Die Katastrophe von Lakehurst beendete vor 80 Jahren die Zeppelin-Ära
Bild: Sam Shere / Wikipedia-Commons
von Tristan Micke
Als in den späten Nachmittagsstunden des 6. Mai 1937 das deutsche Großluftschiff LZ 129 “Hindenburg” – aus Frankfurt am Main kommend – nach der Atlantiküberquerung den Luftschiffhafen Lakehurst im US-Bundesstaat New Jersey ansteuerte, herrschte dort ein Gewitter mit starkem Sturm.
Die Landung des Luftschiffs verzögerte sich deshalb um über eine Stunde. Von Kapitän Max Pruss gesteuert, umkreiste es während dieser Zeit die Gewitterzone. Um etwa 19 Uhr 20 Ortszeit setzte es schließlich zur Landung in Lakehurst an. Die “Hindenburg” war in einer Flughöhe von ca. 60 Metern nur noch wenige hundert Meter vom Ankermast entfernt. Die Landungsseile waren bereits heruntergelassen, als es im hinteren Teil des Luftschiffrumpfes zu einer Explosion kam. Kurz darauf erfolgte auch im Mittelteil des Zeppelins eine Explosion.
Ein Augenzeuge, der sich zum Zeitpunkt des Unglücks in etwa 200 Meter Entfernung befand, berichtete später: “Flammen schlugen aus dem Mittelschiff, der Zeppelin stürzte zu Boden und das Hinterteil schlug mit hartem Aufprall auf dem Boden auf. Alles ereignete sich binnen weniger Sekunden. Mit so rasender Geschwindigkeit breiteten sich die Flammen aus, dass man kaum glauben konnte, irgendjemand von den Fahrgästen oder der Mannschaft könnte entrinnen.
Die Hitze in der Nähe des Luftschiffs war schrecklich. Ich rannte so schnell ich konnte aus dem Gefahrenbereich, und noch im Laufen hörte ich weitere Explosionen, die so klangen, als ob Gaszellen des Luftschiffs explodierten.”
Filmreporter hatten sich positioniert, um die Landung der “Hindenburg” aufzunehmen. So wurde der Verlauf der Katastrophe auf Filmen dokumentiert und später mit der Rundfunkreportage von Herbert Morrison vertont, in der dieser mit tränenerstickter Stimme das Inferno schildert.
Bei dem mehrere Stunden dauernden Feuer brannte die “Hindenburg” völlig aus. An Bord befanden sich insgesamt 97 Menschen und zwei Hunde. 36 Menschen – darunter auch der Geschäftsführer der Deutschen Zeppelin-Rederei, Kapitän Ernst A. Lehmann, der einen Tag später im Krankenhaus seinen schweren Brandverletzungen erlag, und ein Arbeiter des Bodenpersonals, kamen ums Leben. Es grenzte an ein Wunder, dass es bei diesem Inferno Überlebende gab.
Am 7. Mai begann ein US-amerikanischer Expertenstab mit den Untersuchungen zur Unglücksursache. Am 13. Mai traf dann die deutsche Untersuchungskommission unter Leitung des Chefs der Friedrichshafener Zeppelin-Rederei, Hugo Eckener, in Amerika ein. Die wochenlangen Nachforschungen, bei denen u. a. auch ein Sabotageakt in Erwägung gezogen worden war, brachten jedoch keine eindeutigen Ergebnisse.
Heute wird als wahrscheinliche Unglücksursache angenommen, dass durch hastige Steuermanöver während des Unwetters eines der Spannseile im Gerüst des Zeppelins überbeansprucht wurde und gerissen ist, wobei es eine Gaszelle beschädigte und so Wasserstoffgas ausströmen konnte, welches sich unter der Luftschiffhülle ansammelte und mit Luft vermischte. Bei der “Hindenburg” wurde erstmals eine elektrisch nicht leitfähige Außenlackierung verwendet, die eine elektrostatische Aufladung der Außenhaut des Zeppelins bei dem Gewitter begünstigte und außerdem noch leicht entzündbar war. Die Luftschiffhülle selbst bestand aus mehreren Lagen von Baumwollstoff.
Als bei der Landung die Besatzung die vom Regen durchnässten Ankerseile herabließen, kam es zwischen der isoliert angebrachten Luftschiffhülle und dem nun elektrisch geerdeten Metallgerüst zu einer elektrischen Entladung in Form eines sogenannten Elmsfeuers und zur Entzündung des Wasserstoff-Luftgemischs unter der Luftschiffhülle. 190 000 Kubikmeter Wasserstoff und der Kraftstoff der Propellermotoren nährten dabei die Flammen.
Alle Experten sind sich darüber einig, dass es nicht zu einer Katastrophe von solchem Ausmaß gekommen wäre, wenn die Gaszellen des Luftschiffs mit dem unbrennbaren Edelgas Helium statt des leicht entzündbaren Wasserstoffs als Traggas gefüllt gewesen wären. Hugo Eckener, der sich gegenüber den deutschen Behörden immer für die Heliumfüllung von Zeppelinen eingesetzt hatte, erhielt aber zur Antwort, dass Helium hundertmal teurer als Wasserstoff sei, welches zudem noch aus den USA oder Kanada, die das Monopol auf Helium besaßen, hätte eingeführt werden müssen, wo es in Erdgaslagerstätten vorkommt.
Für eine Füllung des Luftschiffs wären 35 000 Flaschen davon nötig gewesen, die Devisen gekostet hätten. Trotzdem ist Wasserstoff als Traggas bei Zeppelinen nicht so gefährlich wie man annehmen könnte. Es sind zwei Fälle bekannt, bei denen mit Wasserstoff gefüllte Luftschiffe von Blitzen getroffen wurden, ohne dass sie dabei Schaden genommen haben. Als im Ersten Weltkieg deutsche Luftschiffe zur Bombardierung Englands eingesetzt wurden, konnten sie zunächst nur durch Infanteriebeschuss bekämpft werden, bei dem die Gaszellen von den Kugeln durchsiebt wurden und die Luftschiffe ohne zu brennen durch Traggasverlust niedergingen.
Erst die Entwicklung spezieller Brandmunition im Jahre 1916 ermöglichte es den Engländern, die Zeppeline in der Luft in Brand zu schießen. Entzünden kann sich der Wasserstoff nur, wenn er sich mit genügend Luft durchmischt hat, was bei der Katastrophe von Lakehurst der Fall war. Sofort nach der Katastrophe ordnete Reichsluftfahrtminister Hermann Göring die “vorläufige” Einstellung des Transatlantik-Verkehrs mit den luxuriös ausgestatteten Luftschiffen an.
Endgültige Entscheidungen sollten nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse getroffen werden. Das kleinere Luftschiff LZ 127 “Graf Zeppelin” verblieb nach Rückkehr von seiner Südamerikafahrt am 8. Mai 1937 im Hangar von Friedrichshafen. Das neu gebaute LZ 130 kam nicht mehr zum Einsatz. Auch mit amerikanischen und britischen Luftschiffen hatte es zuvor Unglücke kleineren Ausmaßes gegeben, sodass es hier ebenfalls zur weitgehenden Einstellung des Luftschiffverkehrs gekommen war.
Schließlich bedeutete die Konkurrenz der viel schnelleren und immer weiterentwickelten Flugzeuge das Ende des Luftschiff-Reiseverkehrs, der 37 Jahre zuvor – im Jahre 1900 – mit dem ersten lenkbaren Starrluftschiff des deutschen Konstrukteurs Ferdinand Graf von Zeppelin in Friedrichshafen am Bodensee begonnen hatte.
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