Langohr’s Kurs auf Brandenburger Fluren
Bild: Albrecht Dürer, 1502
von Ursula A. Kolbe
Eine erfreuliche Nachricht aus der Tierwelt in dieser bewegten Zeit: Es gibt ihn noch, den Feldhasen (Lepus europaeus) in Brandenburg. Während das WILD-Projekt des deutschen Jagdverbands für das letzte Jahr einen leichten Anstieg der Hasenpopulation hierzulande auf durchschnittlich 12,4 Tiere pro Quadratkilometer ermittelt hat, bleiben die Zahlen für Brandenburg mit im Durchschnitt rund 5,5 Hasen niedrig, aber stabil. Die Ursachen dafür sind vielfältig.
In den 29 landesweiten Zählgebieten schwankten die Besätze zwischen zwei und 22 Hasen je Quadratkilometer. Durch den warmen Frühling war schon das zweite Jahr eine vergleichsweise gute Vermehrungsrate zu verzeichnen.
Das typisch trockene und warme märkische Klima kommt dem Hasen als ursprünglich asiatischem Steppentier sehr entgegen, doch fehlt es ihm oft an kleinflächiger Abwechslung durch kleine Landwirtschaftsflächen mit unterschiedlichen Fruchtarten und wichtigen Landschaftselementen wie Hecken und Feldgehölzen. In geringerer Zahl gibt es auch Waldhasen, die jedoch noch seltener im Unterholz oder auf Waldwiesen zu sehen sind. Oft verraten sie ihre Anwesenheit leider dann, wenn sie junge Forstpflanzen verbeißen.
Meist Opfer des Straßenverkehrs
Viele Jäger sind „nicht des Hasen Tod“, denn die Grünröcke verzichten aufgrund der niedrigen Besatzdichten vielfach auf die Jagd. In ganz Brandenburg wurden im letzten Jahr nur 657 Hasen regulär erlegt und oftmals nur dann, wenn Schäden durch die Tiere im Wald oder an Obstgehölzen zu stark wurden.
Fast 2.000 Hasen sind stattdessen nachweislich Ofer des Straßenverkehrs. Unerkannt bleiben die vielen Opfer durch die freilaufenden Hunde uneinsichtiger Menschen insbesondere im Frühjahr, wenn die jungen Hasen geboren werden. Obwohl sie bis zu 12 Jahre alt werden können und oft mehrere Jahrgänge im Frühjahr geboren werden, erleben viele Junghasen ihren ersten Geburtstag nicht.
Besonders viele Hasen werden z. B. regelmäßig auf der Grünbrücke über die Autobahn A13 bei Teupitz gesichtet, sie gehören dort zu den meist gezählten Tieren auf diesem Bauwerk, wie die Wissenschaftler des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE) berichten. Viele kleine Maßnahmen durch engagierte Jäger, Landwirte und Grundeigentümer helfen oft die Lebensbedingungen der Hasen im Land zu verbessern. Dazu zählen die Anlage von Blühstreifen, Hecken und Feldholzinseln oder Raubwildreduktion.
Ein Meister der Tarnung und exzellenter Sprinter
Auf Deutschlands Fluren hoppeln schätzungsweise insgesamt rund 3.000.000 Feldhasen, und das heißt, auf einen Deutschen kommen 27 Hasen. Das Säugetier besiedelt offene und halboffene Landschaften. Sein natürliches Verbreitungsgebiet reicht in West-Ost-Richtung vom nördlichen zentralen Spanien und der Bretagne bis in den Südwesten Sibiriens und in den Nordwesten der Mongolei.
In Nord-Süd-Richtung reicht das Areal von Dänemark und – unter Aussparung des größten Teils von Skandinavien – vom Norden Finnlands bis Nordspanien, bis ins nördliche Italien und bis in den Süden Griechenlands. Aus jagdlichen Gründen ist die Art auch in weiteren Teilen Europas sowie anderen Kontinenten eingebürgert worden.
Das Langohr gilt als ein Meister der Tarnung mit einem ausgezeichneten Gehör, aber auch als ein exzellenter Sprinter mit einer ausgefeilten Fluchttechnik, den so schnell keiner einholt. Er ist überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv, vor allem am Anfang der Fortpflanzungszeit im Spätwinter und im Frühjahr aber auch tagaktiv. Sonst sind sie Einzelgänger und ruhen tagsüber in Sassen genannten flachen, meist gut gedeckten Mulden.
