Erfurt: Einmal blumig, immer blumig!

buehne_Sternwarte im winterlichen ega-Park

von Ursula A. Kolbe

Ja, ich war schon wieder in Erfurt. Die grüne Stadt im Herzen Thüringens lässt mich einfach nicht mehr los.

Ihrer Altstadt, eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Zentren, überragt von Mariendom und Severinkirche, geprägt von der legendären Krämerbrücke (Europas 120 Meter längste und mit 32 komplett bebauten und auch bewohnten Häusern), ihrer 1270jährigen Geschichte überhaupt – man kann sich ihrem Charme nicht entziehen.

Hier ist die geistige Heimat des Reformators Martin Luther, hier wurde er 1507 im Erfurter Dom zum Priester geweiht.

Hier lassen sich die Spuren von Johann Sebastian Bach und musikalischem Barock nachvollziehen, z. B. in guter Tradition der jährlichen Thüringer Bachwochen.

Auch ziehen die Domfestspiele in jedem Sommer die Besucher aus Nah und Fern an. Hier steht die wieder aufgebaute Alte Synagoge, eine der ältesten Europas überhaupt, mit einer Ausstellung zur Kultur und Geschichte der jüdischen Gemeinde der Stadt im Mittelalter.

Hier leben kunsthandwerkliche Traditionen, wird seit Jahrhunderten geschnitzt und getöpfert, Glas geblasen und Porzellan geformt. Allein die 300jährige Tradition des Blaudrucks macht neugierig.

Gartenbau und -tradition tief verwurzelt

Mein Interesse galt dieses Mal aber vor allem dem egapark, dem Garten Thüringens. Gartenkultur mit allen Sinnen erlebbar zu machen, ist hier seit den 60er Jahren Leitmotiv. Konkret, als 1961 erstmals im Osten Deutschlands das Parkgelände zur Internationalen Gartenschau eingeweiht wurde.

Jetzt haben die Erfurter schon ihr Augenmerk in die nahe Zukunft auf die Ausrichtung der Bundesgartenschau 2021 gerichtet. Das hört sich noch nach weiter Ferne an. Doch die Macher sind schon intensiv bei der Arbeit.

Aber werfen wir erst einmal einen kurzen Blick in die Geschichte. Sie zeigt: Gartenbau hat in Erfurt eine tiefe Tradition. Schon im 8. Jahrhundert beschäftigten sich Mönche, die mit Bonifatius aus dem Rhein-Main-Gebiet hierher kamen, mit dem Garten- und Weinbau in den Klostergärten des Erfurter Petersberges.

Was im frühen Mittelalter mit dem Waidanbau und seiner Verarbeitung begann – zu jener Zeit die wichtigste Farbstoff liefernde Pflanze in Europa und der Stadt großen Reichtum brachte – setzte sich mit der äußerst schmackhaften Brunnenkresse fort, die auch Napoleon als bekömmlich und vitaminreich zu schätzen wusste, die Erfurter Puffbohnen zu einer unverwechselbaren Spezialität wurden.

Apropos „Erfurter Puffbohnen“. Ich machte mich erst mal kundig, was es damit auf sich hat. Manche von den Alteingessenen, so erzählt man sich, hätten schon im Mittelalter dieses beliebte Nahrungsmittel bei sich, um sie aus der Tasche heraus zu essen. Das brachte ihnen den Spitznamen „Erfurter Puffbohne“ ein.

Heute bekannt und verschenkt als ein beliebtes Souvenir. Für eine mehr als nette Geste halte ich den Brauch in Erfurts Krankenhäusern, als Willkommensgruß jedem neugeborenen Säugling und je nach Geschlecht eine rosa oder blaue Plüschbohne mit niedlichem Gesicht zu schenken. Aber: Nur ein(e) gebürtige® Erfurter(in) darf solch eine „Sonderbohne“ sein.

Der Gartenbau fand im 18. Jahrhundert mit dem Begründer des Erwerbsgartenbaus, Ratsmeister Johann Christian Reichart, und seinen Bahn brechenden Neuerungen eine wichtige Fortsetzung und reifte im 19. und 20. Jahrhundert zur vollen Blüte.

