Die schönsten Berliner Kieze - 20 Streifzüge durch die Stadt

Cover des Buches Die schönsten Berliner Kieze

von Ursula A. Kolbe

Wer neugierig auf seinen Kiez, sein Wohnumfeld und überhaupt auf Berlin ist, sollte diesen Band in die Hand nehmen und darin schmökern. Neue, unbekannte Einblicke tun sich auf. Dabei taucht auch immer wieder der Begriff Kiez auf. Für mich ist das unser Wohnumfeld, die Nachbarn, der Einkauf, die kleine Kneipe, wo man gemütlich ein Glas Bier oder seinen Kaffee trinken kann.

Und das ist besonders zutreffend in den historisch gewachsenen Stadtbezirken mit all seinen geschichtlichen Höhen und Tiefen. So ist das Eintauchen in 20 Kieze dieser Stadt vom Kollwitzplatz, in den Graefekietz , nach Rixdorf, zum Boxhagener Kiez bis ins Bayerische Viertel eine Lesereise wert, um in diese Gegenden hinein schnuppern zu können. Mein Blick blieb zuerst am Kollwitzplatz hängen, in Prenzlauer Berg, der als ehemaliger Stadtbezirk nach der Konzentration der Stadtbezirke heute unter dem Stichwort Pankow verortet ist.

Mit Interesse lese ich, dass der Kollwitzkiez früher im Volksmund „Französisches Viertel“ genannt wurde. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der gut 15.000 in Berlin lebenden Franzosen hätten hier in dem Gebiet zwischen Schönhauser Allee, Danziger Straße, Prenzlauer Allee und Metzer Straße eine Bleibe gefunden.

„Dazu kommen ein gutes Dutzend frankophiler Unternehmer deutscher Herkunft, die mit Restaurants, Weinhandlungen und Patisserien einen Hauch von Savoir-vivre in das Herz von Prenzlauer Berg bringen. Eine schöne Wendung der Geschichte, schließlich hatte man zur Zeit der Reichsgründung, als einige Straßen des Viertels nach elsässischen und lothringischen Städten benannt wurden, nicht im Geringsten daran gedacht, dem ‚Erbfeind‘ zu huldigen“, schreibt der Autor.

So wie hier der Bogen in den 140 Jahren der Entwicklung bis heute gespannt wurde, setzt sich die Lektüre auch in den weiteren Kiezen fort. Interessant und geschichtsprägend mit der Handschrift seines Autors Sebastian Petrich. Dieser erzählt nicht nur, was jeden einzelnen dieser Kieze so lebens- und liebenswert macht, sondern findet auch immer eine Person, die mit der Gegend besonders verbunden ist und darüber erzählt. Und der Berliner Fotograf Jo Jankowski hat über 300 Bilder eigens für dieses Buch aufgenommen – ein ausdrucksstarker und identischer Blick ins Herz der Stadt.

Auch das sei noch abschließend aus dem Vorwort zitiert: „Mit Beginn der Corona-Epidemie 2020 sahen viele Berlinerinnen und Berliner ihre Stadt mit anderen Augen. Einerseits mussten sie erleben, wie verletzlich und zugleich wichtig die für selbstverständlich gehaltene Kiezinfrastruktur vom Fachgeschäft über das kleine Theater bis zur Gastronomie ist, wenn die Kundschaft plötzlich
ausbleibt.

Andererseits florierte das Spazierengehen; mangels anderer Freizeitaktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände schauten sich die Leute nicht nur im eigenen Wohnumfeld, sondern auch in solchen Gegenden um, die sie vorher kaum kannten. Dieses Interesse an der eigenen Stadt und ihren Details aus Geschichte und Gegenwart sollten wir uns für die Zeit nach der Pandemie bewahren.“ – Besser kann es nicht gesagt werden. Bei allen Berlin-Interessierten wird das Buch seinen Platz finden.