Zu Besuch bei meiner Kusine

buehne Legeosteine im Hintergrund bunt gemischt mit der Aufschrift "Es gibt nicht zu viel Spielzeug, es gibt nur zu kleine Kinderzimmer"

_von Gabriele Lutzke_

Unsere Väter waren Brüder und hatten ein enges Verhältnis.

So besuchten sich beide Familien regelmäßig. Dadurch sahen meine Kusine, die nur ein Jahr älter ist als ich, und ich uns in unserer Jugend relativ häufig.

Wir verstanden uns gut und hatten viel Spaß miteinander. Oft verbrachten wir unsere Ferien bei den Großeltern in Mecklenburg. Jetzt sind wir erwachsen und haben unsere eigenen Familien, schreiben E-Mails, telefonieren, sehen uns aber seltener.

Meine Kusine wohnt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einem kleinen Ort in Sachsen-Anhalt.

Als wir das erste Mal zu einem Besuch dorthin fuhren, waren Mario 4 und Chrissi 2 Jahre alt. Die Freude war groß und alle verstanden sich prächtig. Die Kinder waren über Stunden im Kinderzimmer beschäftigt und bauten mit Legosteinen.

Nach dem Abendbrot brachten wir die Kinder ins Bett. Petras Kinder und Mario sollten im Kinderzimmer schlafen. Chrissi sollte im Schlafzimmer im großen Bett zwischen meinem Mann und mir schlafen. Da die Umgebung völlig ungewohnt war, befürchteten wir, dass es „Theater“ geben würde.

Aber wir sollten uns täuschen. Es war gleich Ruhe. Wir waren erstaunt und schlichen abwechselnd zur Tür, um zu lauschen. Nichts zu hören – es war Ruhe.
Nach etwa einer halben Stunde, wollte ich dann doch einmal nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Ganz leise öffnete ich die Zimmertür.

Chrissi hatte sich die Nachtischlampe angemacht und saß strahlend im Bett. Sein Gesicht und seine Hände waren weiß, auch der Schlafanzug und die Bettdecke waren weißfleckig. In der Hand hielt er eine große fast leere Dose Penatencreme. Dann sagte er:“ Ihr habt mich doch heute noch nicht eingecremt.“

Zimmer aufräumen
Kinderzimmer sind eigentlich nie aufgeräumt, wenn Kinder darin spielen. Aber irgendwann müssen sie es ja mal lernen. Oft trat ich abends auf kleine Autos oder Figuren, wenn ich nach den Kindern sah.

Die erste Zeit räumten wir am Abend oft gemeinsam auf. Wir hatten große Spielzeugkisten. Da wurde alles reingelegt. Nun beschlossen wir eines Tages, dass die Kinder es auch einmal allein probieren sollten. Also verließen mein Mann und ich das Zimmer und schlossen die Tür. Wir hörten kaum Geräusche.

Nach einer halben Stunde dachten wir, wir können ja mal nachsehen, wie weit sie sind. Als wir ins Kinderzimmer kamen, räumte Mario mehrere Spielzeuge auf. Chrissi saß in einem kleinen Plüschsessel und hatte eine Fernbedienung für ein ferngesteuertes Auto in der Hand.

Wir sagten zu ihm: „Du solltest Mario beim Aufräumen helfen.“ Er antwortete: „Das mache ich doch. Wenn ich mit der Fernbedienung nach da zeige, läuft Mario nach links. Wenn ich nach dort zeige, dann läuft Mario nach rechts.“