Die Pendeluhr
Bild: Wolfgang Dirscherl / pixelio.de
von Peter Josef Dickers
Eines Tages besuchte ich jemanden, über dessen Schreibtisch eine Pendeluhr hing. Ich wusste nicht, nach welchem System sie funktionierte. Ihr Besitzer war stolz, mir Pendel-Nachhilfe erteilen zu können.
Die Uhr faszinierte ihn und mich. Das schwingende Pendel gab an einem bestimmten Punkt einen Impuls an das Uhrwerk ab. Das schob die Zeitanzeige weiter. Das Uhrwerk gab einen Impuls zurück, der das Pendel schwingen ließ.
Seine Erläuterungen bezogen sich auf die Uhr. Für mich hatten sie Gleichnis-Charakter. Sie sagten etwas aus über den Rhythmus des Lebens.
Die Bewegung des Pendels müsse gleichbleibend sein, wurde ich belehrt, damit die Uhr die richtige Zeit anzeigen könne. Das Pendel reagiere empfindsam auf Luftfeuchtigkeit, Wärme und Kälte. Es müsse daher geschützt werden vor schädigenden Einflüssen.
Die Pendeluhr reagiere wie ein Mensch: Negative Einflüsse von außen würden das Pendel nicht richtig schwingen lassen. Gleichmäßige Impulsübertragungen seien notwendig.
Oft habe ich den Mann mit der Pendeluhr besucht. Wir sprachen über schwingende Pendel und diskutierten darüber, wodurch Impulse blockiert wurden. Die Pendeluhr hörte uns zu. Merkte sie, dass sie nicht nur die Stunden anzeigte, sondern dass ihre Pendel-Bewegungen mich beschäftigten und Schwingungen auslösten?
Meine innere Pendeluhr schlug nicht immer gleichmäßig ihren Takt. Es gab Tage, an denen sie aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte. Dennoch hat sich einiges bewegt in meinem Leben. Ich habe einiges bewegt. Meine Uhr pendelt immer noch. Ich will sie nicht anhalten.
Aus: Peter Josef Dickers, Die Pendeluhr – Stationen erinnerungswürdiger Jahre.
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