Die Bierbrauer vom Böhmerwald
Bild: Günter Knackfuß
von Günter Knackfuß
Nahezu 15 Mikrobrauereien, Bierhöfe und kleine Brauhäuser gibt es im tschechischen Böhmerwald. In Böhmen wurde Bier seit jeher aus Hopfen, Malz und Wasser gebraut. Brauen konnte fast jeder, meist wurde im Mittelalter jedoch von Geistlichen und Feudalherren gebraut. Die erste schriftliche Erwähnung, des Bierbrauens auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik stammt aus dem Jahr 1088. Noch heute ist Bier das tschechische Nationalgetränk. Nach 1990 haben junge, gut ausgebildete Braumeister die teilweise verschollene Bierbrautradition im Böhmerwald wiederentdeckt. Heute werden die nachgefragten Biersorten in alten und neuen Gaststätten gebraut, wobei die Brauanlagen meist im Schankraum positioniert sind. Wir Deutsche kennen eine solche Praxis auch in Bayern. Über eine Woche lang haben wir verschiedene Pivovar besucht, besichtigt und köstliches Bier probiert.
Die Minibrauerei Pekárna Kvilda befindet sich seit 2011 in der am höchsten gelegenen Gemeinde in der Tschechischen Republik. Der Ort Kvilda (Aussergefild) liegt an der Kreuzung der Touristik-, Ski- und Radwege im Herzen des Böhmerwaldes in einer Höhe von 1064 m über NN. Braumeister Petr Jelinek hat seine ureigenen Biersorten im Angebot: „Wir brauen helles Schankbier Desaterák 10°, helles Lagerbier Dvanácterák 12°, dann 2 weitere Helle und gelegentlich Spezialbier – halbdunkles Divočák 13° sowie Galapetr. Vorrangig wird unser Bier hier in der Region getrunken von den Bewohnern und den Touristen“. Wir haben uns an das stärkere Halbdunkle gehalten und empfehlen es weiter. Ganz bequem sitzt man im holzbetonten Gastraum und hat den Tresen mit den Braukesseln im Blick.
Nur 7 km weiter erreichen wir Modrava (Mader) mit seiner Lyer-Brauerei. An diesem Ort im Sumava Nationalpark wurde Bier höchstwahrscheinlich niemals gebraut. Erst im Jahre 2013 hat dies der hiesige Hotelier Radovan Lyer korrigiert. Er hatte Glück bei der Auswahl des Mälzers und errichtete im Herzen des Böhmerwalds neben einem attraktiven Hotel mit einem stilvollen Restaurant auch eine wunderschöne Brauerei. Sie hat sich mit ihren Lagerbieren in der Qualität beinahe umgehend unter die tschechische Brauspitze eingereiht. Rostislav Dohnal sagt: „Wir ziehen Qualität der Quantität vor, und halten daher eine Bierproduktion bis 1 000 hl pro Jahr aufrecht. Gebraut wird hauptsächlich der König der Biere – das Pilsner/tschechische Lager. In einer 10hl-Kupfersudpfanne mit dem klassischen Doppelmaische-Verfahren aus dem Wasser des Böhmerwalds und mit den besten tschechischen Malzen und dem Saazer Hopfen“.
Von Modrava aus machen wir einen Abstecher nach Mechov (Mosau), gleich um die Ecke. Tief im Wald liegt die Pension Zlaty Snerc mit einer Mini-Brauerei, die 2012 im Keller rekonstruiert wurde. Oberbrauer Miroslav Houdek empfiehlt die Hausmarken Helles „Goldener Hirsch“ und „Goldenes Reh“.
Etwas weiter entfernt hat uns Braumeister Stepan Hajn nach Susice (Schüttenhofen) eingeladen. Auch hier bilden Gaststätte, Bierstube und Brauerei „U Svelchu“ eine Einheit. Der Brauer erklärt uns die Hintergründe: „Wir sind eine junge Brauerei, die im September 2014 gegründet wurde. Nach 65 Jahren haben wir hier die Brautradition wiederbelebt, deren Wurzel bis in die Zeiten des Herzogs Přemysl Otakar II. (13. Jh.) zurückgreift. Wir brauen auf traditionelle Weise mit zwei Malzmaischen. Unsere Biere sind durch volle Farbe, Geschmack und Geruch gekennzeichnet. Alle unsere obergärigen als auch untergärigen Biere sind unfiltriert und unpasteurisiert. Zu unseren untergärigen Biere gehören – Sušičák Helles Schankbier, Nuželický Lagerbier hell und halbdunkles Lagerbier“.
