Ein Ende von etwas oder Schwierigkeiten mit Freundschaft und Brüderlichkeit
Bild: Rainer Sturm/pixelio.de
von Wolfgang Prietsch
Es ist schon schwierig mit Freundschaften und der Brüderlichkeit, auch und grade nach über 60 Jahren andauernder freundschaftlicher Gemeinsamkeit!
Da hört man vom Auseinanderleben, oder von Verhärtungen im Alter, von stärkerer Ausprägung von Charaktereigenschaften, die eigentlich immer schon da waren, nur sich heute stärker zeigen oder stärker erscheinen.
Aber eigentlich sollte einen das Leben nach vergangenen langen Jahren größere Toleranz und Gelassenheit gelehrt haben, das stillschweigende Akzeptieren von Schwächen und auch von Fehlern des anderen.
Aber das funktioniert so einfach nicht. „Haben wir auch schon so erlebt“ – höre ich von Bekannten.
Muss man das einfach so hinnehmen und so lassen?
Die früher häufigen und intensiven Briefe hin und her werden seltener. Und man stellt fest, dass eigentlich nur noch ein Austausch von Monologen erfolgt. Diese Eigendarstellungen des Erlebten hallen durch den Raum, werden phonetisch gehört, gehen aber nicht ein, weil man sich selbst nicht wiederfindet.
Jeder schreibt und spricht über sich selbst, ausführlich, detailliert. Aber da ist kein Eingehen auf die Worte oder Zeilen des anderen. Und da werden eigene Probleme und Ängste nicht mehr offen benannt, nein, tunlichst versteckt. Erfolge, positive Erlebnisse, neue Errungenschaften, neu geknüpfte Beziehungen sind Hauptthemen. Die Briefe und Worte des Partners erscheinen wie nie geschrieben, wie nie gesagt.
Sogar auf sehr Persönliches wird nicht mehr eingegangen, wo man doch Verständnis, Mitempfinden, Zuspruch erhofft hat. Da kommt dann bestenfalls mal die Frage: „Macht ihr noch dies, läuft noch das?“ Aber solche Frage erscheint als formale Konvention, weil man doch eben auch mal fragen muss.
Und folgt direkt auf die Frage nach dem Tätig sein des anderen ein Hinweis des Partners, dass er selbst z.B. im Wartezimmer des Arztes auch viel Zeit vertrödelt, dann ist das ganz anders geartete Tun des Freundes hinreichend als nichtig bewertet und zurecht gerückt.
Da kommt einem der Ausspruch von Goethe in den Sinn: „Man spürt die Absicht und ist verstimmt“.
So entstehen Enttäuschungen und man erschrickt, weil man solches, zumal jetzt im Alter, überhaupt nicht mehr erwartet hat. Und man resigniert.
Hoffend ruft man ins Tal, dreimal. Kommt kein Echo verbal, ruft man nicht nochmal.
Wie könnte eine solche Unterkühlung entstanden sein?
Vielleicht ist das die eigene Sozialisierung prägende, manchmal bei den Beteiligten ganz unterschiedliche persönliche Umfeld mit verantwortlich. Könnten die besonders im Alter seltener werdenden sozialen Kontakte und die Gegebenheit, sich stärker auf sich selbst zurückzuziehen, eine Ursache dafür sein?
Ist dann das aus Zeiten des aktiven Lebens im Berufsumfeld erforderliche Selbst-behaupten, das keine-Schwächen-oder-Defizite-zeigen, dieses Alles-können und Alles-wissen, dieses sich-stets- souverän-zeigen, immer noch nicht bei Seite gelegt, so bleibt ganz unbewusst das von-sich-absehen und das Eingehen-auf-den-anderen auf der Strecke: Die Beziehungen werden dünner und dünner.
Ob es da den Beteiligten gelingt, aus diese Situation heraus zu kommen? Man sollte darüber nachdenken, auch über sich selbst.
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