Ammergauer Alpen – In vollen Zügen genießen

Ortsansicht von Oberammergau mit Blick auf den Hausberg Kofel, mit seinen 1.342 m Höhe prägnant über dem Ort thronend

von Ursula A. Kolbe

Unsere jüngste Reise mit der Deutschen Bahn (DB) in Sachen Fahrtziel Natur führte uns in das größte zusammenhängende Naturschutzgebiet Deutschlands, die Ammergauer Alpen, die sich als nunmehr 22. Region in enger Kooperation mit der Bahn, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), dem Naturschutz Deutschland (NABU), dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) und 21 weiteren Nationalparken, Naturparken und Biosphärenreservaten die Förderung eines umweltgerechten Tourismus auf ihre Fahnen geschrieben hat.

In diesem Zusammenhang: Fahrtziel Natur kann jetzt im Monat April auf 15 Jahre erfolgreichen Wirkens zurückblicken.
Um in diesem Sinne und günstig in das Herz der bayerischen Alpen, zwischen Zugspitze und Schloss Neuschwanstein gelegen, zu kommen, sei auf die entsprechenden Bahnangebote verwiesen. So bringen ICE-Direktverbindungen an den Wochenenden von Hamburg, Berlin und Dortmund sowie Zugverbindungen mit Umstieg in München-Hauptbahnhof die Urlauber nach Murnau, wo Anschluss an die Ammergau-Bahn besteht.

Diese verbindet die Bahnhöfe Berggeist, Grafenaschau, Jägerhaus, Bad Kohlgrub, Saulgrub, Altenau sowie Ober- und Unterammergau. Schon diese Strecke ließ mich mit ihrer schönen Aussicht die lange, aber bequeme Anreise von Berlin vergessen und den Reiz der voralpinen Landschaft erahnen.

Ja, diese Natur muss erhalten, gehegt und geschützt werden, braucht das Mitwirken aller. Wobei der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesack auf die große Bedeutung auch hier in den Ammergauer Alpen der Vernetzung von Naturschutz und Tourismus verwies.

Überhaupt richtet der VCD seinen Blick seit 1986 erfolgreich u . a. auf eine umweltschonende Mobilität, d. h. mehr Sicherheit im Verkehr vor allem für Kinder, null Verkehrstote, mehr Platz für Fahrräder, ein gutes Bus- und Bahnangebot und spritsparende Autos.

Es braucht ein Mitwirken aller, umweltfreundliche Mobilität auch hier das Stichwort. Wie in allen Fahrtziel Natur-Gebieten erhalten die Übernachtungsgäste in den Ammergauer Alpen eine elektronische Gästekarte, womit alle öffentlichen Buslinien kostenlos genutzt werden können. In unserem Falle bieten über 70 Gastgeber die „KönigsCard“ an, die das attraktive Nahverkehrsangebot um die kostenfreie Nutzung nahezu aller Freizeitattraktionen in der Region und den Nachbarorten erweitert.

Christian Loth, Geschäftsführer Ammergauer-Alpen GmbH, ergänzt dazu, dass die zahlreichen Wander- und Erlebnispfade, ein Meditationsweg sowie Mountainbike- und Schneeschuh-Trails so konzipiert sind, die Region zu erkunden und zugleich auch etwas über die umweltverträgliche Naturnutzung zu erfahren.

Jetzt in den Winterwochen führen über 70 km abwechslungsreiche Winterwander-Routen zu hiesigen Zielen, wie die Tour rund ums Pulvermoos. Entlang der verträumten Ammer sind einzigartige Anblicke zu erleben. 150 km Loipen -Kilometer sind bestens gerüstet. Die „Schneewochen“ locken bis März zu sportlichen Highlights wie Husky-Workshop oder Schneeschuhtouren.

Hinein schnuppern in eine intakte Natur- und Bergwelt

Unser Reiseziel hieß Oberammergau. Wer denkt da nicht gleich an die berühmten Passionsspiele. Ihre Wurzeln liegen in einem Gelübde der Oberammergauer im Jahre 1633, als eine verheerende Pest wütete, der auch viele Einwohner zum Opfer fielen.

