Landschaftspflege mit Messer und Gabel
Bild: Naturschutz-Zentrum Südschwarzwald
von Ursula A. Kolbe
Die nächsten Urlaubstage im Schwarzwald verbringen? Ein sympathischer Gedanke.
Zumal ich da immer noch an unseren letzten Ausflug in dieses wunderschöne Mittelgebirge denke (und darüber geschrieben habe, siehe „Spätlese“- November/Dezember-Ausgabe 2013) mit dem Angebot, auch über weitere Erlebnisse aus dem Südschwarzwald zu berichten.
Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass die beiden Naturparke Schwarzwald Mitte/Nord und Südschwarzwald jetzt Teil der Kooperation Fahrtziel Natur sind, können ja mit dem umweltfreundlichen Mobilitätsangebot vor Ort die Schönheiten der Natur erlebt werden.
Das Stichwort hier heißt KONUS – Karte (KONUS = Kostenlose Nutzung des ÖPNV für Schwarzwaldurlauber). Das Freifahrtticket für Bus und Bahnen gilt in der gesamten Ferienregion zwischen Rhein und Neckar, Karlsruhe, einschließlich Basel, Badischer Bahnhof.
Als wir im Hotel „Adler“ in Bärental, einem Ortsteil von Feldberg, eincheckten, gab uns der Hausherr und Naturpark-Wirt Walter Wimmer mit der Gästekarte quasi den ÖPNV-„Mobilitätsöffner“ in die Hand, die uns als kleine Klappkarte zugleich mit praktischen Ausflugstipps, Übersichtskarte und nützlichen Hinweisen in den nächsten Tagen gute Dienste leisten sollte, um den äußersten Südwesten Baden-Württembergs im Dreiländereck Deutschland – Frankreich – Schweiz zu erkunden.
- Auf den Feldberg schweben
Mit seinen 370.000 Hektar ist der Naturpark Südschwarzwald der zweitgrößte Süddeutschlands. Und natürlich ist auch hier das wichtigste Ziel seiner über 550.000 Bewohner, die einzigartige historisch gewachsene Kulturlandschaft zu erhalten, das gute Miteinander von Natur und Mensch zu fördern. Den wachsenden Touristenstrom inbegriffen.
Als wir zum Feldberg, den höchsten Gipfel des Schwarzwaldes, kamen, erlebten wir schon Gewusel. Trotzdem brauchten wir nicht lange auf eine Gondel zu warten (die Kasse blieb uns ja dank Hochschwarzwald Card erspart) und schwebten langsam dem 1.493 Meter hohen Gipfel entgegen. Das Wetter war uns besonders gesonnen und wir sehr entspannt.
Auf dem Plateau sanft angekommen, hatten wir dann eine grandiose Fernsicht in alle Richtungen auf markante Gipfel und Bergketten: Im Westen die Vogesen mit dem Großen Belchen, im Norden die Hornisgründe, im Osten die Schwäbische Alb, im Süden die Alpen. Ein kluger Kopf hat errechnet, dies entspreche insgesamt einer Fläche von einem Sechstel der Bundesrepublik.
Einen herrlichen Blick auf all das hat man auch vom Feldbergturm aus. Und im ersten Stock gibt es viel noch Wissenswertes über den Schinken an sich im gleichnamigen Museum. Der ist nicht nur am heimischen Herd die immer noch begehrte kleine Zwischenmahlzeit oder Vesper, auch in Berliner Supermärkten sehe ich ihn in vielen Einkaufswagen, mich inbegriffen.
- Naturschutz mal ganz anders
Nachhaltige Eindrücke hinterließ ebenso der Besuch im Haus der Natur am Fuße des Feldbergs. 2001 als siebtes und größtes Naturschutzzentrum des Landes errichtet, ist der Andrang mit bis zu 1,5 Millionen Besuchern im Jahr ungebrochen. Hier lebt das Thema Mensch und Natur.
Faszinierend die 3D-Schau, die beeindruckend auf die abwechslungsreiche Landschaft einstimmt, macht das „virtuelle Geschichtsbuch“ mit sprechenden Bildern den Rückblick auf Geschichte in die Zeit vor 100 Jahren plastisch nachvollziehbar.
Unbestritten aber das Highlight ist der „Talking Ranger“ – der erste und einzige künstliche Ranger der Welt. Ob Groß oder Klein, jeder hat seinen Spaß daran, wenn er die Lieblingsfragen beantwortet. Naturschutz plus Humor gleich beste Wissensvermittlung, sage ich dazu.
Und selbstredend, dass das Naturschutzzentrum eine Vielzahl erlebnisreicher Führungen anbietet, die Jüngsten zudem das begehrte Junior – Ranger – Abzeichen erwerben können.
Ich konnte es mir auch nicht verkneifen, im Haus der Natur den Prospekt über „Den Wichtelpfad im Auerhahnwald“ mitzunehmen.
Er animiert geradezu dazu, im Sommer mit seinen wissensdurstigen Kindern oder Enkeln sich mit Wichtelpostbote Ferdinand und Feldbergwichtel Velt auf den 1,8 km langen Weg zu begeben, um Anton Auerhahn seinen Brief zu bringen. Dabei erhält man unterwegs Antworten auf Fragen zum Auerhahn, den vom Aussterben bedrohten Charaktervogel des Schwarzwaldes, und kann bei diesem Quiz mit Glück auch einen Preis gewinnen.
Dass Fazit aller Besucher beim Verlassen des Hauses sicher ist: Südschwarzwaldgeschichte neu erlebt.
Mehr Infos unter www.naz-feldberg.de ; www.naturpark-suedschwarzwald.de.