Unzählige Blumenfelder schon vor den Toren der Stadt begrüßten den Besucher mit ihren bunten Farbteppichen. Die Gartenbaubetriebe schickten Pflanzen, Stauden und Sämereien in alle Welt. Bald trug Erfurt den Beinamen „Blumenstadt“, wurde ein Zentrum des Gartenbaus.

Auch Goethe kannte schon Erfurt als Stadt des Gartenbaus, er verbrachte hier 88 Tage, traf u. a. auch auf Napoleon, und übersandte mehrmals seiner Charlotte von Stein Blumen und Geschenke aus Früchten nach Weimar.

Und nicht zu vergessen: Im Jahre 1865 fand im thüringischen Erfurt die erste internationale Gartenbauausstellung statt.

Kehren wir zurück in die Gegenwart. Ich denke nur an die interessanten Besuche in der Traditionsfirma N.L. Christensen und der ältesten Kakteenzucht der Welt, der Firma Kakteen Haage. So hat die Spezialversandhandlung Christensen, die auf eine Tradition seit 1867 zurückblicken kann, über 100 Beerenobst- bzw. Obstgehölze, 150 Blumenzwiebeln oder 160 Stauden im aktuellen Angebot.

Einschließlich Pflanzenschutzartikel, Dünger & Gartengeräte. Bestellung heutzutage alles möglich über Katalog per Post, Telefon, E-Mail, Internet, Fax. Zu finden unter www.gartenversandhaus.de.

Haages gärtnern schon seit 1685. Jede der zehn Generationen sammelte Erfahrungen, wahrte und mehrte sie, trug Werte zusammen. Das konnte ich im kleinen Kakteenmuseum in der Gärtnerei bestaunen.

Sie begannen sich früh zu spezialisieren. Als Gemüsegärtner, in Brunnenkresse, Samenbau, als Schwerpunkt aber Kakteen. In den Gewächshäusern wachsen etwa zwei Millionen Pflanzen in 6.000 verschiedenen Arten und Sorten. Grundlage dafür ist die Mutterpflanzensammlung mit ca. 10.000 Exemplaren. Einige davon 100 Jahre und älter. Das alles und viel mehr unter www.kakteen-haage.de oder www.kakteenforum.de

Eine Chronik bis zur Gartenschau

Weiter auf dem Weg von Tradition und Moderne zu gehen, ist ein Anspruch, der verpflichtet.

Die Erfurter richten dabei konkret ihren Blick auf die „GartenKulturStadt“, exakt auf die Bundesgartenschau 2021 mit dem Kernstück egapark. Damit findet erstmals eine solche Schau partiell auf Flächen statt, die bereits für eine Gartenschau genutzt wurden.

Im Blick steht ebenso die Einbeziehung der Zitadelle Petersberg, die einzige weitgehend erhaltene, in den Jahren 1664 bis 1707 angelegte barocke Stadtfestung Mitteleuropas. Sie ist noch heute beeindruckend in ihren Ausmaßen, ist ein Spiegelbild europäischer Festungsbaukunst und hat einen weiträumigen, einmaligen Blick auf die Stadt.

Geheimnisvolle Wege durch die Unterwelt dieser alten Festung machen neugierig auf die wichtigsten Fakten über die wechselvolle Geschichte, nachzuerleben auch im militärhistorischen Museum.

Schließlich wird ein weiterer BUGA-Standort von Kilianipark/Nördliche Gera-Aue in einem Erfurter Neubaugebiet einschließlich angrenzender Flächen sein. Auch hier soll die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft lebendig werden. Nachvollziehbar, nacherlebbar.

Vermerkt sei noch, gerichtet besonders an die Medaillen-Sammler: Die Erfurter Bank bringt für die BUGA eine eigens geprägte Kollektion heraus. Im Zwei-Jahres-Rhythmus ab 2013 erscheinen insgesamt fünf Motive in zwei Ausführungen, in Silber, auf 500 Stück streng limitiert, und in versilbertes Kupfer.

Zehn Euro je Medaille spendet die Bank an den Förderverein „Freunde der Bundesgartenschau“.

Alle Meilensteine des ambitionierten Vorhabens wird eine BUGA-Ausstellung bis zum bis zum Start der Gartenschau 2021 fortschreiben. Eine Wanderausstellung gibt aktuelle Einblicke, der BUGA-Dialog sammelt darüber hinaus alle guten Ideen und Vorschläge für ein erfolgreiches Gelingen.