Damals gelobten die Überlebenden die regelmäßige Aufführung der Passionsspiele. Und die seit 1634 im zehnjährigen Rhythmus aufgeführten Spiele tragen seitdem den Ruf von Oberammergau in die ganze Welt. Und die Premiere der 42. Aufführung wird im Mai 2020 stattfinden.

Übrigens: Schon König Ludwig II. war 1871 vom Passionsspiel so ergriffen, dass er der Gemeinde Oberammergau die Kreuzigungsgruppe, ein Werk aus Kelheimer Marmor, schenkte, das 1875 westlich des Ortes auf dem Osterbichl seinen Platz fand.

Bei einem kurzen Spaziergang durch den Ort konnten wir zudem kunstvolle Lüftlmalereien und Werke der weltberühmten Holzschnitzer bewundern. Beeindruckendes Kunsthandwerk überall.

Erwähnt sei auch das idyllisch gelegene Ringhotel Böld, inmitten einer herrlichen Berglandschaft, direkt an der schönen Ammer und am Fuße des Kofel, in dem wir Natur und Hotelkomfort genießen und gleich direkt zum Wandern in die Ammergauer Alpen starten konnten. Um loszulassen, abzuschalten, aufzutanken.

Durch das Weidmoos auf ins Kloster Ettal

Also los auf Schusters Rappen in das rund fünf Kilometer entfernt gelegene Kloster Ettal, quer durch das Weidmoos, ein Kalkflachmoor mit einigen Hochwasserinseln. An der Seite von Naturführer Dr. Helmut Hermann, von Hause aus studierter Biologe, machte es noch mal soviel Spaß , entlang der Ammer auf bekannte Kräuter und Gräser zu stoßen, aber vor allem auch viel Neues vor allem der hiesigen Natur kennen zu lernen.

Das ganze Jahr über kann man hier wandern. Berühmt ist das Weidmoos für seine Frühlingsknotenblumen, unmittelbar nach der Schneeschmelze.
Die Zeit der Enziane, Mehlprimeln, Trollblumen und Knabenkräutern ist eine wahre Augenweide. Und immer wieder Wiesenblumen. Jetzt weiß ich auch, dass man aus Mädesüß Aspirin herstellen kann, Balsamine, ebenso Springkraut genannt, ursprünglich von Imkern angesiedelt…

Hier im Bergwald sind auch Wanderfalken, Uhus, Adler zu Hause. Wir sind im europäischen Vogelschutzgebiet, 16 Vogelarten sind gesichtet worden. Es schreit geradezu nach umfassendem Naturschutz.

Wir kamen an Bächen vorbei, im Quellgebiet der Ammer, wo das Wasser zu Tage tritt, das unterirdisch in einem mächtigen Kieskörper dahin sickert. Auf dem Mühlenbach fühlen sich u. a. die Stockenten wohl. Die Ettaler Mühle verspricht gemütliche Einkehr, je nach Jahreszeit auch draußen.

Wie im Fluge verging die Zeit, und schon lag die Klosteranlage Ettal vor uns. Im Jahre 1330 hatte Kaiser Ludwig der Bayer als Dank für die glückliche Heimkehr aus schweren Kriegswirren beschlossen, in diesem einsamen Hochtal das Benediktinerkloster zu gründen. Unvergleichlich der Anblick. Die steil aufragenden Gipfel der erhabenen Ammergauer Alpen-Bergwelt umrahmen das Kloster mit seinem glanzvollen Kirchenbau. 1752 hatte Josef Schmutzer nach einem Brand den neuen Bau im Rokokostil geschaffen.

Die Basilika betreten wir durch das noch von der alten Kirche erhalten gebliebene gotische Portal. Weit und hoch ist das lichtüberflutete Kirchenschiff. In der Kuppel sehen wir das riesige Freskogemälde. Die 431 Figuren darauf zeigen die Verherrlichung der Dreifaltigkeit durch die Jünger des Sankt Benedikt.

Im Kloster leben und arbeiten die Benediktinermönche nach den Regeln ihres Ordens. Neben der Seelsorge ist insbesondere die Bildung im Benediktinergymnasium mit Internat der Schwerpunkt.
Ja, dieses Kloster ist ein Erlebnis für Geist, Seele und Leib. Spirituelles und Spirituosen, diese hochgeistigen Attribute liegen nahe beieinander.