Bei Gefahr „drücken“ sie sich bewegungslos an den Boden und ergreifen erst im letzten Moment die Flucht. Über kurze Distanzen sind Geschwindigkeiten bis zu 70 km pro Stunde und Sprünge bis zu zwei Meter hoch möglich.
Wie dem Langohr das Leben schwer gemacht wird
Der Feldhase und der Schneehase sind die größten Hasenartigen in Europa und in Gefahr. Die Intensivierung der Landwirtschaft und Zerstörung der Landschaften machen ihm das Leben schwer. Seit den 1960er Jahren hat der Bestand in vielen Teilen Europas stark abgenommen. Untersuchungen in den Jahren 2004 bis 2009 hatten ergeben, dass sich insbesondere der Anbau von Wintergetreide, Raps und Mais auf immer größeren Feldern negativ auswirkt.
Schwindende Saum-, Kraut- und Staudenpflanzen und eine Reduzierung der Brachflächen um fast drei Viertel innerhalb der letzten zehn Jahre sind bedeutende Faktoren des Bestandsrückgangs. In Deutschland wird der Feldhase daher in der Roten Liste als „gefährdet“ (Kat. 3) geführt, in einigen Bundesländern wie Brandenburg- und Sachsen-Anhalt als „stark gefährdet“ (Kat.2). Der Weltbestand gilt laut IUCN jedoch als ungefährdet („least concern).
Übrigens hat sich im Verlauf von Jahrhunderten eine eigene Ausdrucksweise in der Fachsprache der Jäger entwickelt, die insbesondere Aussehen und Verhalten des zum Niederwild zählenden Meister Lampe betreffen: So heißen die Ohren Löffel, die Augen Seher, der Schwanz Blume. Wegen seiner Gestalt wird er der Krumme genannt.
Dürers Feldhase und seine berühmteste Naturstudie
Auch in der Kunstgeschichte hat der Feldhase seinen unverrückbaren Platz. Dank des berühmten Augsburger Malers Albrecht Dürer (1471 – 1528). Er hat im Jahre 1502 mit differenzierter Pinselführung in Aquarell- und Deckfarben das etwa zweijährige Tier äußerst realistisch verewigt. Dürers Feldhase ist nicht nur seine berühmteste Naturstudie und ein sehr erster Höhepunkt der Naturbeobachtung in der abendländischen Kunst, sondern auch das Herzstück der Albertina in Wien. Unter all seinen Zeichnungen sollte das „Häslein“ die glanzvollste Karriere machen.
Bereits im 16. Jahrhundert und besonders um 1600 gab es eine große Zahl von Wiederholungen und Nachahmungen. Dreizehn sind heute bekannt, davon drei freie Varianten, die einen Hasen von vorn zeigen. Hans Hoffmann kopierte Dürers Werke, auch den Feldhasen, zum anderen wandelte er das Bild auch ab, indem er den Hasen im Wald oder in einem Ziergarten darstellte.
Damit war die Entstehung des Tierstückes, eines neuen Bildtypus, eingeleitet.
In römischer Zeit waren Jagddarstelllungen ein beliebtes Thema in der Kunst, wie z. B. Hasenjagden. Mit der Performance „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ führte Joseph Beuys den Hasen 1965 in die moderne Aktionskunst ein.
Als sehr verbreitetes heimisches Tier hat der Hase seinen Platz auch in Märchen (Der Hase und der Igel), Fabeln (Meister Lampe) und Redewendungen (Angsthase, Hasenfuß, Hasenpanier) gefunden. Sprichwörtlich sind seine Scheu, seine Schnelligkeit, seine Wendigkeit und seine langen Ohren. Er ist neben dem Ei zum Symbol der Fruchtbarkeit und des Osterfestes geworden.
751 bezeichnete Papst Zacharias in einem Brief an Bonifatius den Feldhasen (wohl im Rückgriff auf jüdische Speiseverbote) als unrein und verbot seinen Verzehr. Hingegen erlaubte der Erzbischof Theodor von Canterbury (602-690) den Genuss von Hasenfleisch und stellte die gesundheitsfördernde Wirkung heraus.
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