Geschichte und Geschichten über "Brot & Wein"

buehne Blick in die Kellergsse in der weiße Häuser am Rand stehen in Poysdorf (Stadt in Östereich) bei Sonennschein

_von Ursula A. Kolbe_

„Brot & Wein“- und die Assoziation sehen, riechen, schmecken.

Derzeit an keinem geeigneteren Ort als im malerischen, unverwechselbaren Ambiente des Weinviertels zu erleben.

Die Rede ist hier von der gleichnamigen Landesausstellung Niederösterreichs zum einen im Urgeschichtemuseum Asparn an der Zaya, gewidmet dem Brot als Lebens- und Nahrungsmittel, und zum anderen im architektonisch beeindruckenden Ausstellungsgelände von Österreichs Weinstadt Poysdorf, einem idealen Standort inmitten ausgedehnter Weingärten und zudem ein Zentrum der Sektzubereitung.

Noch bis zum 3. November erwartet sie ihre Besucher zu diesem einmaligen Erlebnis für alle Sinne, zu 8. 000 Jahren spannender Kulturgeschichte.

„Brotlabor“ und „Genusswerkstatt“ für alle Sinne

Im Urgeschichtemuseum Asparn an der Zaya dreht sich alles um’s Brot, um die Jahrtausend alte Kulturgeschichte dieses Grundnahrungsmittels. So wird hier im „Brotlabor“ geknetet, gerochen und geschmeckt; in der „Genusswerkstatt“ in Poysdorf dagegen schenkt man die würzig-pfeffrige Geschichte des Rebensaftes ein.

Diesen beiden „anderen Blicke“ kann man mit allen seinen Sinnen jeweils sonn- und feiertags um 13.30 Uhr „erleben“.

Dem Besucher tut sich eine spannende Entwicklung auf. Als sich vor 8.000 Jahren vom Nahen Osten aus das Wissen um Anbau, Ernte und Verarbeitung von Getreide verbreitete, war dies eine Revolution in der Ernährung des Menschen.

Und diese faszinierende Zeitreise bis in die Gegenwart wird nicht nur historisch dargestellt, sie widerspiegelt sich in anschaulichen Exponaten wie einem 3.000 Jahre alten Brotlaib aus Ägypten genau so wie religiöse Aspekte oder den Berufsstand der Bäcker und Müller, die Zusammenhänge von Brot, Wein und Bier überhaupt.

In den Blick rücken genau so bewaffnete Konflikte wie das so genannte „Massaker von Schletz“ schon in der Jungsteinzeit bis hin zu den verheerenden Kriegen des vergangenen Jahrhunderts, in dem Brot und vor allem sein Entzug zum widerlichen Kampfmittel wurde.

Heute steht eine neue Genusskultur rund um Bio-Lebensmittel den mächtigen Ketten gegenüber. Nahrungsmittelkonzerne designen die Superfrucht, während gleichzeitig die historische Sortenvielfalt eine große Renaissance erlebt.

Zugleich werfen Genfood und Wasserknappheit, Bioenergie versus Nahrung, Lebensmittelüberschuss und Hungersnöte bezeichnende Schlaglichter auf unser 21. Jahrhundert.

Zwischen Augenzwickern und Augen öffnen

Auch das genussvolle Trinken ist so alt wie die einstigen Jäger und Sammler selbst. Dr. Hannes Etzlstorfer vom Wissenschaftlichen Team „Wein“ charakterisiert treffend die Präsentation in Poysdorf mit den Worten: „ In der Antike galt Wein als ein Geschenk der Götter, und seine Geschichte hat bis heute nichts an Faszination eingebüßt.

Es ist eine Reise zwischen Geschichte und Geschichten, zwischen Anekdoten und wissenschaftlichen Noten, zwischen Augenzwickern und Augen öffnen, welche die Ausstellung so sehenswert macht.“

Folgende Episode z. B. über Zar Alexander I. von Russland: Als dieser 1814 auf dem Weg zum Wiener Kongress in Poysdorf Station machte, schmeckte ihm der hiesige Wein so gut, dass er ihn sich fortan an den Zarenhof liefern ließ und damit sicher schon einen ersten Ruhm der Weinstadt Poysdorf bescherte.

Auch der Bogen von antiken Weingefäßen bis hin zur kaiserlichen Festtafel lockte uns manches Schmunzeln hervor. So erfreuten sich seit dem Spätmittelalter Weinbecher als Scherzgefäße mit pikanten Motiven großer Beliebtheit. Überliefert ist der Ausspruch: Zeige mir deinen Becher, und ich sage dir, wer du bist. Auch hier eine Widerspiegelung sozialer Rangordnung.

Und natürlich fehlt die in den Geschichtsannalen verbürgte Anekdote vom Staatsvertrag zwischen den Alliierten und Österreich vom 15. Mai 1955 und dem KATZENSPRUNG nicht, wo der Schauplatz die historischen Gemäuer der Domäne Wachau waren.