- Barrierefrei auf dem Schluchsee gesegelt
Mit dem Ziel Segelzentrum Schluchsee trafen wir am Bahnhof mit dem nicht alltäglichen Namen Aha ein. Valerie Bässler vom Südschwarzwälder Naturpark klärte uns auf, dass der Name aus dem Keltischen kommt und soviel wie Flüsschen heißt. Aha. Aber sie wollte uns ja das Segelzentrum mit seinem NaturCamp zeigen.
Segeln, mit den entsprechenden Segelbooten auch barrierefrei möglich, Kanu fahren, Baden, Wandern, Entspannen, am Lagerfeuer träumen und mehr – die Mannschaft um den Chef des gemeinnützigen Vereins Rudolf Eisel, selbst jahrzehntelanger Regatta-Segler, will auch Älteren und Behinderten solche Erlebnisse als Normalität vermitteln, den Gemeinschaftssinn untereinander ausprägen helfen.
Dank barrierefreier Bauten – wie dem Bootel – und entsprechenden sanitären Einrichtungen sollen auch Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen die beschauliche Begegnung mit der Natur und vielseitige sportliche Aktivitäten genießen können.
Nicht zu vergessen den tollen Mittagsimbiss hier im NaturCamp, den uns Carolin Klein und Doreen Faller vom Verein Bauerngarten- und Wildkräuterland Baden e. V. angerichtet hatten. Wir durften übrigens als erste ihre gerade erst kreierte Blütenhonigbutter verkosten. Einfach köstlich. Mehr, besonders für die Kräuterfreunde: www.kraeuter-regio.de.
- Alles Käse, aber immer!
Wie beschreibt man die Landschaft am besten, die schattigen Wälder, die Schwarzwaldhöfe, grasende Kühe, Schafe und Ziegen auf saftigen Wiesen und Weiden, der weite Blick ins Land, das alles ist Südschwarzwald. Und von hier kommt natürlich auch reichlich Milch, die in 18 Hofkäsereien verarbeitet wird.
Vom Schwarzwälder „Bibiliskäs“ über Weich-, Schnitt- und Frischkäse bis hin zum würzigen Bergkäse reicht das Angebot.
Die Höfe verkaufen außerdem in ihren Läden und auf Bauernmärkten praktisch alles, was der Schwarzwald an Spezialitäten zu bieten hat, wie selbst gemachten Joghurt, frisches Holzofenbrot, Marmeladen und Honig, schmackhafte Liköre sowie duftenden Schinken, Speck oder Räucherwürste.
Dazu sei noch vermerkt, dass der Prospekt „Naturpark – Käseroute“ bzw. unter www.naturpark-kaeseroute.de jeder der 18 Höfe mit Anschrift, Öffnungszeiten und seinen Spezialitäten verzeichnet ist.
Wir haben den Ospelehof in Hinterzarten besucht. Vom Bahnhof aus ließen wir uns mit der Pferdekutsche gemütlich durch den schmucken Ort kutschieren, an Weiden mit grasenden Highlands, den schottischen Hochland-Rindern und das ganze Jahr im Freien, vorbei zum Bauernhof von Martin und Jutta Braun, seit 1901 in Familienbesitz.
Milchbauer Braun hat sich das Käsehandwerk selbst beigebracht, wie er uns erzählt, und mit würzigem Bergkäse, Schwarzwald-Gouda, Weich- und Frischkäse plus Hofladen ein zweites Standbein geschaffen. 80 Prozent der Produkte werden im Hofladen verkauft, auch auf dem Wochenmarkt in Hinterzarten ist die Familie präsent.
Mittlerweile bereichert zunehmend Naturkosmetik mit Frischmolke unter dem Label „Ospelehof –Schwarzwaldkosmetik“ das Angebot, so z. B. Gesichtscreme, Pflegelotion, Badekugeln. Ebenso liegen Produkte aus der Region in den Regalen. Und fünf Ferienwohnungen laden in diese schöne Umgebung ein.
Des Weiteren nutzen viele Besucher wie wir mit Interesse eine Hofbesichtigung, sozusagen der Blick hinter die Kulissen, mit anschließendem Bauernbüfett versteht sich. Wir haben es uns beim Mittagsvesper schmecken lassen und abschließend auch den Hofladen „erleichtert“. Siehe auch www.ospelehof.de.
Im Schwarzwald sagt man, wer heimischen Käse verspeist, trägt selbst zur Offenhaltung der Landschaft bei und betreibt so „Landschaftspflege mit Messer und Gabel“. Eine treffende Aussage.
Auch bei diesem Beitrag darf der Naturpark-Wirt natürlich nicht fehlen. Uns verwöhnte im Hotel „Adler“ Walter Wimmer mit seinem Team. Bei ihm stehen Gemüse, Kartoffeln, Eier direkt vom Erzeuger, Fleisch und Wurst aus regionalen Metzgereien hoch im Kurs. Doch ehe ich lange über diese Vorzüge philosophiere, gebe ich einfach eines seiner Menüs wieder, wo ich nach dem Genuss im wahrsten Sinne des Wortes köstlich „genudelt“ war.
Also das war unser Freitagabend-Menü in vier Gängen: Siedelbacher Bergkäse, Elztäler Walnusssalami und luftgetrockneter Schinken; dann Adler Bergwiesenheusuppe mit gerösteten Kernen, es folgte das zarte geschmorte Kalbsbäckle in Spätburgundersauce mit glasierten Gälriebli und Kartoffelstampf, schließlich die karamellisierten Topfennocken mit eingelegten Gewürzzwetschgen sowie Walnußeis vom Eckhof in Horben.
Dazu als Weinempfehlung den 2011er Glottertäler Eichberg Spätburgunder. Von mir noch dazu die weitere Infoquelle zum Essen, Trinken und gut Übernachten: www.adler-feldberg.de.