Nun auch auf grenzenloser Odertour

Die "Zefir" an der Anlegestelle Holzmarkt in Frankfurt/Oder

von Ursula A. Kolbe

„In guter Nachbarschaft“ – und das im besten Sinne des Wortes und im Alltag längst verbürgte Realität. Polen, unser östlicher Nachbar jenseits der Oder, ist nunmehr seit zehn Jahren Mitglied in der EU.

Ganz in diesem Sinne stand kürzlich die Veranstaltung der IHK Berlin, auf der die Rolle der gewachsenen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Polen und Berlin gewürdigt wurde.

Polnische bzw. polnischstämmige Unternehmen stellen mit einem Anteil von knapp 20 Prozent aller hier gemeldeten ausländischen Gewerbe die bei weitem größte und gründungsfreudigste ausländische Business Community.

Erinnern wir uns: Vor zehn Jahren, am 1.Mai 2004, wurden acht osteuropäische Länder und zwei Mittelmeerstaaten Mitglieder der EU. Durch den Beitritt Estlands, Lettlands, Litauens, Maltas, Polen, der Slowakei, Tschechiens, Ungarns und Zyperns wuchs die EU mit einem Mal um 75 Millionen Einwohner.

Aus diesem Anlass würdigten fünf Außenminister, unter ihnen auch Frank-Walter Steinmeier, in einem gemeinsamen Brief diesen Schritt und schreiben einleitend „In der Nacht zum 1. Mai 2004 war Europa in Feststimmung.

Als um Mitternacht die Feuerwerke zündeten, reichten sich die Menschen auf der Oderbrücke zwischen Frankfurt und Slubice die Hände, und mit ihnen zwei lange getrennte Hälften unseres Kontinents.“ (Nachzulesen im „Tagesspiegel vom 30.04.2014.)

Die deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen waren in den letzten zwei Jahrzehnten durch eine erfolgreiche Kooperation geprägt, der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag hat es besiegelt. Allein der deutsch-polnische Warenumsatz ist in dieser Zeit fast um das Siebenfache gestiegen.

Kennzeichnend auch für Berlin sind die ständig steigenden Ein- und Ausfuhren, und diese Entwicklung verstärkte sich mit dem EU-Beitritt noch einmal deutlich.
So wuchsen die Ausfuhren z. B. zwischen 2004 und 2007 jährlich um durchschnittlich 20,7 Prozent. Das Niveau der Einfuhren aus Polen nimmt seit 1997 fast durchgängig zu und erreichte im Jahr 2011 seinen bisherigen Höhepunkt.

Deutsch-polnische Partnerschaft mit „Wasser unter dem Kiel“

Und in diesem Zusammenhang kann man auch den Start der ersten gemeinsamen wassertouristischen Saison auf der Oder sehen. Erstmals seit 70 Jahren legen zwei neu gebaute Ausflugsschiffe, die „Zefir“ und „Laguna“, diesseits und jenseits der Oder an.

Bis auf wenige Charterangebote war in den Jahrzehnten zuvor dieses maritime Erlebnis zum Erliegen gekommen.

Seit wenigen Wochen nun pendeln die beiden Kapitäne Tadeusz Raduchala und Leon Cynk mit ihren Crews bis in den Oktober hinein zwischen den Orten Krosno Odrzanskie, Eisenhüttenstadt, Slubice, Frankfurt/Oder und Kostrzyn nad Odra nach einem festen Tourenplan.

Gebaut wurden die Schiffe in den beiden polnischen Flusswerften Januszkowice und Kedzierzyn Kozle. Die Vermarktung obliegt dem Verein „Oder für Touristen“.

Wir „enterten“ an der Anlegestelle in Frankfurt/Oder am Holzmarkt die „Zefir“, um auf ihr die grenzüberschreitende Jungfernfahrt mitzuerleben, die Natur dieser Region kennen zu lernen, hat sie sich doch in den letzten Jahren zu einem attraktiven Gebiet für Naturliebhaber, Wasserfreunde überhaupt entwickelt.

Dieses von der EU geförderte Projekt „Odra dla Turystow – die Oder für Tourismus 2014“ trägt quasi im 10. EU-Sommer erste Früchte und ist stolzes Ergebnis drei Jahre langer Arbeit der in Frankfurt/Oder und Poznan beheimateten deutsch-polnischen Beratungsagentur, die dieses Projekt im Auftrag der federführenden polnischen Stadt Nowa Sól koordiniert hat.

Im Ergebnis wurden u. a. insgesamt auf 230 km Flusslänge zwischen Bytom Odrzanski in der Wojewodschaft Lubuskie und Küstrin eine Infrastruktur mit Häfen und Sportboot-Marinas nach dem Vorbild der Gelben Welle geschaffen. Es gibt zweisprachiges Kartenmaterial und einen detaillierten Reiseführer, erhältlich in allen beteiligten Städten.

Frankfurt/Oder erhält im Winterhafen einen Schwimmsteg, und eine Marina für Sportboote wird gebaut und so die Möglichkeit erhalten, Motoryachten eine Anlegestelle im Einklang mit den Anforderungen der WEP3 zu bieten.

Weitere Vorhaben sind für den Ausbau der Infrastruktur, weitere Entwicklung der Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten, zur Förderung des Tourismus beiderseits der Oder sind voll im Blick.

Übrigens ist „Oder für Touristen 2014“ die Fortführung von Aktivitäten, die im Jahre 2004 in Nowa Sól, Bytom Odrzanski, Eisenhüttenstadt und Cigacice begonnen wurden. Und jetzt laufen schon neuen Gespräche der Projektpartner unter dem Titel „Oder für Touristen 2020 – Lebuser Anlegestellen“. Das soll insbesondere die Schifffahrt auf der Mittleren Oder weiter voran bringen.