Zur Erinnerung: Der damalige Außenminister Leopold Figl hatte – nach gründlicher Vorverkostung und dann zu seinem Lieblingswein erkorenen Grünen Veltliner des Jahrgangs 1954 – als „staatsvertragstauglich“ erklärt.

Also kredenzte Figl den alliierten Außenministern der vier Besatzungsmächte nach Unterzeichnung dieses historischen Staatsvertrages beim anschließenden Bankett diesen Urklassiker der Region, den KATZENSPRUNG, benannt nach der gleichnamigen Riede. Sodann konnte er verkünden: „Österreich ist frei“.

Dieser KATZENSPRU NG hat inzwischen seine Neuauflage, in neuem Gewand und hervorragender Qualität, erlebt. Auch mit der Reise-App , QR-Code und my Wachau, oder als Webpage unter www.mywachau.at Externer Link, kann man sich jetzt, bequem und praktisch zu handhaben, aktuell über die Domäne und Weinregion Wachau informieren.

Insgesamt kommt man zu dem Schluss: Solch ein Einblick in die Brot- und Weingeschichte ist lehrreich und unterhaltsam zugleich.

Mit Traktor durch Kellergassen und Weinberge

Im Anschluss an die „Brot & Wein“ ließen wir es uns nicht nehmen, gemütlich mit dem Traktor durch Poysdorfs Kellergassen und Weinberge zu tuckern. Die unter Denkmalschutz stehenden Kellergassen prägen das Weinviertel seit 200 Jahren.

Jeder für sich ist ein eigenes Reich – auch der kleinste Keller, der gerade mal drei Meter breit und fünf bis zehn Meter lang ist. Vielerorts wurden diese Unikate, wie ich sie nennen möchte, zu neuem Leben erweckt. Und kommt ein Wanderer vorbei, erzählen uns unsere Begleiter Ossi und Treckerfahrer Norbert, wird er meist spontan zu einem Glas Wein eingeladen.

Diese eigene Kultur, nur noch hier und in Südmähren gelebt, mit Singen und Tanzen, Geselligkeit überhaupt, trägt den Weinviertler Alltag.

Wie z. B. das jährliche Poysdorfer Winzerfest an jedem zweiten Wochenende im September. Und jeden Samstag ist Traktorwandern angesagt. Nicht zu vergessen die Flaschenbilder Galerie. Vom Reichensteinhof bis zur Kellerg’stetten, vom Weinstadt-Museum bis zum Weinmarkt – 126 überdimensional große Weinflaschen in Form von Metalltafeln, jede von einem anderen Künstler gestaltet, erzählen Weingeschichte.

Den Tag im Veltlinerhof ausklingen lassen

Nach solch anregenden Stunden ließen wir den Tag mit einer kleinen Weinverkostung im über 260jährigen Weingut Rieder Veltlinerhof in Poysdorf ausklingen.

Das Credo heute von Winzersohn und Nachfolger Wolfgang Rieder, der erst einmal Theologie studiert und zwei Jahre in Spanien gelebt hat: „Wer den Beruf als Berufung spürt, seine Sinne einsetzt, erfährt die Gunst für einmaligen, unverwechselbaren Geschmack.

Es ist nicht das Spektakuläre, was in mir die Leidenschaft zum Weinbau entfacht hat, sondern die simple Schönheit der Natur, die ich mitgestalten darf. Feingefühl aus der Symbiose zwischen Himmel und Erde, ausgereifter Technologie und ökologischer Sorgfalt bestimmen das Handeln in unserem Betrieb.“

Die Familientradition lebt, gemeinsam mit der Familie und den Mitarbeitern das Geschenk des Himmels und der Erde in die Flasche zu bringen. So verwundert es auch nicht, dass alle drei Mädchen nun in der 11. Generation der Familientradition treu bleiben wollen.

Und nicht nur am Rande: Auf das Haben-Konto von Wolfgang Rieder gehen auch Erhaltung und Umbau des ältesten Poysdorfer Hauses aus dem 16. Jahrhundert – das Eisenhuthaus. Hier lädt heute ein gemütliches Gastlokal mit komfortablen Gästezimmern ein. Geschichte und Gegenwart im Einklang.

Das Weinviertel – eine sanft hügelige Region im Nordosten Niederösterreichs zwischen March, Thaya und Donau kurz vor den Toren Wiens, im Dreiländereck mit Tschechien und der Slowakei – geben wir als Geheimtipp für Genießer und Erholung Suchende weiter.

Die „Genussvolle Gelassenheit“ ist hier nicht nur Slogan, sie lebt hier im Alltag. Mit einem Gläschen Grünen Veltliner – dieser Weinviertel DAC ist neben den Kellergassen das Markenzeichen der Region.