Schlaubetal – Natur pur, soweit das Auge reicht

Mühle im Schlaubetal

von Ursula A. Kolbe

Natur pur erleben, vor den Toren Berlins liegt sie uns quasi zu Füßen. Als ein heißer Tipp gilt der Naturpark Schlaubetal im Südosten Brandenburgs. Hier lässt eine Schatzkammer der Artenvielfalt die Herzen der Naturfreunde höher schlagen.

Drei Viertel aller im Brandenburgischen vorkommenden Tier- und Pflanzenarten finden sichin dieser Region, und einige davon nur hier. Auf Feuchtwiesen wachsen Orchideen; bunte Schmetterlinge im Sommerwind. Fast 700 Arten von ihnen wurden in diesem Großschutzgebiet nachgewiesen. Der seltene Hochmoorperlmutterfalter ist das Wappentier des „Schmetterlingsnaturparks“.

Eines der schönsten Bachtäler Brandenburgs finden wir vor, geformt von den beiden Eiszeiten wie fast die gesamten Landschaften der Region: Abwechslungsreich auf engem Raum, mal flach, mal bewegt und vielerorts einfach beeindruckend schön. So windet sich die Schlaube zunächst wie ein Mittelgebirgsbach durch ein tiefes Kerbtal. Auch Gebirgsvogelarten wie die Wasseramsel als Gast und die Gebirgsstelze sogar als Brutvogel fühlen sich pudelwohl wohl.

Eine besondere Freude macht die Reicherskreuzer Heide, in der die Schafbeweidung den Heidecharakter des früheren Truppenübungsplatzes bewahrt. Die Gingsterblüte im Mai und die Blüte der Besenheide im August zeigt dann die Landschaft dann von ihrer schönsten Seite – entweder als gelbes Blütenmeer oder lilafarbener, weit reichender Teppich.

Nicht zu vergessen das gut ausgebaute Wegenetz, das die Herzen der Wanderer und Radfahrer im Naturpark aufhorchen lässt. Von Müllrose, dem staatlich anerkannten Erholungsort, führen Radwege entlang der Schlaube, im Norden zum bekannten Helenesee oder Richtung Osten zum Friedrich-Wilhelm-Kanal.

Im Süden können Radwanderer die Tour mit einem Sprung ins kühle Nass des Großsees oder des Pinnower Sees verbinden, die in einem dünn besiedelten Seen- und Moorgebiet des Naturparks liegen. Gemütlich fährt es sich entlang der Oder und Neiße in Richtung Eisenhüttenstadt. Über die große Neißebrücke kommt man in Guben auf die polnische Seite.

Apropos Müllrose. Auch dieses ehemalige Ackerbürgerstädtchen und idyllischer Seenlage mit seinem historischen Marktplatz lädt zum Verweilen und Entdecken ein. Stichworte nur ein Frei- und ein Strandbad, Naturlehrpfad, Wander- und Spazierweg rund um den Großen Müllroser See. Das „Haus des Gastes“ mit Schlaubetal-Information, Heimatmuseum, Bibliothek und zwei Dauerausstellungen vereint Tourismus, Kultur und Wirtschaft unter einem Dach.

Nicht zu vergessen die Müllroser Mühle, der älteste und bedeutendste Mühlenbetrieb in der Region. Er entwickelte sich seit 1839 zum heute modernen Industriebetrieb. Insgesamt hat es einst 17 Wassermühlen in der Naturparkregion gegeben. Einige sind noch erhalten.

Nicht zuletzt das Kloster Neuzelle, ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Es verkörpert eines der wenigen vollständig erhaltenen Klosteranlagen Deutschlands und Europas; zählt zu den größten Barockdenkmalen Nord- und Ostdeutschlands.

Und in wenigen Wochen kommt ja wieder die hohe Zeit der Pilzsammler. Pfifferlinge, Maronen und Steinpilze füllen dann die Körbe. Oder man richtet seinen Blick auf die Waldfrüchte wie Preisel- und Heidelbeeren.
Mit letzteren verbinden mich heute noch viele Kindheitserinnerungen. Die man dann sicher auch in den örtlichen Gaststätten auf der Karte findet. Vielerorts serviert wird auch der „Schlaubetal-Teller“, ein preiswertes Gericht mit frischen Zutaten aus der Umgebung.