Schon im Mittelalter haben die Mönche heilsame Pflanzen gesucht und im eigenen Kräutergarten aufgezogen. In der sachkundigen Hand des Klosterapothekers entstanden jene geheimnisvollen Mischungen, die dem Leidenden Linderung und neue Kräfte brachten.

Nicht zu vergessen die Klosterbrauerei – mit Bierqualitäten nach den strengen Regeln des Bayrischen Reinheitsgesetzes, das übrigens in diesem Jahr den 500. Jahrestag seines Bestehens feiern wird.

Hier in Ettal hat das „flüssige Bier“ eine über 400 Jahre alter ununterbrochene Tradition. Die man im Brauereimuseum mit historischen Braugerätschaften und Dokumenten seit dieser Zeit nachvollziehen kann. Na, und dann lädt das Klosterbraustüberl ein…

…und nur wenige Fußminuten vom Kloster entfernt, wer Lust darauf hat, die Schaukäserei Ammergauer Alpen mit ihrem gemütlichen Brotzeitstüberl. Für uns war Brotzeit.

Aber zuerst wollten wir mehr über rund um den Käse wissen. Für die Käseproduktion hier, am Rande einer hochalpinen Gebirgskette, im Ammertal, das seine weithin unberührte Natürlichkeit und intakte Umwelt bewahrt hat, sind saftige Wiesen mit frischen Gräsern und Kräutern, sauberer Luft und artgerechter Tierhaltung die Basis für frische Milch und daraus delikate Milch- und Käseprodukte.

37 Bauern aus der Region haben sich zur Schaukäsegenossenschaft zusammengeschlossen, um die Milch ihrer Kühe zu verarbeiten und zu verkaufen. Der Nebeneffekt hier: Die Verarbeitung kann buchstäblich mit allen Sinnen verfolgt werden. Sehen, wie heute mit modernster Käsetechnologie der Ammergauer Käse hergestellt wird.

Von Gerhard Schöber, zuständig für die Käsepräsentationen, erfahren wir u. a., dass jährlich über 1.000.000 Liter verarbeitet werden. In groben Zügen: Zuerst im Labor einer Qualitätskontrolle unterzogen, dann die Dicklegung und Versetzung mit dem „Lab“, danach Zerkleinerung der gallertigen Masse durch die Käseharfe.

Je nach Sorte bleibt der Käse ca. zwei Tage im Salzbad. Der fertige Käse hat einen Salzgehalt von 1,5 bis 2%. Das Salz bildet die Rinde, schützt und würzt damit den Käse.

Gelernt habe ich: Grundsätzlich gilt: Je länger die Reifezeit, desto haltbarer und fester ist der Käse. Die Dauer der Reife ist abhängig von der Käsesorte. Sie kann Tage, Wochen oder Monate betragen. Übrigens entstehen auch während der Reifezeit die berühmten Löcher im Käse. Diese werden natürlich nicht gebohrt, sie bilden sich durch Gärung.

Nach dieser „Lehrstunde“ war die Brotzeit doppelt köstlich: Ettaler Mandelkäse, Ettaler Kümmelkäse, Feuerkäse, Bierkäse…insgesamt zehn Sorten, einschließlich des im Volksmund genannten „Stinker“ (den auf einer Schmalzstulle, mit Gurke dazu, hm…). Oder selbstgebackene Käsekuchen. Die Bewohner der Umgebung greifen gerne zu und die entfernter wohnenden Supermarkt-Kunden sicher auch.

Ja, schon im 14. Jahrhundert wusste Kaiser „Ludwig der Bayer“ „nachhaltige Wertschöpfung“ zu schätzen, auch wenn er diesen Begriff und seine Bedeutung mit Gewissheit nicht kannte, als er mit der Gründung des Klosters Ettal auch handwerkliches Können, Kultur und Wissen um die Heilkräfte der Natur sowie urige Gastlichkeit in die raue Bergwelt der Ammergauer Alpen Einzug halten ließ. *
Lesen Sie im nächsten Beitrag über das Königsschloss Linderhof, die Hörnle Schwebebahn und „Natur gegen Stress – Coach“ mit Entspannungsübungen auf dem Meditationsweg, über ein Kurhotel mit Moorbetrieb, eine Fledermauswanderung in der Abenddämmerung und Spannendes über die Wetzsteinmacherei in Unterammergau.