Fruchtfliegen in der Küche: Wie werden ich die unliebsamen Insekten wieder los?

Eine Fruchtfliege bei der Nahrungssuche

von Veronika Silberg

Mit den Temperaturen steigt auch das Aggressionslevel in deutschen Küchen. Denn es ist Fruchtfliegensaison. Woher die Plagegeister kommen, ob sie die Gesundheit gefährden und was man gegen den Befall tun kann.

Ein Schwarm kleiner brauner Punkte hebt vom Obstkorb ab. Ja, ist denn schon wieder Fruchtfliegenzeit? Im Sommer und Herbst bricht unter den unliebsamen Zweiflüglern jedes Jahr die Fortpflanzungsfreude aus. »Drosophila« bevölkert scharenweise Küchenanrichten, Biomülleimer und Spülbecken. Das kann den Puls schon mal in die Höhe treiben. »Ich würde mich nicht zu sehr ärgern«, sagt Biologe Mark Benecke. Taufliegen, umgangssprachlich Frucht- oder Essigfliegen genannt, seien harmlose Gäste.

Er freue sich immer, wenn er welche sehe. »Haben Sie schon mal gesehen, was für schöne Augen die haben? Insekten gehören zu Beneckes Spezialgebiet. Wenn er nicht gerade von Fruchtfliegen schwärmt, befasst sich der Kriminalbiologe vor allem mit der Untersuchung von Krabbeltieren, die verwesende Körper befallen.

Auch Fruchtfliegen mögen Verwesung – allerdings in der Obstschale. Wie die unbeliebten Insekten da hineinkommen, wem das schadet und wie man sie wieder loswird. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wo kommen die Fruchtfliegen her?
Forscher vermuten den Ursprung der Fruchtfliegen in Südafrika. 2018 entdeckte ein Team um die schwedische Forscherin Suzan Mansourian die besondere Vorliebe der Tiere für Früchte des dort heimischen Marulabaums, auch Elefantenbaum genannt. Sie vermuten, dass Menschen die Eier der Fliegen von dort über die Welt verteilten.

Die Plagegeister in Ihrer Küche kommen vermutlich vom letzten Wocheneinkauf – oder aus dem Fenster. Die Eier werden mit gekauftem Obst eingeschleppt, einzelne Tiere von draußen angelockt. »Wenn offener Essig, Wein oder Obst herumsteht, riechen die Fliegen das schon aus der Ferne«, sagt Benecke. Liegt die Temperatur über 25 Grad, fühlen sich die kleinen Gäste am wohlsten und beginnen, sich zu vermehren.

Warum machen sie es sich ausgerechnet bei mir bequem?
Auch wenn es den Anschein erregt – Fruchtfliegen wollen uns nichts Böses. Sie haben lediglich die eigene Fortpflanzung im Sinn. Bei den richtigen Temperaturen reicht ein einziges Weibchen aus, um die Küche zu bevölkern. Bis zu 400 Eier kann es laut Bundesumweltamt legen. Binnen etwa zwei Wochen entwickelten sich aus den Eiern kleine Larven und schließlich Essigfliegen. Sinkt die Raumtemperatur, verschwinden die Gäste meist wieder. Unter 20 Grad verlangsamt sich der Organismus der Fruchtfliegen, unter zehn Grad und über 32 Grad findet gar keine Fortpflanzung statt.

Wohin legen Fruchtfliegen ihre Eier (am liebsten)?
Die eifrigen Zweiflügler bevorzugen Feuchtigkeit und gärende Substanzen. Sie legen ihre Eier gerne in überreifes Obst, damit ihre Maden sofort etwas zu essen haben. Einmal geschlüpft, schnabuliert der Nachwuchs vorwiegend Bakterien, Hefen oder andere Pilze, die sich auf überreifem oder faulendem Obst finden. In trockenen Ecken überleben die Eier dagegen nicht, sagt Benecke.

