Schenken Sie noch?

Geschenkpakete unter dem Weihnachtsbaum

von Peter Josef Dickers

In meinen Kindheitserinnerungen spielen wunderbare Weihnachtsüberraschungen und Geschenkeeine große Rolle; auch erlebte Enttäuschungen. Im Wesentlichen gilt das noch heute. Natürlich fühle ich mich in dieser Zeit ab und zu gestresst.
Diverse Vorbereitungen stehen an.

Ich muss mich kümmern um rechtzeitiges Besorgen, Verpacken und Versenden von Geschenken an Verwandte, Freunde und Bekannte. Viele erwarten ein kleines Präsent oder wenigstens einen Weihnachtsgruß.
Die Kritik an einem Fest mit Gabentausch ist mir bekannt. Ich weiß, das Schenken nimmt überhand, nicht nur zu Weihnachten. Auch die Erwartungen werden größer. Wenn jeder ein persönliches Geschenk erhalten soll, macht das die Sache besonders anstrengend.

Was soll ich einem schenken, der schon alles hat? Sollen wir vereinbaren, auf Geschenke zu verzichten? Aus meinem Freundeskreis weiß ich, dass solche Abmachungen oft nicht eingehalten werden. Das ruft Schwierigkeiten hervor bei denen, die dann doch beschenkt wurden. Sie haben kein Geschenk besorgt, weil sie auf die getroffene Vereinbarung vertrauten haben.

Wenn schon schenken, dann einfach einen Gutschein unter den Tannenbaum legen? Soll der Andere selbst entscheiden, was er geschenkt haben will? Kann ich mich wirklich selbst beschenken? Soll ich Geld schenken? Bekannt sind die vornehmen Empfehlungen eines Brautpaars an die Hochzeitsgesellschaft. „Wer sich fragt, was soll ich kaufen, muss sich nicht die Haare raufen. Lasst Teller, Tassen, Töpfe sein und steckt was ins Kuvert uns rein.“

Mir gefällt das nicht. Ich kann von einer älteren Dame erzählen, die jährlich zum Weihnachtsfest ihren erwachsenen Kindern mit der Post einen Barscheck zustellte. Der Scheck wurde eingelöst. Von den Kindern sah und hörte sie nichts. Sie hat das Verfahren umgestellt: Wer den Scheck haben will, muss ihn bei ihr abholen. Jetzt tauchen die Lieben schon im Oktober auf.

Ich schenke. Ich freue mich auf Geschenke und übe mich in der Kunst des Gebens und des Nehmens.
( aus: Peter Josef Dickers, Ein bisschen Sehnsucht – Zwischen Himmel und Erde; Frankfurter Literaturverlag 2009)