Empfehlung für die Reiseroute: Zugverbindung mit dem RE 18 195 an Berlin-Hauptbahnhof bis Jacobsdorf (Mark). Die Ausfluglinie Schlaubetal A 400 bietet bis 4. Oktober an gut einem Dutzend Haltepunkten eine bequeme Anreise – dreimal täglich an Wochenenden sowie Feiertagen und das zum VBB-Tarif.

Dadurch haben die Wanderer mehrere Optionen, den 25 km langen als Qualitätsweg „Wanderbares Deutschland zertifizierten „Schlaubetal-Wanderweg“ zu erkunden. Und natürlich bringt der Bus die Ausflügler auch wieder zurück. Infos zum A 400, Flyer mit Fahrplan und Tagestouren in der Schlaubetal-Information: Tel.: 033606 / 772 90; Mail: info@schlaubetal-tourismus.de; www.schlaubetal-tourismus.de

Projekt „Schlaubetaler Eichen“ aus der Taufe gehoben

Für öffentliches Interesse sorgte in diesen Tagen ein weiteres Programm: Eichen im Schlaubetal werden als erster Generhaltungswald Brandenburgs geschützt und damit der größte und ursprünglichste Trauben-Eichen-Bestand des Landes. Forstminister Jörg Vogelsänger hatte Ende Mai das Projekt „Schlaubetaler Eichen“ des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE) im Landkreis Oder-Spree offiziell aus der Taufe gehoben.

Der Generhaltungswald hebt sich insbesondere durch seine Flächengröße, Forstgeschichte und Waldstruktur von den bislang ausgewiesenen Generhaltungsobjekten ab. Aufgabe der Forstverwaltung ist die Aufrechterhaltung und Förderung einer hohen genetischen Variabilität als natürliche Grundlage für die Anpassungsfähigkeit der Waldbestände.

Ist doch die langfristige Sicherung des Fortbestands von Populationen standortangepasster heimischer und fremdländischer Baumarten ein Beitrag zur biologischen Vielfalt.

Schwerpunkt dabei ist der Landeswald. Nur im Einzelfall wird Privatwald einbezogen. Der Schutzwald „Schlaubetaler Eichen“ (mit einer Fläche von 162 ha) liegt im Gebiet der Stiftung des Stifts Neuzelle. Die langlebige Eiche kommt hier in einem breiten Altersspektrum vor. Die ältesten Eichen sind mehr als 350 Jahre alt.

Und zur Geschichte: Nach der letzten Eiszeit wanderten die ersten Eichen vor 9.000 bis 7.000 Jahren aus dem Balkan, einem von drei eiszeitlichen europäischen Rückzugsgebieten, in dieses Gebiet ein. Nach den ältesten, vorliegenden Karten zur Wald-Feld-Verteilung aus der Zeit um 1750 und nach der preußischen Generalstabskarte von 1845 handelt es sich im Gebiet des Naturwalds sowie in den nördlich, östlich und westlich angrenzenden Forstabteilungen um historisch alte Waldflächen. Als Besitz des Stifts Neuzelle wurden diese im 17. Und 18. Jahrhundert nicht gerodet.

Im Schutzgebiet befinden sich 29 ha anerkannte Bestände zur Gewinnung von Saatgut; eine wichtige Grundlage für die künstliche Begründung von Eichenbeständen im Herkunftsgebiet „Ostdeutsches Tiefland“.

Die Bedeutung dessen wird umso klarer, wenn man weiß, dass die Eichenwälder zu den artenreichsten Waldökosystemen gehören. So kommen im Schutzgebiet selten gewordene Pilz-, Insekten- und Vogelarten vor.

Hierzu gehören u. a. Baumpieper, Buntspecht, Gartenbaumläufer, Gartenrotschwanz, Gimpel, Grauschnäpper, Haubenmeise, Hohltaube, Mittelspecht, Pirol, Schwarzspecht, Schwarzstorch, Waldbaumläufer, Waldkauz, Waldlaubsänger und Waldschnepfe.

Ein typisches Insekt für alte Eichenwälder ist der Hirschkäfer.