstanden neue Stadtteile in Berlin, wie die Stadtbezirke Marzahn und Hellersdorf, ebenso bedeutende Wohnungsbauvorhaben in Berlin Lichtenberg und Berlin Hohenschönhausen. Nicht zu vergessen der neu erbaute Stadtteil in Halle, Halle Neustadt.

Und doch reichten die Wohnungen nicht. Einer der Gründe lag allerorts in dem nicht beziehbaren Wohnraum wegen Bauverfalls. Ein weiterer Grund waren die vielen jungen Familien, die hinsichtlich des Familienzuwachses großzügig unterstützt wurden. Die jungen Familien profitierten als erste von frei werdenden Wohnungen oder vom Neubau. Dabei ist nicht gesagt, dass für sie dann der Wohnraum ausreichte, trotzdem war das Wohnen für diese Familien eine Errungenschaft. Andere hatten ganz einfach Glück, wenn sie eine ordentliche Wohnung bewohnen durften. Nicht so bei vielen weiteren Bürgern. Beispiele mir bekannter Menschen belegen das:

Eine fünfköpfige Familie musste mit über 45 m² auskommen. Die kranke Oma gehörte dazu und wurde trotz der engen Wohnverhältnisse liebevoll umsorgt.
Eine dreiköpfige Familie wohnte in einer kleinen Einzimmerwohnung. Schrie des Nachts das Baby, musste es im Kinderwagen im Korridor schlafen.

Eine andere Familie, sechs Mitglieder plus Oma, wohnte in drei Zimmern je neun m² groß mit einer ebenfalls kleinen Küche. Der Oma wurde später ein kleiner Kellerraum ausgebaut. Keine Sonne, wenig Licht.

Jugendliche oder gar Kinder besaßen selten ein eigenes Zimmer. Im Schlafzimmer standen alle Betten, oft Doppelstockbetten. Hatte ein erwachsen gewordenes Kind das Pech, keinen Ehepartner zu finden, musste es, egal wie alt, bei den Eltern wohnen bleiben. Unverheiratete hatten, wie man heute sagt, keine Lobby. Erzwangen sie doch ihre Selbstständigkeit, wohnten sie irgendwo in der Nähe des Arbeitsortes zur Untermiete, meist möbliert.

Oder verwitwete und dadurch allein lebende Menschen mit einer verhältnismäßig großen Wohnung hatten Untermieter aufzunehmen. Dieses Zusammenleben ging fast nie gut. Unruhe und die gemeinsame Nutzung von Küche und Toilette belasteten ungeheuer.

Jeder Wohnraum, und war er noch so kläglich, wurde gemietet. Oft handelte es sich um ‚Bruchbuden‘, deren Mieter diese auf eigene Kosten, teils auch mit finanzieller und handwerklicher Unterstützung durch die Kommunale Wohnungsverwaltung ausbauten. Das konnten nur starke Menschen auf sich nehmen, die schwächeren hatten das Nachsehen.

Ich will nicht verschweigen, dass es Privilegierte gab, denen ausreichend Wohnraum gewährt wurde und Menschen, die sich durch unlautere Beziehungen diesen verschafften.

Die Wohnungsmisere überschattete viel Lobenswertes in der DDR.
Es bleibt zu hoffen, dass heute die Wohnungspolitik niemals ein derartiges Desaster zulässt. Nicht nur Stadtentwicklung ist wichtig, vielmehr ordentliches Wohnen für alle Bürger.