Feuerzangenbowle
Bild: Marco Barnebeck/pixelio.de
von Rudolf Winterfeldt
Man kann sich ja auf unterschiedlichste Weise wärmen. Der Mensch tat es seit frühesten Zeiten mittels Feuer. Zu Beginn mit offenem Feuer, später mit Öfen und auch Heizungsanlagen. So hatten schon die alten Griechen in ihren Wohnhäusern eine Fußbodenheizung.
Aber es gibt auch die Möglichkeit, sich mit dem Genuss von Alkohol von innen heraus zu wärmen.
In der Menschheitsgeschichte begannen die Ägypter und Babylonier mit der Herstellung von Wein. Im Mittelalter erfand man die Destillation von Alkohol und von nun an war diese Flüssigkeit nicht mehr wegzudenken. Nach dem 2. Weltkrieg begann eine massive Produktion und Vermarktung von Alkohol mit der besonderen Zielgruppe Frauen und Jugendliche.
Es verwundert deshalb nicht, wenn auch ich und meine Altersgenossen dem Alkohol zusprachen. Es war in unserer Lebensauffassung nichts Verwerfliches darin zu sehen.
Eine Feier mit Freunden stand ins Haus und meine Frau und ich überlegten, was wir denn zum Trinken auf den Tisch stellen sollten. Da fiel uns unsere Feuerzangenbowle ein. Die Zutaten waren zwar schwer zu bekommen, aber wir haben es geschafft. Wein, Wodka, Gewürze, Zuckerhut und Weingeist lagen bereit. Die Feuerzangenbowle würde uns richtig „einheizen“ und es würde ein richtig schöner und gemütlicher Abend werden.
Der Nachmittag war angetan mit den weiteren Vorbereitungen zur Feier. Der Wein kam in das Bowlegefäß und der Wodka dazu. Nach dem Abendbrot wurde das Gefäß auf den Tisch gestellt und nun sollte die feierliche Zeremonie beginnen. Der Zuckerhut wurde in die „Zange“ oben drauf gelegt. Mit dem Weingeist wurde dieser richtig gut durchtränkt und dann angezündet. Der Alkohol verbrannte mit leicht bläulicher Flamme und der flüssig gewordene Zucker tropfte in die Bowle.
Nach einer Weile wurde die erste Runde ausgeschenkt. Das warme Getränk schmeckte köstlich. Schon nach zwei Gläsern spürten wir die wärmende Wirkung und verstanden nun auch den Begriff „Einheizen“ viel besser. Die bläuliche Flamme allerdings wurde zusehends schwächer und es musste mit einer Kelle etwas Weingeist nachgegossen werden. Das war eigentlich nicht weiter schlimm und als Feuerwehrmann für mich keine Hürde. Langsam auf den Zucker geträufelt, konnte dabei nichts passieren.
Einer der Gäste wollte sich nun aber auch nützlich machen und übernahm das Nachfüllen. Er goss wohl doch etwas zu schnell den Weingeist auf den Zucker und es gab eine Stichflamme. Darüber hat er sich erschrocken und die noch halbvolle Kelle ruckartig zurückgezogen. Das hatte zur Folge, dass sich der brennende Weingeist über den ganzen Tisch verteilte und wir in der Stube das schönste Feuerwerk hatten.
Unser Glück war nur, dass der Alkohol relativ schnell verbrannte und sich so schnell die Tischdecke nicht entzünden konnte. Ich deckte mit einem Handtuch die Flammen ab und erstickte somit das Feuer. Als der Schreck verflogen war, kam das Lachen zurück und wir genehmigten uns darauf erst einmal einen Schluck von der Bowle. Damit war auch geklärt, wer das Monopol für die Bowlekelle in Zukunft innehatte.
Am späten Abend war das Gefäß gelehrt und unsere Gesellschaft leicht angeschwipst. Fröhlich und guter Laune beendeten wir die Feier und ermahnten uns gegenseitig, ja vorsichtig mit dem Feuer umzugehen. Noch lange Zeit denken wir, bei gegenseitigen Besuchen, an diesen Abend und an den mächtigen Schreck, der uns in den Gliedern steckte. So kann das „Einheizen“ gemütlich aber auch gefährlich sein.
Epilog:
Heute zählen die Schäden, die durch den Genuss von Alkohol entstehen, bereits zu den Zivilisationskrankheiten.
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