Die Brauerei Pivovar Prachatice (Prachatitz) knüpft an die Tradition des Bierbrauens in der Renaissance-Stadt Prachatice an. Die ersten Erwähnungen über das Bierbrauen in dieser Stadt gab es schon im Jahre 1379. Die heutige Familienbrauerei existiert seit August 2005 und konzentriert sich vor allem auf das traditionelle tschechische Lagerbier. Die Besitzer achten sehr auf das traditionelle Brauverfahren und suchen nur die besten Rohstoffe zum Bierbrauen aus. Zur Brauerei gehört auch ein böhmisches Restaurant im historischen Stadtzentrum. Braumeister Michael Neuwirth meint, „dass die Mälzerei und die Brauerei seit ewigen Zeiten zu Prachatice gehören, wie der Goldsteig, der direkt durch die Stadt führte“. Hergestellte und verkostete Biersorten sind helles Lagerbier 11° und 12° ungefiltert und unpasteurisiert; IPA helles Bier 13°; Bradáček 13° halbdunkles Lagerbier und English RED ALE 14,3° halbdunkles Spezialbier.
Als Empfehlung unserer böhmischen Bierfreunde soll hier auf die Historische Bierbrauerei Český Krumlov (Krumau) verwiesen werden. Auch sie knüpft an die Tradition des Bierbrauens in Český Krumlov an, welche mit der Stadt seit ihrer Entstehung im 13. Jahrhundert verbunden ist. Es geht heute um die Leidenschaft für das ungefälschte böhmische Bier und die Bemühung zur Erneuerung des Rufes des Krumauer Biers aus Zeiten seines größten Weltruhms zu Regierungszeiten der Herren von Rosenberg und Schwarzenberg. Die Brauerei distanziert sich von der industriellen Weise der Bierproduktion. Das Ziel ist ungefälschtes klassisches böhmisches Bier mit hochwertigen Zutaten und Arbeitsprozessen zu brauen. Einfach ein Bier, auf welches Bierliebhaber aus Südböhmen stolz sein können. Aktuelle Biersorten: Helles Lagerbier (11°) gefiltert und ungefiltert, helles Lagerbier (12°) gefiltert und ungefiltert, dunkles Lagerbier (11°) und dunkles Rauchlagerbier (12°).
Ein vorerst erreichtes Zwischenziel sollte die Böhmerwaldbrauerei in Vimperk (Winterberg) sein. Das Bier braute man früher in Winterberg in zwei Brauereien. Die Bierbrauerei hatte hier ihren großen Aufschwung in 19. Jahrhundert. Die letzte Anlage wurde im Jahre 1967 geschlossen. An diese Tradition knüpft die Bőhmerwaldbrauerei in Winterberg jetzt wieder an. Das Brauhaus erreichen wir im unteren Teil des Marktplatzes in der Steinbrenerstrasse. Die Böhmerwälder Brauerei wurde im Jahre 2010 vom Ehepaar Dr. Alena und Ing. Ivan Hojdar gegründet. Sie gehört zu den kleinen Betrieben, die auf das Bierbrauen nach den traditionellen Verfahren und Rezepturen abzielen. Es werden ungefilterte und unpasteurisierte Biere ohne jegliche künstliche Zutaten und Konservierungsmittel hergestellt. Die Kochpfannen sind rostfrei mit Kupferblechverkleidung mit einem Volumen von 2,5 hl und mit Elektroerwärmung. Die Gärung findet im traditionellen offenen Gärkeller statt und das Bier reift dann ein paar Wochen in den Lagerfässern. Das highlight der Brauerei ist die Marke „General Patton“, ein extra bitteres Spezialbier mit 13 Grad Stammwürze.
Im gesamten Land Böhmen warten auf echte Bierfreunde unzählige Brauereien mit ihren ganz speziellen Biersorten. Von tschechischer Seite werden für die Touristen auch individuell abgestimmte Bierreisen und Bierrouten angeboten. Na dann PROSIT allen Bierkennern und Bierfreunden.
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