Ein Tag am Meer
Bild: Humeh/pixelio.de
von Tina Gonschorek
Endlich Feierabend an diesem wunderschönen Sommertag. Ich sitze auf meinem Balkon und genieße die Sonne. Es ist sehr heiß und ich sehne mich nach Abkühlung. Am liebsten wäre ich jetzt am Meer…
Leider kann ich nicht mal eben so dort hin, aber dafür habe ich ja meine Fantasie. Ich schließe die Augen und denke an die Ostsee. Vor meinem geistigen Auge sehe ich einen Weg, der mich durch die Dünen führt. Stachliges Strandgras säumt die Steine, auf denen ich gehe. Gespannt warte ich darauf, endlich das Meer zu sehen.
Plötzlich höre ich die Schreie von Möwen. Natürlich weiß ich, dass nur die Krähen im alten Kastanienbaum vor meinem Balkon miteinander streiten, aber für mich sind es Möwen, die im eleganten Flug über mir ihre Kreise ziehen. Ich weiß, das Meer ist schon ganz nahe. Hinter der nächsten Düne werde ich es erblicken.
Das Brausen der Autos auf der Straße verwandelt sich in ein stetes Geräusch, das für mich jetzt wie das Brechen der Wellen am Strand klingt. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel und der Strandhafer gibt einen schmalen Sandweg frei. Nun kann ich meine Schuhe ausziehen und die Füße im warmen Sand vergraben.
Das Rauschen der Wellen wird lauter. Ich überquere die letzte Düne und endlich sehe ich das Meer. Das Sonnenlicht zaubert glitzernde Reflexe auf das Wasser und ich bleibe stehen, um den märchenhaften Anblick zu genießen.
Die Wellen gleiten in sanfter Anmut an den Strand. Ich gehe hinunter ans Wasser und tauche meine Füße ins kühle Nass. Ist das eine Wohltat! Die Wellen umspielen mich und ziehen den Sand unter meinen Fußsohlen weg, so dass ich langsam darin versinke.
Jetzt habe ich Lust auf einen Spaziergang. Ganz allein am Strand laufe ich durch das Wasser und halte nach Muscheln und Steinen Ausschau. Natürlich finde ich jede Menge dieser Schönheiten, die die Natur uns schenkt. Der Wind frischt auf und die Wellen entwickeln sich zu stärkeren Wogen, auf denen weiße Gischt tanzt.
Ein Strandkorb, der direkt am Wasser steht, lädt mich zum Verweilen ein. So mache ich es mir gemütlich und nehme den unendlichen uralten Rhythmus des Meeres in mich auf. Eine tiefe Ruhe breitet sich in mir aus. Ich betrachte meine gesammelten Schätze, unter denen auch eine große Turmschnecke ist.
Plötzlich bewegt sich eben diese Schnecke und nachdem ich mich von meinem Schreck erholt habe, sehe ich, dass jemand sie als seine Wohnstatt auserkoren hat. Ein kleiner Krebs, der alles andere als erfreut darüber ist, dass ich ihn samt seinem Heim aus dem Wasser entführt habe. Mit entschuldigenden Worten setzte ich ihn vorsichtig in sein bevorzugtes Element.
Die Wolken haben sich mittlerweile zu drohenden Bergen aufgetürmt und den Himmel verdunkelt, über den gleißende Blitze zucken. Der Wind peitscht die großen Wogen wütend an den Strand. Ein lauter Donnerschlag ertönt, der Himmel öffnet seine Schleusen und ich bin auf einmal ganz nass…
Seltsamerweise fühle ich mich wirklich nass und kalt. Als ich die Augen öffne, stelle ich fest, dass sich während meines Ausflugs ans Meer ein Sommergewitter entwickelt hat. Staunend blicke ich mich um. Der Himmel klart schon wieder auf und ich entdecke einen traumhaft schönen, in allen sieben Farben leuchtenden Regenbogen, der sich zwischen den Häusern spannt.
Noch nie sah ich einen in solch vollkommener Schönheit. Ich fühle mich völlig entspannt, gut gelaunt und bin nur etwas traurig, dass ich die schönen Muscheln und Steine an meinem Fantasiestrand zurück lassen musste.
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