Wie die märkischen Wälder leiden
Bild: Landeskopetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
von Ursula A. Kolbe
Man müsste meinen, der alljährliche Waldzustandsbericht eines Landes sei ja eigentlich Routine, kaum ein paar Zeilen wert. Doch weit gefehlt. Wie überall in der Welt greifen auch in unseren Breiten die Klimaveränderungen in die Natur und unser Lebensumfeld ein.
Ich denke da nur an unsere Nachbarn, an die märkische Fauna und Flora. Der Waldzustandsbericht 2020 für das Land Brandenburg konstatiert zwar eine leichte Erholung, aber eine Entspannung ist nicht angesagt. Im dritten Trockenjahr ist der Anteil der deutlich geschädigten Bäume zwar zurückgegangen, bleibt mit einem Viertel des Gesamtbestands aber weiter sehr hoch.
Seit Beginn der gesamtdeutschen Waldzustandserhebung im Jahr 1991 wurde 2020 sogar die höchste Absterberate von Bäumen beobachtet.
„Mit dem Wassermangel und den sich durch Trockenheit stark vermehrenden Schaderregern ist der Klimawandel mitten im Brandenburger Wald angekommen“, hatte Forst- und Klimaschutzminister Axel Vogt bei der Vorstellung des aktuellen Waldzustandsberichts einleitend hervorgehoben. „Das beeinflusst die Stabilität unserer Wälder und unser forstliches Handeln auch künftig – deshalb setzten wir auf eine klimaangepasste Baumartenmischung, auf Naturverjüngung und Saatgutvermehrung sowie auf angepasste Schalenwildbestände.“
Der Anteil der Waldfläche mit deutlichen Schäden von 25 Prozent liegt im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozentpunkte niedriger. Mit rund 15 Prozent ist der Anteil der Bäume ohne sichtbaren Schäden im Vergleich zu 2019 nahezu gleichgeblieben (14 Prozent im Vorjahr).
Am meisten geschädigt ist die Eiche, hat sie doch den schlechtesten Kronenzustand. Ihr folgen Buche und Kiefer. Hinzu kommt der Befall von Schadinsekten, denn die geschädigten Bäume verlieren durch Wassermangel ihre Widerstandskraft und werden so leichte Opfer für Käfer und Schmetterlinge. Und dann der Wildverbiss. „Wenn es uns nicht gelingt, flächendeckend das Schalenwild deutlich zu verringern, schaffen wir unsere Ziele im Waldumbau nicht“, so Carsten Leßner, Chef der Jagd- und Forstbehörde.
Ein Beispiel: in Neuzelle wachsen Eichen, deren Früchte für die Nachzucht gewonnen werden. Weil die Bäume aber im Sperrgebiet der afrikanischen Schweinepest stehen, konnten sie nicht geerntet werden. Als die Förster einige Wochen später als üblich kamen, gab es kaum noch Eicheln, aber gut genährte Wildschweine.
Waldumbau und Wiederbewaldung herausfordernde Aufgaben
Der Zustand der Kiefer, Brandenburgs häufigster Baumart, hat sich nur geringfügig verbessert und ist mit einem Anteil von 17 Prozent der Bäume mit deutlichen Schäden weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Der Anteil von Kiefern ohne Schäden hat sich auf nur noch 15 Prozent verringert. Die jährliche Absterberate liegt für den Gesamtwald bei 1,4 Prozent und damit so hoch wie noch nie. Bliebe diese Rate so hoch, wäre nach 50 Jahren bereits die Hälfte der jetzt vorhandenen Bäume tot.
Begünstigt durch Trockenheit, Hitze und Stürme bauen sich Schaderregerpopulationen auf, die fast allen Baumarten zu schaffen machen – besonders der Kiefer, Eiche, Buche und Fichte, die in Brandenburg aber nicht weit verbreitet ist. Auch Pilze setzen den vitalitätsgeschwächten Bäumen zu. Allein in den letzten drei Jahren sind rund drei Millionen Kubikmeter Schadholz angefallen – das entspricht der normalen Holznutzung eines ganzen Jahres im gesamten Brandenburger Landes- und Privatwald.
Mit Blick auf den Waldumbau und der Wiederbewaldung abgestorbener Waldbestände sagte Minister Vogel, dass dies herausfordernde Aufgaben für die Försterinnen und Förster, die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer seien. Und weil auch nicht jedes Jahr ausreichend Saatgut von den Bäumen geerntet werden könne, wäre die Naturverjüngung – und das ohne Zäune im Wald – umso wichtiger. Natürlich verjüngte Buchen und Eichen sind auch deutlich stresstoleranter als gepflanzte Bäume – sie dürfen aber nicht massenhaft den zu hohen Schalenwildbeständen im Wald zum Opfer fallen. Minister Vogel betonte deshalb, dass dem Kabinett zügig der Entwurf für die Novellierung des Jagdgesetzes vorgelegt und eine baldige Einbringung in den Landtag angestrebt werde.
Auch Eberesche, Birke und Hainbuche im Blick
Außerdem setzt das Land auch auf sogenannte Nebenbaumarten wie die Eberesche, die Birke und die Hainbuche, weil sie für das Waldklima, die Bodenverbesserung und die biologische Vielfalt im Wald wichtig sind.
Brandenburg verfügt über insgesamt 1,1 Millionen Hektar Wald. Dies entspricht 37 Prozent der Landesfläche. Auf über davon ist die Kiefer immer noch die Hauptbaumart. Für den Waldschutz gibt das Forstministerium erhebliche Fördermittel von Europäischer Union, Bund und das Land aus. In 2020 wurden 2,5 Millionen Euro für den Waldumbau und rund sechs Millionen Euro für die Waldbrandvorbeugung bewilligt.
Für die Bewältigung der Extremwetterereignisse sind zirka drei Millionen Euro in Anspruch genommen wurden. 2020 startete die Landesforstverwaltung eine Beratungskampagne, um Waldbesitzende über die Fördermöglichkeiten zu informieren. Im Rahmen des Europäischen Fonds zur Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER) unterstützt das Land Beratungsleistungen für private Waldeigentümer mit einem Fördersatz von bis zu 100 Prozent.
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