Post von Sylvia

Ein beschriebener Brief mit Tintenfass und Federhalter

von Dieter Lämpe

Es geschah an einem ganz normalen ruhigen Dezembertag des Jahres 2012. Nichts ahnend ging ich zum Briefkasten. Bereits im Aufzug bemerkte ich beim flüchtigen Durchsehen der angekommenen Post eine tolle Überraschung. Ein Brief meiner Tochter, mit der ich Jahrzehnte keine direkte Verbindung mehr hatte, ja bis zu ihrem 18. Geburtstag auch gar nicht haben durfte.

Erwartungsvoll sofortiges vorsichtiges Öffnen des Briefes mittels Brieföffner beim Eintreffen im Wohnzimmer. Sylvia schrieb: „Hallo, mein ‚Berliner’ Vati, nun ist seit meinem Geburtstag schon wieder so viel Zeit vergangen und es gibt wohl keine Entschuldigung, dass ich mich erst so spät bei Dir bedanke.

Tante Ruth hat mir alles von Dir übermittelt und vor allem die Bücher haben einen festen Platz in meiner ‚Bibliothek’. Es ist ja so: Ich habe die ganze Zeit kein wirklich schlechtes Gewissen gehabt, denn ich denke jeden Tag an Dich!… Ich denke es gibt viel zu erzählen aus den ganzen Lebensjahren…“ – Soweit aus diesem Brief.

Welch ein Tag mit einer solchen Überraschung. Ein Tag, der bei mir ein Glücks- und völlig neues Lebensgefühl auslöste, der eine plötzlich tief greifende und folgenreiche Veränderung mit sich brachte. Doch vorerst eine Rückblende!
In meine anfangs glückliche Ehe mit meiner tollen Tochter Sylvia drang eines Tages ein Arbeitskollege meiner Frau ein.

Es folgte die Scheidung und die Wiederverheiratung meiner geschiedenen Frau. Trotz all meiner jahrelangen Bemühungen und verschiedener Antragstellungen wurde mir – bis hin zu schriftlich ausgesprochenen Drohungen des neuen Mannes – der Umgang mit meiner Tochter letztendlich verwehrt.

So oder so von Anfang an ein herber Schicksalsschlag. Aber aufgeben darf man nicht. So nutzte ich meine nach wie vor vorhandene Verbindung zu meiner Ex-Schwägerin Ruth, um Sylvia ab und an kleine Geschenke, inzwischen von mir verfasste Bücher und anderes zukommen zu lassen. Desgleichen geschah ferner durch die Hilfe der Lehrerin meiner Tochter.

Die Verbindung also blieb! Und so auch die Hoffnung auf ein Wiedersehen! Nun war es so weit. Die Hoffnung erfüllte sich! Der Brief löste einen Glücksmoment in mir aus, dem noch viele weitere folgen sollten. Bis heute! Was geschah seitdem?

Als Erstes erfolgte natürlich eine Wiederbegegnung nach so vielen Jahren der Trennung voneinander. Sylvia lud mich zu sich nach Hause ein. Sie wohnt im Boxdorfer Ortsteil von Moritzburg. Ich verband den Besuch mit einem sowieso geplanten Aufenthalt in meiner Geburtsstadt Dresden. Sylvia holte mich von der Bushaltestelle ab.

Wir – Vater und Tochter – erkannten uns auf den ersten Blick und umarmten uns, als hätten wir uns vor gar nicht allzu langer Zeit schon des Öfteren gesehen. An den Hüften umschlungen, schlenderten wir zu ihrem Haus. Wir hatten uns wahrlich viel zu erzählen, wie Sylvia bereits in ihrem Brief angedeutet hatte.

Meine erste Frage aber war, wie es eigentlich dazu kam, dass sie nach so vielen Jahren nun doch noch Verbindung zu mir aufgenommen hat. Und das kam so. Ich schickte ihr zu ihrem 50. Geburtstag über Tante Ruth eine überdimensional große Glückwunschkarte, bei deren Öffnung Musik ertönt. Das war für alle neu. Nun drängelte ihre Tochter – meine Enkelin Stephanie – ihre Mutter, sich doch endlich bei ihrem Vati für den tollen Geburtstagsgruß zu bedanken. Und so entstand besagter Brief.

Am Abend meines Besuches kam Sylvias Mann von der Arbeit. Wir umarmten uns freundschaftlich und gleich entstanden auch die ersten Fotos.
Es folgte ein erster Besuch meiner Tochter bei mir zu Hause in der an Berlin angren¬zenden Rennbahngemeinde Hoppegarten. Wichtig war dabei ein erstes Zusammentreffen von Sylvia mit meiner zweiten Tochter Romy.

Romys Wunsch – aus zweiter Ehe – war schon seit eh und je eine Begegnung mit ihrer Halbschwester. Nun war es endlich soweit! Tolles Erlebnis für beide – und natürlich auch für den stolzen Papa!

Meine Enkelin Stephanie mit Mann und deren zwei reizenden kleinen Töchtern lernte ich dann ebenfalls während ihres Besuches in Berlin kennen. Inzwischen hat sich zu den Töchtern noch ein kleines Söhnchen hinzugesellt. Eine glückliche Familie in Nürnberg. Und ich als nunmehr dreifacher Uropa. Hurra!

Auch Sylvias zweiter Tochter Melanie begegnete ich bei einem weiteren Besuch in Moritzburg. Nun muss ich u. a. auch noch höllisch auf der Hut sein, dass ich keinen der zahlreichen neu hinzugekommenen Geburtstage verpasse. Zwei weitere Begegnungen sollen noch genannt sein.

Ein gemeinsamer ganztägiger Trip auf dem vorweihnachtlichen Striezelmarkt in Dresden 2013 bleiben Sylvia, ihrem Mann Matthias, mir und meiner Frau Christine in guter Erinnerung. Ebenso der Besuch der Frauentagsfeier des Ortsverbandes Hoppegarten der LINKEN 2014 mit Sylvia und meiner Frau mit einem interessanten Auftritt von Gisela Steineckert. Viele weitere schöne Begegnungen werden folgen.

Ein Brief an einem ganz gewöhnlichen Dezembertag im Jahre 2012 wurde so für mich zum Beginn eines neuen wunderbaren Lebensabschnitts!