Negativer - positiver Tag

Sonnenuntergangidylle

von Wolfgang Prietsch

Dieser Tag ist negativ zu buchen!
Es fehlte nicht an Versuchen,
ihn sinnvoll und nützlich zu gestalten.
Alles misslang heut´. Ließ sich nicht halten
positives Lebensgefühl.
Abschreiben das Heut´! Ob ich will oder nicht will!

Sechzehn Uhr fünf. Mit dem Auto nach Haus.
Schnell weg! Aus allem raus!
Und frühes Novemberdunkel löscht den Tag aus.

Da ist am Himmel ein roter Schein.
Wirkt sofort auf mich ein,
packt mich, hält mich fast körperlich fest.
Lässt
nicht von mir ab.
Ich hab
auf einmal Zeit und fahre rechts ran,
öffne das Fenster und halte an.

Da brennt das Firmament
in dieser Hell–Dunkel-Stunde.
In weiter Runde
karminrotes Licht.
Des Caspar David Friedrich´s Farbengedicht
ist keine Fiktion.
Schon ändert sich die Komposition
und grün kommt auf, lindgrün.
Darüber dunkle Wolken zieh´n,
violett begrenzt die Ränder.
Rechts schräge Lichtbänder,
schwefelgelb über dem Schwarz der Bäume

Gefühle, Empfindungen, Träume
werden existent.
Den Blick nicht wend´
ich von diesem Bild.
Niemals gestillt der Hunger nach Licht.
Und wird nicht
zu viel der Farbsinfonie!
Sah wohl nie
Schöneres.

Ständiger Wechsel von Farbe und Form.
Nicht Monotonie! Keiner Norm
unterliegt die Veränderung. Es vergeh´n
Sekunden nur. Ist zu seh´n
jetzt tiefer über dem Land
das Zentrum des Rot. Es verschwand
schon das helle Blau.
Des Spätjahres Grau
überzieht langsam das Firmament.
Des Tages End´
ist nicht mehr weit.
Doch ich bin wieder bereit
für den neuen Tag, für neues Tun!
Weiß nun:
Der Tag war nicht verloren.
Neu geboren
heut erst im Abendlicht
die Blume Hoffnung.
Weiter war nichts.