Der kleine Frechdachs

Ein ängstlicher Junge liegt auf einem Zahnarztstuhl

von Gabriele Lutzke

Das T-Shirt

Wenn Chrissi nach Hause kam, war er nie sauber. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern. Ich hatte immer riesige Wäscheberge. Wobei Chrissis Sachen den Hauptanteil ausmachten.
Auch seine Hände waren immer schmutzig oder voller Tinte, wenn er aus der Schule kam.

An einem Nachmittag staunte ich jedoch sehr. Er kam völlig verschwitzt aus dem Hort. Ich sagte: „Zieh doch erst einmal den dicken Pullover aus!“ Er zog den Pullover über den Kopf und mir blieb wahrscheinlich kurzzeitig der Mund offen stehen.

Im T-Shirt hatte er in Brusthöhe ein etwa 10 cm großes Loch. Ich fragte ihn erstaunt:“ Was hast du denn da gemacht?“
Er antwortete: „Wir haben doch heute mit Stoff gebastelt. Meiner hat nicht gereicht.“

Der Zahnarzt

Bei uns eröffnete eine neue Zahnarztpraxis. Da ich mit unserer alten Zahnärztin sehr unzufrieden war, meldete ich uns dort an.
Der Zahnarzt war sehr nett zu den Kindern und nahm sich viel Zeit, ihnen alles genau zu erklären. Bei Chrissi hatte er schon gewonnen, weil er ihn Chrissi nannte. Er schrieb sich immer die Spitznamen der Kinder auf.

Bei einem Besuch sagte Chrissi zu ihm schon im Warteraum: „Bei mir soll heute mal gebohrt werden.“ „Oh“, sagte der Zahnarzt: „Solche Patienten mag ich.“
Tatsächlich hatte er ein kleines Loch. Der Zahnarzt sagte zu ihm: „Es ist nicht schlimm. Ich zähle bis 5 und schon ist alles vorbei.“ Als der Zahnarzt fertig war, fragte er: „War es denn schlimm?“ Darauf antwortete Chrissi: „Nein, gar nicht. Und bei mir brauchst du auch nicht mehr bis 5 zählen!“

Bei einem späteren Besuch erklärte der Zahnarzt Chrissi, dass bei ihm ein Zahn gezogen werden muss. Ich saß im Warteraum. Kurze Zeit später kam der Zahnarzt lächelnd zu mir und sagte Chrissi hätte ihm gesagt, dass er heute eine Verabredung hat und deshalb würde ihm diese Behandlung heute gerade gar nicht passen.