Den Augenblick genießen, entspannen und zu sich finden

Mit der DB in die Ammergauer Alpen - vorbei am Kofel, dem Hausberg von Oberammergau

von Ursula A. Kolbe

Ammergauer Alpen: Meine Gedanken kehren zurück an unsere letzte Reise in Sachen Fahrtziel in diese schöne Bergregion im Alpenvorland und das jüngste Mitglied der Kooperation Fahrtziel Natur im Verbund der Deutschen Bahn, BUND, NABU, Verkehrsclub Deutschland und weiteren 21 National- und Naturparks sowie Biosphärenreservaten in Sachen Förderung eines umweltgerechten Tourismus. (s. a. „Spätlese“-Januar/Februar-Ausgabe 2016). Heute darüber ein weiterer Beitrag.

Im Linderhof-Schloss des Märchenkönigs Ludwig II.

Und mittendrin in dieser faszinierenden Region weltberühmte Sehenswürdigkeiten wie die Schlösser Linderhof und Neuschwanstein sowie das Kloster Ettal. Nach unserem Besuch in letzterem machten wir auf den Weg ins Königsschloss Linderhof, natürlich mit dem öffentlichen Bus und dank unserer „Königscard“ kostenlos.

Hier begegneten wir einem der vielfältigsten und kunstvollsten Ensembles des 19. Jahrhunderts. Diese „königliche Villa“ ist das einzige Schloss, das König Ludwig der II. von Bayern (1845 – 1886) vollenden konnte – eines der kleinsten, aber prunkvollsten, stimmte uns Hubert Bänsch gleich eingangs auf die Führung ein.
Mit dem Schloss, das von 1869 bis 1878 entstand, schuf sich Ludwig II. eine Traumwelt, in der er wie ein wirklicher König residieren konnte.

Denn mit der Niederlage im Krieg gegen die Preußen 1866 war er nicht mehr souverän, aber hier konnte er weiter wie ein barocker König residieren.
Es steht im Typus des „Lustschlosses“, der im 18. Jahrhundert in Frankreich entstand und den man bald in ganz Europa vorfand. Die prachtvolle Ausstattung ist eine Mischung aus dem französischen, aber auch dem bayerischen Rokoko. Und das alles etwas Neues, Eigenes. Unvergleichlich die kunsthandwerkliche Qualität.

So das vielbewunderte „Tischleindeckdich“ im Speisesaal. Dieser ungewöhnliche „Speisenaufzug“ konnte direkt in der Küche gedeckt werden und fuhr dann, über eine Luke im Boden, direkt zurück in den Speisesaal. Hier speiste der Monarch ungestört und blickte auf das Portrait der schönen Madame Du Barry.

Ob das Spiegelzimmer oder der Gelbe Salon, ein Saal war prunkvoller als der andere. Und nicht weniger eindrucksvoll die Parkanlagen, die die Motive des französischen und italienischen Barockgartens und des englischen Landschaftsgarten in sich vereinen. Das alles und die einzelnen Parkbauten dazu sind ein Stück Kunst- und Gartengeschichte pur.

Übrigens heißt es, dass Linderhof das Lieblingsschloss seines Besitzers war, lag es doch in der stillen Bergeinsamkeit seiner geliebten Ammergauer Alpen. Bis zu seinem Tode lebte er hier und prägte entscheidend das Leben dieser Gegend.

Mit der Hörnlebahn auf den „Zeitberg“ schweben

Start in der Bad Kohlgruber Talstation der Hörnlebahn: Wir schwingen uns in die Sesselbahn und schweben gemütlich 1.404 Meter hoch auf den Zeitberg. Das ist übrigens der Hausberg Hörnle und wurde 2012 auf diesen Namen getauft, ist seitdem das Herzstück eines 4,3 km langen Rundwegs, der über fünf Stationen am Berg, die Weidewirtschaft, die Tierwelt informiert; ist Rast- und Ruhepunkt.

Ganz entspannt genießen wir den weiten Ausblick, lassen stressigen Alltag hinter uns. Ich war überrascht, hier oben einfach Handy, Tableau und Co. in einem Schließfach aufbewahren zu können. Um eben loszulassen, abzuschalten, aufzutanken.

Damit begannen wir gleich in der gemütlichen Hörnlehütte. Leckere Brotzeiten und regionale Spezialitäten gibts hier. Bei der Wanderung über den Hörnlegipfel auf dem Meditationsweg zur Kapelle Kappel bei Unterammergau hat die charmante, sachkundige Irmgard Eder über die abwechslungsreiche Landschaft informiert, spornte mit Entspannungsübungen an, ihrem Leitspruch gemäß, den Augenblick zu genießen, zu entschleunigen, sich selbst wieder zu finden.

Moorbetrieb und der Kreislauf der Natur

Im Bad Kohlgruber Johannisbad, das Spa& Vitalrefugium, nutzten wir die Gelegenheit, das Naturheilmittel Moor und die über 140 Jahre alte Moortherapie zu erfahren. Gepaart mit subalpinem Reizklima und klarer Alpenluft stehen Natur und Gesundheit hoch im Kurs, hat die Pflege der Haut den, ihr gebührenden, Rang für Wohlbefinden erhalten.

Mit dem Johannisbad haben Gabriele und Stephan Schober nach aufwendiger Renovierung die einzigartige Natur der alpinen Umgebung in ihr familiär geführtes MediSpa % Vitalrefugium geholt. Hier sollen sich Körper, Geist und Seele erholen. Das schwarze Gold und weise Hände wirken Wunder.

Ihr Heilmittel, das dickbreiige Bergkiefern Hochmoor, bezeichnen sie als „Schwarze Daune“, das fördere die Gesundheit und pflege die Haut. Und das seit 1871. Zu der Zeit eröffnete der königliche Advokat Dr. Simon im Ortsteil Gayers seine „Curanstalt“. Das Wasser für die Stahlbäder kam aus den Bad Kohlgruber Stahlquellen.

