Im französischen Nantes: …an jeder Straßenecke kann Unerwartetes auftauchen

Touristenattraktion Nantes

von Ursula A. Kolbe

Immer wieder neue Reiseziele entdecken, neue Eindrücke sammeln, wer will das nicht. Xavier Theret, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Verkaufsförderung des Tourismusverbandes Nantes, machte kürzlich in der gemütlichen Atmosphäre der Brasserie Ganymed neugierig auf solch einen Tipp.

Nantes, die rund 600.000 Einwohner zählende Stadt in der französischen Bretagne und nur rund 50 km vom Atlantik entfernt auf der Iberischen Halbinsel gelegen, als Mündungsstadt an der Loire eng mit Natur und Wasser verbunden, hat mit ihrem Umfeld ihr ganz eigenes Flair.

Anno 1828 ist hier in Nantes Jules Verne geboren und aufgewachsen, der berühmte Schriftsteller mit seinen weltbekannten Romanen wie „In 80 Tagen um die Welt“, „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ oder auch „20.000 Meilen unter dem Meer“. Und sein Geist lebt weiter.

Künstlerische Visionen unterschiedlichster Art im öffentlichen Bild prägen heute die Stadt der Kreativität und Kunst, machen den Ort unverwechselbar.
Und um gleich noch Jean Blaise zu zitieren, den Präsidenten der MNACEP, jener Plattform für Austausch und Ideenlabor, die sich für Kunst und Kultur im öffentlichen Raum einsetzt, der sagte: „Eine Stadt besuchen, heißt nicht nur der Karte folgen, sondern Bewegung beobachten, ein offenes Ohr haben für das Raunen der Stadt, … auf ungewöhnliche Ein- und Überblicke, die die Poesie und die Persönlichkeit unserer Stadt sichtbar machen.

Die Kunst ist präsent, um den ganz besonderen Eindruck jener Stadt zu erwecken, die den Surrealisten am Herzen lag und in der an jeder Straßenecke das Unerwartete auftauchen kann.“
Aufgefangen wurde der Niedergang des einst die Stadt und seiner Menschen prägenden Schiffbaus in den 80er Jahren, ein Aufbruch zu neuen Ufern gewagt. Dabei liegt Xavier Theret ein Stichwort besonders am Herzen: Les Machines de L’iLe – ein neuartiges Kunstprojekt, das dem Ideenreichtum von Francis Delarzière und Pierre Orefice zu verdanken ist.

Auf dem noch heute eindrucksvollen Gelände der ehemaligen Werften im Loire-Hafen kreuzen sich die imaginären Welten von Jules Verne, das mechanische Universum von Leonardo da Vinci und die industrielle Vergangenheit der Stadt.

Seltsame Maschinen bevölkern die Ile de Nantes, so der Große Elephant, der Mantarochen, eine Seeschlange und weitere außergewöhnliche Maschinen der Künstlergruppe „Le Machines“, eine Performance-Gruppe, der Zusammenschluss von Künstlern, Ingenieuren und Handwerkern.

Das Kommen und Gehen zwischen der Konstruktionswerkstatt und der Galerie wiederspiegelt das Treiben im Herzen der ehemaligen Dubigeon-Werft, lassen die Zeiten wach werden, als von hier Schiffe zu Reisen in alle Welt vom Stapel gelassen wurden.

Das größte Objekt ist der „Le Grand Elephant“, 12 m hoch und 40 t schwer. Bis zu 50 Personen können in ihm eine Reise besonderer Art erleben.
An „Bord“, im Inneren des Elefantenbauches, sind das Räderwerk und die Beinbewegungen zu bestaunen. Ein Maschinist gibt gern Antwort auf alle Fragen. Und auf dem Rücken des Grand Elephant, also quasi im vierten Stockwerk eines „wandernden“ Hauses entschädigen herrliche Blicke auf die Loire-Quais und das einstige Werftgelände.

Diese monumentale Skulptur verbindet zugleich das Meereswelten-Karussell mit den Werft-Hallen. Hier sind die Werkstatt und Maschinengalerie untergebracht, die das Zentrum des künstlerischen Angebots der Machines de L’ile darstellen. Oder das Objekt „La Princesse“, eine 13 m hohe und 37 t schwere mechanische Spinne.
Diese wie alle Skulpturen und ein Blick in den laufenden Betrieb der Werkstatt von La Machine zeigen auf teils spielerische Weise hinter dem Tier die Funktionsweise der Maschine. Anschaulich und lehrreich.

Die beiden Ideengeber wollen den gesamten Entstehungsprozess zeigen, angefangen bei den ersten Entwürfen von Francois Delarozière. Die Materialien sind roh, und die Mechanismen sichtbar. Die Gesten der Konstrukteure sind an allen Skulpturen zu sehen.

Die Neugierde ist geweckt. „Le Machines“ ist zu einem touristischen Anziehungspunkt für Einheimische wie Besucher geworden. Ein spielerisches und pädagogisches Spektakel für Klein und Groß, sagen die Macher.
Und damit sind wir mittendrin, in dieser Atlantik-Metropole faszinierende Orte kennenzulernen, Ein- und Ausblicke auf Kunst und Kultur, Geschichte und Architektur zu erleben.

Die sich übrigens bis ins Jahr 1066 zurückführen lässt, als sich der Graf von Nantes dem Herzogtum der Bretagne unterworfen hatte.
Auch die historische Altstadt lädt zum Bummeln ein, ob im mittelalterlichen Viertel Bouffay, mit seinen schönen Fachwerkfassaden teils schon aus dem 15. Jahrhundert, ob im Gebiet Grashion mit seinen eleganten Boutiquen, ob in der Einkaufsgalerie Passage Pommeraye mit ihrer eindrucksvollen Architektur.

Und viel Grün. Mit sieben Hektar Grünfläche mitten im Stadtzentrum, mehr als 10.000 Pflanzenarten, 800 Quadratmeter Gewächshausfläche gehört der Jarchin des Plantes zu den vier größten botanischen Gärten Frankreichs. Augenfreuden für jeden Naturliebhaber.

Nicht zu vergessen: Die Grüne Linie. Folgt man ihr, kommt man mitten ins Herz der Stadt und verpasst nichts vom Rundgang Voyage à Nantes. Hier entlang lernt man alle kulturellen Orte, die wichtigsten Denkmäler und Sehenswürdigkeiten kennen.

Jedes Jahr im Sommer wird dieser Parcours mit Neuem belebt und die Neugierde auf zeitgenössische Installationen geweckt. Ebenso warten entlang der 60 km langen Loire-Mündung 29 Werke, Zeugnisse maritimer Natur und Industrie, bekannter zeitgenössischer Künstler auf ihre Bewunderer.

Es gibt so viel sehen. Der Reiseführer verspricht 1001 Trümpfe des historischen, architektonischen und kulturellen Reichtums der Herzogenstadt. Die Weinberge von den Ufern der Loire bis in den Norden der Vendée inbegriffen. Auf 11.500 Hektar zwischen Loire und Ozean wächst hier sortenreiner Weißwein. Frisch, leicht und fruchtig. Wenn das keinen Reiz hat…