Die Uhrzeit
Bild: Rike / pixelio.de
von Gabriele Lutzke
Das Lernen fiel Chrissi nicht leicht. Ich habe es bitter bereut, dass ich mich nicht durchgesetzt habe, ihn ein Jahr zurück zu stellen. Schule interessierte ihn einfach zu wenig. Mit seinen Gedanken war er oft ganz woanders, in seiner Fantasiewelt abgetaucht. Besondere Schwierigkeiten hatte er demzufolge auch beim Erlernen der Uhrzeit.
Er kam immer zu spät nach Hause. Solange er die Uhrzeit nicht kannte, rieten wir ihm größere Kinder oder Erwachsene nach der Zeit fragen. Oft vergaß er jedoch, überhaupt zu fragen, oder er merkte gar nicht wie schnell die Zeit verging.
Chrissi hatte viele Freunde, mit denen er sich auf verschiedenen Spielplätzen traf.
Wenn er mal wieder eine Stunde überfällig war, machten mein Mann und ich uns abwechselnd auf den Weg, um die verschiedenen Spielplätze abzusuchen. Je länger man bei der Suche unterwegs war, desto übler wurde auch die Stimmung.
Eines Tages hatten wir die Idee, es mal mit einer Digitaluhr zu versuchen.
Auf die viel zu große Uhr an seinem Handgelenk war er sehr stolz.
Wir sagten ihm, er soll nach Hause gehen, wenn die Uhr 6:00 anzeigt.
Leider kam er wieder nicht pünktlich. Natürlich fragten wir ihn, ob er denn nicht auf die Uhr gesehen hätte.
Er antwortete: „Ich konnte gar nicht richtig spielen, weil ich laufend auf die Uhr gesehen habe. Ständig gab es andere Zahlen, z.B. 5:22, 5:36, 5:50, 6:13.
Aber es war nie 6:00.
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