Wurde das Hochmoor anfangs auch zum Heizen verwendet, steht es seit rund 150 Jahren ausschließlich im Dienste der Gesundheit. Nur an ausgewiesenen Stellen darf der Torf abgebaut und an die Kurbetriebe geliefert werden. Um den Rohstoff nicht zu verschwenden, wird er renaturiert und nach Anwendung zurück in den Moorstich gebracht. In fünf bis zehn Jahren ist das Moor wieder wie neu.

Eine Moortherapie lindert Beschwerden von Arthrose über Gicht bis hin zu Stress und kann sogar bei unerfülltem Kinderwunsch positiv begünstigen. Denn die Wirkstoffe des Moors durchdringen die Haut und lösen so eine Ausschüttung von körpereigenen Hormonen aus. Das wussten Frauen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts zu nutzen.

Kurzum: Eine Therapie mit alpinem Bergkiefern-Hochmoor fördert die Durchblutung, regt den Stoffwechsel an, bringt die Hormondrüsen auf Touren und stärkt nicht zuletzt die Immunabwehr und Regenerationsfähigkeit des Körpers. Tipp: Der Lehrpfad in Bad Kohlgrub vermittelt dazu viele Informationen und schärft das Bewusstsein für den einzigartigen Naturschatz „Bergkiefern-Hochmoor“ der Region.

Geschichte pur im Dorfmuseum Unterammergau

Nach unseren Erlebnissen in Bad Kohlgrub mental gestärkt, nahmen wir den Linienbus und fuhren weiter nach Unterammergau. Im hiesigen Dorfmuseum wollten wir Dorfgeschichte „schnuppern“ und Spannendes vor allem zur Wetzsteinmacherei erfahren.

Prof. Dr. Josef Riederer und Alexander Behrendt erwarteten uns schon. Sie gehören zu den zehn aktiven Mitgliedern des seit 2002 bestehenden Historischen Arbeitskreises e. V. Unterammergau (insgesamt 60 Mitglieder), um sonnabends und mittwochs zwei Stunden Besucher durch die Räume zu führen, sich überhaupt um alle werterhaltenden Arbeiten zu kümmern.

Schwerpunkt des kleinen, sehr interessanten Museums sind die Wetzsteinmacherei, Forst- und Landwirtschaft, Textilverarbeitung, Archäologie und natürlich die Dorfgeschichte. 1280 erstmals als „Niedernambergewe“ erwähnt, gehörte damals der Ort bis 1803 zur Hofmark Oberammergau, die wiederum Teil des Herrschaftsgerichts Murnau des Klosters Ettal war.

Die frühe Besiedlungsgeschichte ist durch einen rätischen Opferplatz am unteren Kasten, die rätischen Felsritzungen im Pürschlingsgebiet, durch drei Funde römischer Münzschätze in der Schleifmühlkamm und den Fundplatz aus römischer Zeit am Burgbichel belegt.

Geprägt wurde das Dorfleben in all den Jahrhunderten von der Wetzsteinmacherei. Wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit wenig Erfolg in den Bergen rund um Unterammergau nach Gold und Silber gesucht, entdeckte man aber die Wetzsteinflöze. Diese eigneten sich besonders gut zum Schärfen der Werkzeuge.
Um 1900 erlebte dieses Handwerk hier seine Blütezeit. Nach dem ersten Weltkrieg kamen künstliche Wetzsteine und Mähmaschinen auf den Markt. Nach dem zweiten Weltkrieg erlosch aber das einst blühende, existenzsichernde Gewerbe.

In Zusammenarbeit mit dem Historischen Arbeitskreis konnte die Gemeinde am Originalstandort in der Schleifmühlkamm eine Schleifmühle in Betrieb nehmen. „Schneiderla’s Schleifmühle“ ist heute wieder voll funktionsfähig. Übrigens auch mit Hilfe vieler Bürger von Unterammergau.

Ausflug in die Fledermaus-Welt

Nicht zu vergessen von unserer Reise die Führung mit Markus Gerum in die Oberammergauer Fledermaus-Welt, die für einen Städter wie mich schon faszinierend war. Am Kofelweiher konnten wir beobachten, wie sie übers Wasser nach Insekten jagten. Wir sahen Zwerg- und Wasserfledermäuse, worüber uns natürlich unser Experte Markus aufklärte.

Bereits vor ca. 50 Millionen Jahren gab es Fledermäuse auf der Welt. Heute leben auf der Erde etwa 950 Fledermausarten. Die Mehrzahl von ihnen bewohnt die tropischen Klimazonen, da sie besonders warmes Klima mögen. Je weiter man nach Norden kommt, desto geringer ist ihre natürliche Vielfalt.

In Europa kommen insgesamt 30 Arten vor. In Deutschland gibt es 25 davon. Fledermäuse, die Insekten von Blättern sammeln, die im freien Luftraum oder dicht an der Vegetation jagen.

Mit Blick auf 15 Jahre Fahrtziel Natur kann ich nur sagen, auch das war wieder eine bemerkenswerte, überhaupt alle dieser Art, die in die schönsten Gegenden unseres Landes führen.

Übrigens: Gerade ist der neue Reiseführer „Fahrtziel Natur“ erschienen. Darin finden Sie Informationen zu allen 22 Fahrtziel Natur-Gebieten; Tipps und Hinweise zur Anreise sowie zur Mobilität vor Ort, ebenso attraktive Ameropa-Reisen-Angebote.

Die Broschüren sind erhältlich in den DB-Reisezentren oder direkt als Download: Broschüre Reiseführer „Fahrtziel Natur“.