Escort-Service der anderen Art
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von Wolfgang Prietsch
Im Südosten der Insel Rügen, auf Mönchgut, erstreckt sich zwischen den Seebereichen Hagensche Wiek und Having die Landzunge/ Landspitze Reddevitzer Höft.
Seit Jahren verbringen wir im Vorfrühling auf Mönchgut einen Wanderurlaub, der uns schon das Umlaufen aller zugänglichen Abschnitte der Rügischen Küste ermöglicht hat.
Jedes Jahr gehört auch eine Wanderung von Middelhagen über Mariendorf und Alt Reddevitz bis zur Steilküste am Reddevitzer Höft zum Programm. Mein liebes Ehegesponst Christa hat nämlich schon als kleines Mädchen in den Jahren um 1940 hier in Alt Reddevitz mit ihrer Oma einen „Buddelurlaub“ gemacht, an den sie sich noch, wenn auch schwach, zurückerinnert (Anreise damals mit dem Postbus).
Vor einigen Jahren kamen wir wie immer auf so einer Wanderung zum Höft, schon ein Stückchen hinter Alt Reddevitz, auf der mit Beton- Elementen aus DDR- Zeiten belegten, zunächst endlos erscheinenden Landstraße an einem links der Straße gelegenen Grundstück vorbei. Ferienhaus und Garten sind von einer etwas 1,50 m hohen Feldsteinmauer zur Straße hin abgetrennt. Schon kurz vor dem passieren des Grundstückes empfing uns lautes, keineswegs freudiges Bellen. Dem Ton nach kam das von einem großen Hund. Der Verursacher des Bellens war zunächst nicht zu sehen.
Als wir schon fast am Grundstück vorbei waren, nahm unser noch weiträumig wirksames Gesichtsfeld mit großem Erschrecken und sofort einsetzender Angst (Adrenalin-Ausstoss!) hinter uns einen großen Schäferhund wahr, der gerade mit einem mächtigen Satz über die Feldsteinmauer sprang und auf uns zu gelaufen kam. Wer kann da nicht unsere Angst verstehen! Wir gingen stark beschleunigt weiter (bloß nicht rennen, wer weiß, was er dann macht!). Aber der große grau-braun gefärbte Schäferhund trabte ganz ruhig, mit dem buschigen Schwanz wedelnd, neben uns her. Wenn er bloß endlich wieder zurück geht, war unser Gedanke. Nichts davon geschah, der Hund trabte weiter neben uns her.
Langsam gewöhnten wir uns an diese Begleitung. Manchmal sah er uns von der Seite her an, manchmal lief er ein Stück voraus und sah sich nach uns um.
So verging die Zeit. Wir kamen weiter auf dem Weg, an einem Vierseitenhof vorbei, eine kleine Anhöhe hinauf, von der man einen phantastischen Blick auf die beeindruckende Landschaft des Rügischen Boddens, auf Seedorf und Moritzdorf, auf das ferne Jagdschloss Granitz, auf die Bucht von Alt Reddevitz (wo meine Frau als Kind am Strand mit Sandformen gespielt hat) und auch auf die Insel Vilm hat.
Der Schäferhund lief mit uns, oft auch uns voraus. Woher wusste er, wohin wir wollten?
Die Landschaft wurde zunehmend interessanter, die Betonstrasse war zu Ende, es ging auf und ab durch kleine Wäldchen, bis wir schließlich das Steilufer des Reddevitzer Höfts erreichten. Hier geht eine kleine Treppe hinab zum schmalen Strand unter der jedes Jahr weiter abbrechenden Steilküste. Unser – jetzt konnten wir schon sagen- freundlicher Begleiter blieb oben stehen, während wir die Treppe hinab zum Ufer gingen und dort kurz blieben.
Als wir wieder hochkamen, war er immer noch da. Auch auf dem Rückweg verlief alles, wie gehabt. Als uns auf einem relativ engen Wegteil entgegenkommende Wanderer ziemlich nahe kamen, knurrte unser Begleiter und zwängte sich zwischen uns und die anderen Leute.
War das schon eine „Beschützerpose“? Wer kennt die Reaktion so eines Tieres?
Er begleitete uns den ganzen Rückweg. Als wir an „seinem“ Heimatgrundstück ankamen, sprang er wie zum Beginn der gemeinsamen Wanderung wieder über die Mauer.
Das wird er wohl, wenn ihm langweilig ist, immer so machen, dachten wir, er ist ja zielsicher bis zur Höftspitze mitgelaufen. Leider kennen wir nicht den Namen unseres freundlichen Begleiters. Aber wir werden diesen Hund nicht vergessen.
Auf dem Rückweg haben wir in der Ruhe der wunderbaren mittelalterlichen Middelhagener Kirche mit einem frohen Lächeln an dieses Erlebnis zurückgedacht.
Escort- Service? Sie haben doch nicht etwa an eine unserer Großstädte gedacht, wo bestimmte dienstreisende Herren – und auch Damen – für den Abend bei stets dienstbereiten einschlägigen Vermittlungsagenturen einen passenden Partner für Sightseeing, Barbesuch und intime Stunden danach ordern können (gegen ein nicht zu knappes Honorar, versteht sich!). Nein, unsere Escort- Service war kostenfrei und von ganz anderer Natur.
Auch, wenn der Leser dieser Zeilen dieses unser Erlebnis nicht selbst haben wird, sei ihm doch eine Wanderung im frühen Frühjahr, wo noch nicht viel Trubel herrscht, über Rügensches Land, vielleicht auch zum Reddevitzer Höft nachdrücklich empfohlen.
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