Sind Fruchtfliegen ein Problem für die Gesundheit?
Sie sind vielleicht nicht schön anzusehen, und man kann genervt sein, wenn es überall krabbelt und surrt. Hygienisch seien Taufliegen aber absolut unbedenklich, sagt Benecke. »Die sind so klein, die Mengen an Bakterien, die sie überhaupt verschleppen könnten, sind winzig im Vergleich zu einem menschlichen Haar, geschweige denn einem Finger.« Anders als Menschen hätten Taufliegen zudem eine glatte, harte Oberfläche – und sie putzen sich den ganzen Tag. Auch laut Umweltbundesamt ist ein gesundheitliches Risiko durch Taufliegen nicht bekannt.

Aber: Das Faulen von Obst und Gemüse kann durch einen Befall beschleunigt werden. Die Fliegen können kleine Hefepilze verteilen. Obst in der Nähe fault dadurch unter Umständen schneller. Wem beim Gedanken daran, aus Versehen Fliegeneier zu essen, unwohl wird, der könne sein Obst gründlich waschen oder – um auf Nummer sicher zu gehen – zu Marmelade verkochen, rät Benecke.

Wie werde ich Fruchtfliegen wieder los?
Das beste Mittel gegen Fruchtfliegen ist, sie gar nicht erst in die Küche zu lassen. Benecke rät dazu, Fliegengitter anzubringen und überreifes Obst in Dosen zu verstauen oder mit einer Abdeckhaube zu schützen. Offene Essig- und Weinflaschen sollten verschlossen oder im Kühlschrank gelagert werden. Gerne brüten die kleinen Gäste auch in Essensresten im Abfluss oder werden von dreckigem Geschirr oder Glasmüll angelockt. Obstkorb, Biomüll und Abfluss sollten deshalb regelmäßig gereinigt, leere Flaschen weggebracht werden.

Sind die Fruchtfliegen erst mal eingefallen, können einfache Hausmittel helfen. Das Umweltbundesamt etwa rät zur klassischen Essigfalle. Aber auch in Wasser aufgelöste Gebissreinigertabletten oder der Süßstoff Erythrit sollen die Fliegen anlocken und töten.

Essigfalle gegen Fruchtfliegen
Für eine Essigfalle wird nicht viel benötigt. Einfach einen Behälter, ein Glas oder eine Schüssel mit etwas füllen, das den Fliegen schmeckt: Apfelessig, Saft oder Wein etwa. Gibt man ein paar Tropfen Spülmittel in die Lockflüssigkeit, wird die Oberflächenspannung zerstört und die Fliegen ertrinken.

Dabei ist Geduld gefragt. Es kann ein paar Tage dauern, bis auch die letzten Fliegen geschlüpft und gestorben sind. In der Zwischenzeit ist es wichtig, alle möglichen Nahrungsquellen zu entfernen.

Wer seine Gäste nicht töten möchte, kann zur Frischhaltefolie greifen: Einfach ein Stück überreifes Obst in ein Glas legen und das Ganze mit der Folie bespannen, kleine Löcher in die Folie piken und abwarten. Die Fliegen können zwar hinein- aber nicht wieder herauskrabbeln.

Und was machen Fruchtfliegen, außer zu nerven?
Mit oder ohne Falle rät Mark Benecke zur Gelassenheit: »Sobald die Fliegen keine Nahrungsquelle mehr haben, sind sie schnell wieder weg«. Sie seien längst nicht so hartnäckig wie Lebensmittelmotten. Ihre Lebensdauer beträgt im Schnitt nicht mehr als 40 bis 50 Tage. In der Zwischenzeit könne man sich die kleinen Insekten ein wenig genauer ansehen.

»Das sind faszinierende Tiere – sie beobachten sich sogar gegenseitig.« In manchen Dingen seien sie uns Menschen gar nicht so unähnlich: Fruchtfliegen sind soziale Wesen, manche leiden unter Schlafproblemen, Depressionen oder Alkoholismus. Selbst Einsamkeit konnten Forscher bei den Insekten nachweisen.

Warum weiß man so viel über die Insekten?
Zahlreiche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen teilen Beneckes Faszination für Taufliegen. Bereits mehrere Nobelpreise wurden für Forschungsprojekte an und mit den kleinen Tieren vergeben. Ihre Eigenschaft, sich rasant zu vermehren, ist in der heimischen Küche zwar unbeliebt – in der Genforschung dagegen äußerst hilfreich.