Stadtführer: „Polnisches Berlin“

Titelseite des Buches

von Ursula A. Kolbe

Die Geschichte der Berliner Metropole – sie hat viele Facetten. Eine dieser durch das Prisma der „Anderen“ zu erzählen – der hier lebenden Polen – haben sich die Herausgeber Malgorzata A. Quinkenstein und Robert Traba mit dem Stadtführer „Polnisches Berlin“ gestellt.

Mit rund 100.000 Personen bilden die polnischstämmigen Berliner die zweitgrößte Migrantengruppe der Hauptstadt. Im Gegensatz zur türkischstämmigen Community bleiben sie jedoch relativ unauffällig. Kaum eigene Gastronomie oder Einkaufsläden. Wir begegnen ihnen täglich im Alltag, aber sie fallen nicht auf. Und doch findet man viele Spuren in der Topographie der Stadt, ebenso im literarischen und wissenschaftlichen Erbe.

Zeitlich reicht der Stadtführer von den ersten polnischen Spuren in Berlin bis hin zur Gegenwart. Zumeist unbekannte Geschichten zu Berliner Orten zeigen, welchen Einfluss polnische Migranten in den vergangenen 300 Jahren auf das kulturelle, soziale und politische Leben der Stadt hatten und heute noch haben.

So schreibt Robert Traba im Vorwort: „Wie interessant kann die Erzählung vom Reichstag sein, wenn man die Geschichte des Grafen Atanazy Raczynski in Erinnerung ruft, dem Verfasser der Geschichte der neuen deutschen Kunst (1836). Wie verändert sich doch der Blick auf die Reichskanzlei, wenn wir sie um die Geschichte des Palais Radziwill und seiner Gründers Fürst Anton ergänzen, der den Faust (1830) von Johann Wolfgang von Goethe vertonte.

Wie bunt wird das „polnische Berlin“, wenn wir sein Bild um das Mosaik der Grenzgänger erweitern, die seit dem Ende des 19. Jahrhundert aus Schlesien, Masuren, der Kaschubei und den in Ost- und Zentralpolen gelegenen jüdischen Schtetln in die preußische Hauptstadt kamen. Für die Berliner waren sie meist „Luftmenschen“.

Die Mehrzahl dieser Neuankömmlinge erlag einer Akkumulation in die dominierende deutsche Mehrheitsgesellschaft. Unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft behielten viele ihre spezifischen familiären Traditionen bei. Wieder andere engagierten sich in der Bildung einer polnischen oder auch deutsch-polnischen gesellschaftlich-kulturellen Bewegung, deren Ausdruck Vereine, Kulturinitiativen und immer zahlreichere Wirtschafts- und Handelsunternehmen waren.“

Die hier enthaltenen Essays können nicht von allen erzählen. Entstanden sind sie im Rahmen eines Seminars an der FU Berlin. Die beiden Herausgeber versuchten, die Stadt Berlin durch die Brille derjenigen zu erzählen, die aus der Fremde hierher kamen. Sie sollen inspirieren, „polnische Spuren“ und sie in der heutigen Topografie zu finden.
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn www.schoeningh.de

TV-Dokumentation geht an den Start: Die Deutschen und die Polen

Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands und Polens wird ein gemeinsames Filmprojekt die Geschichte der nachbarschaftlichen Beziehungen erzählen und neu beleuchten. Halbtotal Filmproduktion aus Wiesbaden konnte als Partner für die Kooperation das ZDF, 3sat, TVN aus Polen sowie das Land Hessen gewinnen.

Die vierteilige Filmreihe soll im November zeitgleich im deutschen und polnischen Fernsehen ausgestrahlt werden – pünktlich zum 25. Jahrestag der Unterzeichnung des “Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit”.
Mehr Infos, auch zu den Sendeterminen zur Filmreihe: http://deutsche-polen.eu.