Für Sie gelesen…
Bild: Angela Parszyk / ww.pixelio.de
von Waltraud Käß
„Langsames Entschwinden“
(Inge Jens)
Ein wort- und schriftgewaltiger Gelehrter, Walter Jens, versinkt nach und nach und zusehends immer schneller in einen dementen Dämmerzustand. Irgendwann kann er nicht mehr lesen, nicht mehr schreiben und auch nicht mehr sprechen. Wie nimmt er seine Umgebung noch wahr? Welche Gefühle sind in ihm? Kann man das, was er äußert, Freude oder Aggression, als das benennen, was er wirklich meint?
Seine Frau, Inge Jens, schildert im vorliegenden Buch die Entwicklung der Krankheit Demenz. Sie hat im Laufe von vier bis fünf Jahren Bekannte, Freunde, Arbeitskollegen über den Fortgang der Erkrankung ihres Mannes in Briefen informiert. Eine Auswahl dieser vertraulichen Briefe stellt sie nun öffentlich vor. „Ich sehe seinem Entschwinden zu – den Mann, den ich liebte, gibt es nicht mehr“ schreibt sie in einem von ihnen.
Deutlich macht sie, dass der Mensch auch in einem solchen Stadium seines Lebens ein Mensch bleibt, der mit Respekt und Zuwendung behandelt werden muss. Inge Jens verschweigt aber auch nicht, wie schwer es ist, diese Krankheit bei einem geliebten Menschen zu begleiten. Und sie benennt auch die Schwierigkeiten der Beachtung dieser Krankheit in der öffentlichen Wahrnehmung und in der Unterstützung der pflegenden Personen.
Ein sehr berührendes Buch. Es beschreibt ein Thema, welches im Großen und Ganzen noch immer als Tabu behandelt wird. Walter Jens starb, 90-jährig, am 9. Juni 2013, nach einem zehnjährigen Leidensweg.
Inge Jens: „Langsames Entschwinden – Vom Leben mit einem Demenzkranken“
Rowohlt-Verlag, ISBN 978 3 498 03344 6
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