Letzte Spur FONTANE
Bild: Günter Knackfuß
von Günter Knackfuß
Laut Wanderplan beginnt die 12 km-Fontane-Route Erkner-Woltersdorf-Rüdersdorf am Bahnhof Erkner. Ein lohnender Abstecher führt uns zunächst in der Gerhart-Hauptmann-Stadt zur Villa Lassen. Im Haus des heutigen Hauptmann Museum wohnte der spätere Literatur Nobelpreisträger von 1885 bis 1889. Doch was hat dies alles mit Spuren zu Theodor Fontane zu tun?
Als führender Berliner Theaterkritiker für die „Vossische Zeitung“ erlebte Fontane die Premiere des Hauptmann-Dramas „Vor Sonnenaufgang“. Vom Kritiker enthusiastisch gefeiert, führte die Aufführung beim empörten bürgerlichen Publikum aber zum Theaterskandal. Der Autor hatte erstmals auf drastische Weise Alkoholismus und Sexualität auf die Bühne gebracht. Fontane nannte das u.a. „die Neuheit und Kühnheit der Probleme“ und die „Schlichtheit der Sprache“. Seither gilt Fontane in der Literaturgeschichte als einer, der dem literarischen Naturalismus zum Durchbruch verhalf. Und Hauptmann schließlich wurde zum Begründer des Naturalismus auf deutschen Bühnen (www.hauptmannmuseum.de).
Theodor-Fontane-Weg an der Löcknitz zum Flakensee
Schon seit dem 19. Jahrhundert sind Flaken- und Kalksee vor den Wäldern der Rüdersdorfer Heide beliebte Ausflugsseen. Geradezu einladend für Wanderer aller Coleur sind die beschatteten Uferwege. So kam auch unser berühmter Heimat- und Reiseschriftsteller Fontane bei seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ in diese Region.
Die heute gepriesene Tour führt entlang des Flakensee-Ostufers bis zunächst Woltersdorf. Kurz vor der Schleuse wird der Aussichtsturm Woltersdorf auf dem Kranichsberg erreicht. Nach einem kleinen Berganmarsch von 20 Minuten auf 104 Meter Höhe, steht derTurm vor uns. Noch einmal müssen 25 Meter auf 90 Treppenstufen an Höhe überwunden werden. Dann aber genießen wir einen herrlichen Blick bis nach Berlin und zum Müggelsee. Fontane soll diese Höhe nicht bestiegen haben – dafür aber eine ermunternde Einkehr im noch heute bestehenden Restaurant Kranichsberg. Hier ließ sich Brandenburgs berühmtester Dichter einen Kümmelschnaps schmecken.
„Liebe Frau”, schreibt Theodor Fontane in einem Brief vom 10. Juli 1887. “Eben komme ich von einem reizenden Spaziergang nach der Woltersdorfer Schleuse zurück, wo ich in dem ,Gasthaus zum Kranichsberg’ einen Gilka und eine Flasche Soda genoss. Beides zusammen kostete 20 Pfennige. Dergleichen tat mir wohl“. Und weiter lobend: “Auf der Schleuse war ein großes Leben. Überall Vorstadtehepaare mit merkwüdig forschen und hübschen Weibern. Sie wirkten ganz glücklich und haben wohl auch Grund dazu.”
Am Kalkseeufer nach Rüdersdorf
Rüdersdorf bei Berlin ist eine Reise wert. Das dachte wohl schon Theodor Fontane, als er im Juli/August 1887 seinen Dichterurlaub im Seebad Rüdersdorf am idyllischen Kalksee verbrachte. Er schwärmte vor allem von der „tiefen Stille der Natur“. Eine zauberhafte Landschaft mit weiten Waldflächen und glasklaren Seen. Der Kalksee befindet sich im südlichen Teil von Rüdersdorf. Mit seiner Länge von rund 2 km und einer Tiefe von 10 m bietet er vor allem im Sommer tollen Badespaß.
Trotz des Namens Kalksee ist er mit der blauen EU Flagge für klares Wasser ausgezeichnet worden. Theodor Fontane besuchte als gelernter Apotheker während seines Urlaubs auch seinen Berufskollegen Seydel in der Redenstrasse, der einstigen Geschäftsstraße von Kalkberge. Nicht weit entfernt davon erreichen wir unser heutiges Endziel, das Restaurant Kalkstein in der Strasse der Jugend. Hier bestellen wir Fontanes Lieblingsgericht Rinderroulade mit Rotkohl und Klößen.
Mit einem leckeren Pilsner dazu wäre unser Tourinitiator sicher auch gerne hier eingekehrt. Zurück zur S-Bahn nach Berlin Friedrichshagen geht es mit der nostalgischen Tram 88 in ca. 25 Minuten – sie ist eine der schnellsten Straßenbahnlinen Deutschlands und ca. 100 Jahre alt. Die bequeme Fontane-Route mit ihren letzten Dichterspuren bleibt ganzjährig eine Einladung für alle Natur- und Heimatfreunde.
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