Das Radsportmuseum Course de la Paix
Bild: dpa/Hendrik Schmidt
von Günter Knackfuß
Berlin-Prag-Warschau: Durch drei Nachbarländer rollte jedes Jahr von 1948 bis 2006 über rd. 2000 km die Internationale Friedensfahrt – das größte Amateurradrennen der Welt. Als die letzte Stoppuhr beim letzten Ziel für den Sieger Giampaolo Cheula aus Italien stehenblieb, meinte Horst Schäfer: „Das kann es noch nicht gewesen sein.“ Heute ist der Radsportfan Museumsleiter, des von ihm kreierten Friedensfahrtmuseums in Kleinmühlingen bei Magdeburg.
Friedensfahrtenthusiast Schäfer hat die fast 60-jährige Geschichte um die deutschen Radsportasse wie Täve Schur, Bernhard Eckstein, Uwe Ampler, Thomas Barth, Jens Heppner, Olaf Ludwig, Uwe Raab und andere zusammengetragen. Unterstützt vom Verein für Radfreizeit, Radsportgeschichte und Friedensfahrt. „Es fing alles an in meiner alten Garage. Dann hatten wir so viele museale Gegenstände beisammen, dass es zu eng wurde“, sagt Schäfer.
Ein Neubau sollte her. Von der Grundsteinlegung im Jahr 2005 bis zur Eröffnung vergingen gerade mal zwei Jahre. Vieles wurde in ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Unternehmen vor allem aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen halfen. Sie stellten Technik, Baumaterialien oder Ausrüstungen zur Verfügung.
Vereinsmitglieder mauerten, verputzten und waren bei der Ausgestaltung der neuen Räume dabei.
Täve Schur hatte damals immer nur einen Geburtstagswunsch: „Schenkt mir keine Blumen oder Ähnliches. Spendet für das Friedensfahrtmuseum.” Das zahlte sich buchstäblich aus. Der schmucke Neubau (250.000 Euro) wurde als „Radsportmuseum Course de la Paix” am 24. November 2007 offiziell eröffnet.
Neben vielen Aktiven war auch Reporter-Legende Heinz-Florian Oertel dabei. Das kleine aber feine Museum präsentiert heute einen urhistorischen Teil zur Entwicklung des Fahrrades kombiniert mit den Hauptausstellungen zur internationalen Friedensfahrtgeschichte. Viele Ausstellungsstücke kamen aus dem Privatbesitz der Fahrer und kommen immer noch in Kleinmühlingen an. Nicht selten brachten Besucher auch eigene Erinnerungsstücke mit: Programmhefte, Wimpel, Abzeichen, Bücher, Autogramme und und …
“Unser Täve”, sagen alle seine Freunde. Ob Jung oder Alt, bei allen Menschen ist er bekannt und beliebt. Gustav Adolf Schur war ein Radrennfahrer der absoluten Weltklasse und der populärste Sportler in der DDR überhaupt. Er war Sieger der “Internationalen Friedensfahrt” und gewann als erster Deutscher eine Weltmeisterschaft der Amateure. “Unser Täve. Einer von uns!” Interessant im Museum vor allem für die Kinder und Jugendlichen sind die Top-Rennräder aus den einzelnen Entwicklungsstadien. Bei Besuchen von Schülern organisiert Chef Schäfer schon mal ein Miniradrennen auf der Dorfstraße oder eine Bergauftour mit Zeitnahme.
Die Friedensfahrt lebt
Die heute an verschiedenen Orten in Sachsen-Anhalt ausgetragenen „Kleinen Friedensfahrten“ für Nachwuchsfahrer und Kinder haben immer gute Starterfelder. Inzwischen rollen diese Rennen im Zeichen der Friedenstaube auch in den Niederlanden und in Tschechien. In diesem Jahr war Täve Schur eigens nach Terezin gereist, um die Sieger der Junioren-Friedensfahrt zu ehren. Jedes Jahr veranstaltet das Kleinmühlinger Museum selbst eine “Friedensfahrt – Familienradtour”.
Dann haben Groß und Klein, Jung und Alt, Gelb und Weiß die Möglichkeit, einen tollen Radeltag zu verbringen. Im letzten Jahr gab es am 03. Oktober eine neue Route und das zusätzliche Motto: “Wir lernen Staßfurt kennen!”.
Wer das glanzvolle Haus der Radsportgeschichte erlebt hat, der verspürt Stolz auf die Leistungen der Aktiven und Achtung vor der Leistung der Geschichtsbewahrer.
Für die aktive Radsportgemeinde Kleinmühlingen und ihren „RSV 1921 Kleinmühlingen e. V.” ist das Museum auch Teil ihrer eigenen Geschichte. Dieser Kunstradsportverein hat heute eine sehr gute Abteilung Kunstradfahren. Deren Sportlerinnen und Sportler zählen zur erweiterten deutschen Spitze im Nachwuchs. Die Friedensfahrt und ihr Tross hat es in den jährlich wechselnden Etappenorten leider nie geschafft, durch Kleinmühlingen zu ziehen. Das Museum aber, das ist auf alle Fälle einen Besuch wert!
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe eine Rezension über die Biografie von Gustav-Adolf Schur: „Was mir wichtig ist“
Verein für Radfreizeit, Radsportgeschichte und Friedensfahrt e. V. (www.friedensfahrt-museum.de/) Museumsleiter Horst Schäfer. Radsportmuseum “Course de la Paix”, Grabenstraße 20, OT Kleinmühlingen, D-39221 Bördeland, Telefon: +49 39291 465570, Fax: +49 39291 465571, info@radsportmuseum.de
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